Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
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„Seid unbesorgt, Ihr steht unter meinem Schutz, Albrecht. Er wird es nicht wagen, Euch deswegen zu belästigen.“
In diesem Augenblick betrat Philipp, der Sohn des Schuhmachers, die Stube. Er mochte fünf oder sechs Jahre älter sein als seine Schwester. Die Ähnlichkeit in ihren Gesichtern war unverkennbar. Überrascht hoben sich seine Augenbrauen, als er den Dorfherrn sah.
„Wie sieht’s denn hier aus?“ Die Frage galt Margarethe. „Wie in einem Saustall. Man muss sich ja schämen vor dem Dorfherrn.“
„Ich hatte im Garten zu tun“, erklärte die Gescholtene barsch.
Philipp stemmte die Arme in die Hüften. „Hatte im Garten zu tun, hatte im Garten zu tun“, äffte er die Schwester nach, wobei er gehässig ihr Lispeln imitierte. „Herr Mathäus muss ja denken, er sei in einer Räuberhöhle.“
Nachdenklich betrachtete Mathäus den jungen Mann. Warum war der Bursche eigentlich noch unverheiratet? Andererseits mochte es für den Sohn eines mittellosen Schuhmachers nicht einfach sein, in einem Dorf mit vorwiegend bäuerlicher Bevölkerung eine Ehefrau zu finden. Außerdem fragte sich Mathäus, warum Albrecht mit seinen Kindern nicht wieder in die Stadt zog, wo das Schuhmachergewerbe zünftig organisiert war, schließlich gab es ja noch andere Städte als Aachen. Vielleicht war der Alte aber auch einfach nur verrückt geworden. Verrückt vor Leid, Kummer, Sorge und Scham. Zeugte davon nicht auch ein irres Glitzern in seinen Pupillen?
„Was verschafft uns denn die Ehre?“, fragte Philipp den Dorfherrn. Beinahe klang es lauernd.
Mathäus aber erhob sich. „Alles schon geklärt. Wollte gerade gehen“, erwiderte er kurz angebunden.
Er glaubte des alten Schuhmachers seltsamen Blick brennend auf seinem Rücken zu spüren, als er wieder ins Freie trat. Oder war es der des Sohnes?
Mathäus spürte sein Herz laut pochen. Vor ihm lag das stolze Gehöft Ludwigs, ein prächtiger, zweigeschossiger Fachwerkbau mit zahlreichen Stallungen und Scheunen, kein Vergleich mit den armseligen Hütten eines Rudolf oder Arnold.
Er trat durch einen Torbogen. Unter lautem Gekläffe kam ein schwarzer Hund herbeigerannt, der sich zähnefletschend vor dem Dorfherrn postierte. Mathäus wagte keine Bewegung, blickte dem Hund aber fest in die Augen.
„Wirst du wohl dein entzückendes Maul halten, verdammter Köter“, flüsterte er zuckersüß. Das rote Zahnfleisch der Bestie förderte seinen Angstschweiß. Aus den Augenwinkeln heraus hielt er Ausschau nach Beistand. Mathäus glaubte schon, der Hund würde nun zum Sprung ansetzen, als eine laute Stimme über den Hof erschallte.
„Lass es gut sein, Dux!“
Der Hund warf einen fragenden Blick auf den Rufer, bevor er anstandslos gehorchte und flugs verschwand.
Am Rahmen zur Wohnungstür lehnte Ludwig. Seine Hände steckten in den Taschen seines Wamses, und sein rotes, feistes Gesicht drückte alles andere aus als ein Willkommen. In seinem Mundwinkel baumelte ein Holzspan, auf dem er herum kaute.
„Ihr solltet vorsichtiger sein, wenn Ihr fremde Grundstücke betretet!“, rief er dem Dorfherrn zu.
Mathäus ignorierte seine dreiste Belehrung. „Ich habe mit Euch zu reden!“, verkündete er ärgerlich.
„Oh, welche Ehre. Bitte, kommt nur herein, Herr Hüter der herrschaftlichen Ordnung!“
Die Wohnstube ließ Mathäus staunen. Zwei bunte Wandbehänge schmückten die weißgekalkten Wände. Ein riesiger Kachelofen, auf dem Lande wahrlich eine Rarität, mochte im Winter für behagliche Wärme sorgen. Sämtliche Möbelstücke, Borden, Tisch und Stühle, waren mit filigranen Schnitzereien verziert. Nicht einmal die Säle und Gemächer der beiden Herren von Merode waren so prachtvoll ausgestattet. Mit der Stube eines Bauern hatte das hier alles wenig gemein. Ja, ohne Zweifel, der Freibauer Ludwig war ein reicher Mann.
Sie nahmen Platz. Am Türrahmen tauchte ein Fleischberg auf. Mathilde, die fette Bäuerin, linste mit unverhohlener Neugier in die Stube. Ihre kleinen runden Äuglein erinnerten Mathäus unwillkürlich an die eines Schweines.
„Was glotzt du?“, blaffte ihr Gatte. „Geh und sag der Magd, sie soll dem Dorfherrn etwas zu trinken bringen.“
„Danke, ich bin nicht durstig“, winkte Mathäus ab.
Ludwig zuckte die Schultern. „Dann eben nicht.“ Mit einer Handbewegung verscheuchte er seine Frau. Mathäus aber war überzeugt, dass sie dem Gespräch aus einem verborgenen Winkel lauschen würde.
„Was wollt Ihr also?“, fragte Ludwig.
Mathäus
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