Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
Ein Wachhabender erkannte den Dorfherrn, ließ ihn passieren. Zielstrebig marschierte Mathäus zur Laube des Kastellans, wo er gegen die Tür hämmerte. Friedrich öffnete und schlug in gespielter Verzweiflung die Hände über dem Kopf zusammen.
„Der Dorfherr! Zu wem will er?“
„Keine Sorge, Friedrich. Diesmal möchte ich keinen der hohen Herren sehen. Ich brauche einen Boten.“
„Maria und Josef, was Ihr so alles braucht.“
„Sagt, wer von den Burgdienern ist ein guter Reiter?“
Friedrich musste nicht lange überlegen. „Didi ist der beste.“
„Didi?“
„Naja, eigentlich heißt er Dietrich.“
„Ah, Dietrich. Gut, den kenne ich. Und der Dümmste ist er zum Glück auch nicht, das passt. Lasst ihn rufen.“
Friedrich winkte einen der Wächter herbei, befahl ihm, den Diener zu holen. Nach kurzer Zeit betrat Dietrich die Laube.
„Wie schnell kannst du nach Düren reiten, Dietrich?“, fragte der Dorfherr.
„Düren? Dafür brauche ich allenfalls eine Stunde, Herr. Vorausgesetzt, ich muss keinen alten Klepper reiten.“
„Du bekommst ein gutes Pferd, dafür sorge ich. In der Stadt wirst du einen Medicus namens Cornelius für mich aufsuchen. Von ihm will ich wissen, wo er vorgestern, am Nachmittag, gewesen ist. Wen hat er wie behandelt? Also frag ihn das alles und überbring mir seine Antwort.“
Friedrich pfiff durch die Zähne. „Tja, das Leben kann voller Rätsel sein“, grummelte er in der Hoffnung, die näheren Zusammenhänge zu erfahren. Mathäus aber sah über seine Neugier einfach hinweg.
„Du handelst im Auftrag der Herren von Merode, Dietrich“, sagte er feierlich, „ein entsprechendes Schreiben werde ich dir mitgeben. Wenn du es schaffst, vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück zu sein, wirst du einen Tag vom Dienst freigestellt.“
„Kein Problem, Herr.“
„Du findest mich dann im
Carolus Magnus
, wo ich mir mit einem alten Freund noch einen Trunk genehmigen werde.“
9
Leo, der Wirt, konnte an diesem lauen Sommerabend nicht über mangelnde Kundschaft klagen. Alle Tische in seiner Gaststube waren besetzt, und zu seiner Freude war auch wieder der Dorfherr anwesend, der zusammen mit seinem Kameraden, diesem eigenartigen Fremden, bereits das eine oder andere Bier getrunken hatte.
Mathäus berichtete Heinrich vom Gespräch mit Ludwig. Das ohnmächtige Gefühl der Wut in seinem Magen war längst noch nicht abgeklungen. Heinrich hörte wie immer aufmerksam zu, aber Mathäus bemerkte das Bemühen des Freundes, seine Gedanken nicht abschweifen zu lassen. Deshalb unterbrach er seine Berichterstattung abrupt.
„Spuck’s aus, Hein. Was ist los mit dir?“
Heinrich lächelte matt. „Du kennst mich immer noch sehr gut.“
„Ich höre also.“
Der andere seufzte. „Johanna“, sagte er nur.
Mathäus zog die Stirn in Falten. „Was hast du vor, Hein?“
„Ich muss sie sehen.“
„Wie bitte? Ich denke, sie lebt in Aachen, verheiratet mit einem Ratsherren?“
„Das ändert nichts daran, dass ich sie sehen muss.“ Er blickte den Freund offen an. „Seit gestern muss ich immerzu an sie denken. Ich habe dich und Jutta gesehen, euer Glück und eure Liebe. Da wurde mir bewusst, dass auch ich dies alles hätte haben können. Ich hab’s vermasselt, und zwar für immer.“
„Warum zum Teufel willst du sie dann sehen? Es würde deinen Schmerz doch nur noch vergrößern.“
Heinrich schüttelte den Kopf. „Erst wenn ich weiß, dass es ihr gut geht und dass sie glücklich ist, werde ich wieder Ruhe finden. Gleich morgen früh werde ich mich deshalb auf den Weg nach Aachen machen.“
Mathäus stöhnte leise auf. „Ich nehme an, es gibt nichts, was ich dagegen tun könnte?“
„Nichts, mein Freund.“
„Weißt du, was du bist, Hein?“
„Sag’s mir.“
„Ein gottverdammter Narr bist du! – Leo!“ Er winkte den Wirt herbei. „Unsere Becher sind leer. Wo bleibt der Nachschub!“
„Sofort“, beeilte sich Leo zu sagen, „ich wusste ja nicht, dass die Herren etwas Wichtiges zu feiern haben.“
„Feiern?“ Mathäus schaute seinen Freund fragend an. „Hab ich vielleicht den Eindruck erweckt, dass wir etwas feiern?“
„Unseren Abschied“, sagte Heinrich.
Sie schwiegen. Wie aus weiter Ferne drang das Geplauder der Bauern in ihre Ohren. Erst als Leo mit einer Kanne zurückkehrte und ihre Becher füllte, kehrten sie ins Diesseits zurück.
„Sehr zum Wohle“, wünschte der Wirt mit seiner piepsigen Stimme. „Frisch geschöpftes
Carolus
-Bräu. Daran
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