Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
würde er seiner Geliebten die Skulptur eines Tages überreichen.
Seiner
Geliebten
! Diesmal war Mathäus’ Seufzen ungewollt. Wie gern hätte er Jutta seine
Verlobte
genannt. Und wie viel lieber noch sein Eheweib. Nur gab es da ein grundlegendes Problem. Nicht, dass Jutta Mathäus nicht geliebt hätte. Im Gegenteil, sie liebte ihn mehr als alles andere auf der Welt. Allein Gott im Himmel liebte sie mehr. Und genau das war der Kern der Sache. Schon als Kind hatte Jutta Ordensfrau werden wollen, eine Dienerin Gottes. Aber eines Tages vor ziemlich genau drei Jahren hatte sie Mathäus auf dem Erntefest, das die Herren von Merode alljährlich veranstalteten, kennen und lieben gelernt. Seitdem lebte sie im Zwiespalt, mehr noch, gewaltige Stürme tobten in ihrer Seele: Sollte sie Christi Braut werden oder die des Dorfherrn Mathäus, ein geistliches oder ein weltliches Leben führen? Was würde sie mehr erfüllen, was ihre Seele sättigen? Und was geschähe, wenn sich herausstellte, dass ihre Wahl die falsche war?
Mathäus hatte sich geschworen, seine Angebetete niemals zu bedrängen, sie niemals vor die Wahl zu stellen, denn erwusste, dass er sie dann verlieren würde. Manchmal bat er Gott im Gebet, sie möge sich für ihn entscheiden. Um dann beschämt festzustellen, wie absurd sein Gebet doch letztlich war. Denn Juttas Entscheidung für ihn wäre eine Entscheidung gegen den himmlischen Vater, den er ja schließlich um die Erfüllung seines Wunsches bat.
Wieder schüttelte der Dorfherr den Kopf. Warum war es ihm derzeit nicht möglich, seine Gedanken frei zu machen? Warum konnte er sich nicht unbeschwert dem Stück Holz widmen, das seiner Verwandlung harrte? Entschlossen griff er nach Hammer und Meißel.
Weg mit dem Holz, das nicht den Leib der Jungfrau und ihres Sohnes formt
! In diesem Augenblick pochte es an der Tür.
Mathäus presste Luft aus seiner Nase und legte das Werkzeug beiseite. Verärgert stand er auf, um nachzusehen, wer ihn einmal mehr zu stören wagte. „Gnade ihm Gott“ murmelte er in dem Glauben, einer der Bauern wolle ihn mit einer neuen Litanei von Beschwerden beglücken.
Doch kein Dorfbewohner stand dort, seinen schnaubenden Schimmel am Zügel haltend, vor der Haustür. Der junge, rot gelockte Mann hieß Dietrich, ein Diener der Meroder Burgherren. Mathäus kannte ihn vom Ansehen, wusste aber nicht, ob er zu den Leuten Konrads oder Rikalts gehörte.
„Herr, Eure Anwesenheit wird dringlich gewünscht“, sagte der Diener, seine Erregung nur mühsam verbergend.
„So? Was um alles in der Welt gibt’s denn Wichtiges?“
„Bitte kommt mit mir, Herr!“, drängte Dietrich.
„Sag mir endlich, was los ist, sonst zieh ich dir die Ohren lang!“
„Es ist etwas Schlimmes geschehen“, beeilte der andere sich nun zu sagen, „man hat die Leiche einer jungen Frau gefunden.“
Mathäus runzelte die Stirn. „Leiche? Wo? Muss ich dir denn jedes Wort aus der Nase ziehen, Kerl!“
„Im Wald. Jemand hat das Mädchen umgebracht. Man wünscht, dass Ihr dort erscheint.“
„Wahrscheinlich hat man auch schon eine Ahnung, wer die Tote ist, nicht wahr?“
„Sieht ganz so aus, als handelte es sich um Anna, die Tochter des Wolfsbauern.“
Mathäus presste eine Hand auf seine Schläfe. „Gott“, murmelte er, „dieses arme, hübsche Ding!“ Sie war das einzige Kind des Wolfsbauern. Vier Geschwister waren schon im frühen Kindesalter gestorben. Er machte auf dem Absatz kehrt und eilte in seine Stube zurück. „Im Stall steht Julius“, rief er dem Diener zu, „geh und sattle ihn, während ich meine Stiefel schnüre.“
„Julius?“
„Mein Gaul! – Ach, und noch etwas!“
„Ja, Herr?“
„Sei vorsichtig! Julius beißt, wenn man ihn grob behandelt.“
„Mich hat noch nie ein Pferd gebissen“, erwiderte Dietrich selbstsicher.
Als Mathäus, geführt von Dietrich, am Leichenfundort eintraf, nickte er den beiden Dienern, die die Tote bewachten, stumm zu. Dann schwang er sich vom Gaul, der laut schnaubte und heftig den Kopf schüttelte, als würde der grässliche Anblick der Leiche ihn zutiefst beleidigen. „Tja, Brauner, so ist das Leben“, seufzte Mathäus, „die Erben Kains sterben niemals aus.“
Dietrich warf dem Dorfherrn einen seltsamen Blick zu. „Verzeiht, aber Euer Gaul … ich meine, versteht er denn-“
„Glaubst du etwa, er hätte kein Gespür hat für das, was hier vorgefallen ist? Natürlich hat er das.“
„Aha.“
„Auch Pferde sind Geschöpfe Gottes. Und Julius
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