Merlins Drache 01 - Basilgarrad
Basil wusste, dass es dem Egel vor allem darum gegangen war, sich in den Blutstrom des Ungeheuers einzuschleusen – und ihm seine eigene böse Energie und Absicht einzuflößen, mit deren Hilfe es dem Kreelix auf jeden Fall gelingen musste, Merlin zu töten.
Und doch … war es misslungen.
Sofort kroch der Blutegel über Nadeln, Zweige und was sonst noch auf dem Boden lag davon – doch nicht,bevor er Basils Blick erwidert hatte. Das blutgetränkte Geschöpf signalisierte ihm intensive Bösartigkeit, Hass und Rache. Von dunkler Magie getragen traf dieser Blick Basil wie ein körperlicher Schlag.
Der kleine Salamander stöhnte vor Schmerz, taumelte und fiel fast aus der Hand des Zauberers. Er versuchte verzweifelt zu sprechen, die anderen zu warnen, brachte aber nur einen heiseren, erstickten Schrei heraus.
»Was ist los, kleiner Wanderer?«, fragte Aylah plötzlich besorgt. Sie drehte sich so schnell in der Lichtung, dass die Bäume rundum schwankten und die Äste krachen ließen, als wären sie in einen plötzlichen Sturm geraten.
»Sag es uns«, verlangte Merlin. Seine buschigen schwarzen Brauen hoben sich besorgt. »Was ist los?«
»Dort … drüben«, krächzte Basil schließlich. Er holte keuchend Luft, als der böse Zauber nachließ. Immer noch erschöpft brauchte er all seine Kraft, um mit dem Flügel auf die Stelle zu deuten. »Der Blutegel! Rhita Gawr!«
»Rhita Gawr!«, rief Merlin, während die Windschwester über ihnen klagte.
»Er ist … hier«, sagte Basil heiser. »Ich habe ihn schon zuvor gesehen. An Dagda. Ich habe versucht, dich zu warnen … zu spät! Er ist … hier, hat Dagda gesagt, um Avalon … zu erobern. Und unsere Welt dann … als Sprungbrett zu benutzen. Um andere Welten zu erobern – wie die Erde.«
Merlin zuckte bei diesen Worten zusammen. Dann sprang er schnell wie ein Hase zu der Stelle, auf die Basil gedeutet hatte.
»Da«, sagte der Salamander. »In den Nadeln. Bei dieser Kralle.«
Der Zauberer stürzte sich darauf. Er setzte Basil auf einen Ast der umgestürzten Zeder und ließ die Nadeln durch seine Hände rieseln. Wütend suchte er den Feind aus der Anderswelt. Er arbeitete schnell und gründlich, prüfte jeden Zweig und Zapfen, jedes Rindenstück, bevor er sie zur Seite warf. Inzwischen fegte Aylah über den Boden und drehte Farne, gebrochene Wurzeln und samtige Moosklumpen um. Der Waldboden schien zu brodeln.
Doch sie fanden keine Spur von dem Blutegel. Der Zauberer ließ die Hände sinken und in der Lichtung wurde es still.
»Fort«, flüsterte der Magier.
Grimmig hob er den Kopf und wandte sich an Basil. Einen langen Moment betrachtete er prüfend die kleine Gestalt auf dem Ast. Basil hob zugleich die blättrigen Flügel, als wollte er fragen: »Und jetzt?«
»Das bedeutet Schlimmes für Avalon«, sagte Merlin schließlich und zupfte an seinem Bart. »Doch jetzt sind wir wenigstens gewarnt. Das gibt uns eine Möglichkeit – nur eine Möglichkeit –, uns vorzubereiten auf das, was kommen mag.« Er seufzte. »Und dafür bin ich dankbar.«
»Wir sind alle dankbar«, flüsterte Aylah.
Der Zauberer stand auf und holte aus einem nahen Farnbusch seinen Stab. Die Schriftzeichen darauf schimmerten grünlich, fast wie Basils Augen. Merlin packte den knorrigen Griff des Stabs und erklärte: »Von diesem Tag an müssen wir wachsam sein. Wir alle.«
Er hob den Stab hoch. Mit lauter Stimme befahl er: »Verbreitet die Nachricht überall, jedes Geschöpf in jedem Reich soll sie hören! Avalon ist einer ernsten neuen Bedrohung ausgesetzt.
Rhita Gawr hat unsere Welt betreten.
«
Rund um die Gefährten schwankten und rauschten die Bäume, ihre Äste knarrten bedrohlich. Zugleich meldete sich ein großer Uhu mit seiner rauen Stimme vom höchsten Ast einer Fichte und flog davon. Auch kleinere Vögel nahmen den Ruf auf, flatterten von Baum zu Baum und kreisten über den Freunden. Eichhörnchen schwatzten in den Zweigen, eine Ringelnatter zischte, während sie sich durch die Farne schlängelte, und ein einsames Opossum pfiff ein Warnsignal, während es über die Nadeln huschte. Selbst zwei Käfer mit orangefarbenen Rücken auf einem Zweig neben Basil öffneten die Flügel und sprangen in die Luft.
Als Merlin das alles sah, senkte er seinen Stab und schaute Basil an. Leise und eindringlich erklärte er: »Und von diesem Tag an hat Avalon einen neuen Verteidiger. Einen tapferen Krieger, der trotz seiner geringen Größe über bemerkenswerte Gaben
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