Merlins Drache 01 - Basilgarrad
Tasche seiner Tunika und holte einen grünen Zweig heraus.
»Hier«, er gab den Zweig Basil. »Süßwasserminze. Ich habe immer welche bei mir, weil ich damit meinen Atem erfrische. Besonders«, fügte er etwas verlegen hinzu, »wenn ich Hallia treffe.« Er nickte Basil ermunternd zu. »Kau es. Selbst der schreckliche Geschmack eines Kreelix kommt gegen frische Minze nicht an.«
Vorsichtig biss Basil etwas von einem Blättchen ab. Sobald er anfing zu kauen, brach in seinem Mund kühle Süße aus, als hätte er gerade aus einem Minzenbach getrunken. Dankbar biss er noch einmal zu und kaute eifrig.
»Ausgezeichnet«, sagte der Magier. Doch dann sah er niedergeschlagen aus. »Aber es tut mir leid, dass du einen Schneidezahn verloren hast.«
Basil hörte auf zu kauen. Mit der Zungenspitze fand er die Lücke vorn in seiner Schnauze. »Konntest du das nicht heilen?«
»Nein. Dafür brauchst du einen Spezialisten. Ich komme mit Knochen, Haut, sogar inneren Organen zurecht. Aber nicht mit Zähnen.«
Der Salamander in seiner Hand schaute ihn verblüfft an.
»Es stimmt«, fuhr Merlin fort. »Ich kann alle möglichen Knochen heilen. In deinem Fall waren es siebenundzwanzig. Aber Zähne – das ist etwas anderes. Eines Tages, das prophezeie ich, wird es eine bestimmte Art Heiler geben, die nur Zähne behandeln. Und nur nach Anmeldung. Dentisten wird man sie nennen.«
Basil schüttelte den Kopf, er fragte sich, ob der Verstand des Zauberers ein wenig gelitten habe. Dann schob er die Zunge in die Spalte zwischen den Zähnen und erklärte: »Eigentlich mag ich diese kleine Lücke.« Er grinste. »Der fehlende Zahn ist sozusagen eine Erinnerung.«
»Ein Souvenir.« Aylah zauste mit ihrem Atem seine Flügel. »Von deinem Kampf mit dem Kreelix.«
»Stimmt.« Basil kicherte. »Wenn mich in Zukunft ein Klauenkondor angreift, zeige ich ihm nur die Lücke! Wenn er nicht ganz dumm ist, wird er fliehen, um sein Leben zu retten.«
Die Windschwester versetzte ihm vergnügt ein paar Luftstöße.
Plötzlich änderte sich Basils Stimmung. Jede Falte auf seiner Schnauze sprach von Niedergeschlagenheit. »Ich weiß, das ist nur Fantasie. Nach diesem Tag werde ich immer noch ein mageres kleines …
Irgendwas
sein. Verlockende Beute für Klauenkondore, falls sie nicht eine ganze Mahlzeit statt einem halben Bissen haben wollen.«
»Nein!« Merlins dunkle Augen leuchteten. »Du bist viel mehr als das.«
Er hielt das kleine Geschöpf in seiner Hand hoch und fuhr fort. »Wie ein so kleiner Kerl so viel erreichen kann, ist tatsächlich ein Geheimnis. Und doch … erinnerst du dich an diese Worte, die du bei meiner Hochzeit gehört hast?
Genau wie das kleinste Sandkorn eine Waagschale senken kann, so kann das Gewicht des Willens einer Person …
«
»… eine ganze Welt heben«,
ergänzte Basil. Er nickte Merlin zu. »Ich erinnere mich. Und ich nehme an, das kann stimmen. Weißt du, ich habe nie gedacht, ich könnte mich wirklich so fühlen. Aber vielleicht … habe ich doch ungefähr die richtige Größe. Für mich.«
Er zeigte mit dem Flügel auf den Kreelix und setzte hinzu: »Wenn ich größer gewesen wäre, hätte ich schließlich nicht ins Maul dieses Kerls hier springen können.«
»Du hhättest gegen das Kreelix nicht gewinnen können.« Aylahs Brise fuhr ihm ins Gesicht.
»Und hättest mir nicht das Leben retten können«, erklärte Merlin.
Seltsam zufrieden, mehr als je zuvor, betrachtete Basil nachdenklich das gefallene Ungeheuer. Er schaute den großen Kopf an, die schlaffen Kiefer, die zerknitterten schwarzen Flügel. Plötzlich bemerkte er ein seltsames Zittern im Fell unten an einer Kralle. Die Luft an diesem Fleck bebte, verzerrte sich und klopfte wie eine Wunde.
Er sah genauer hin und konzentrierte sich auf den Anlass dieses Zitterns. Und was er sah, bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen.
32
Eine neue Bedrohung
Manche Wörter, habe ich festgestellt, tragen mehr Gewicht als andere. Es gibt sogar welche, die wie literarische Ochsen schwere Ladungen an Bedeutung und Metaphorik schleppen müssen. Doch kein Wort trägt in jeder Sprache mehr Gewicht als dieses: Freund.
E in angeschwollener Blutegel, der dunkelrotes Blut vertropfte, kroch aus den leblosen Fellfalten. Obwohl der Ringelwurm zweimal so groß war wie beim letzten Mal, an dem er ihn gesehen hatte, nahm Basil an, dass er inzwischen noch größer geworden wäre, wenn er nur das Ziel gehabt hätte, das Blut des Kreelix zu saugen. Doch
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