Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
gesucht hatte. Sein Blick wanderte zwischen den beiden Pergamenten hin und her. Schließlich ließ er sie auf seine Knie sinken.
Alles passte zusammen! Mathäus jubilierte innerlich. Jetzt musste er den Mörder nur noch in die Ecke drängen.
„Und?“, fragte Paulus unwirsch.
Mathäus verzog keine Miene. „Holt mir jetzt die beiden Gefangenen her. Ich möchte etwas verkünden!“
25
Walter Hompesch und Eberhard wirkten wie zwei Mumien, als man sie, die Hände in Ketten, vorführte. Dunkle Ringe unter ihren Augen zeugten von der langen Kerkerhaft. In der Menge wurde Gemurmel laut, alles drängte nach vorn, um der Gerichtsverhandlung besser folgen zu können. Auch die hohen Herren nahmen nun ihre Plätze ein. Paulus starrte mit unheilvoller Miene vor sich hin, während Moses und Johannes einmal mehr in ein Streitgespräch vertieft waren. Der Schultheiß machte eine hilflose Handbewegung, da er feststellte, dass ihm offenbar die Initiative aus den Händen gerissen worden war.
Mathäus stieg auf das Podest. „Ich bitte um Ruhe!“, rief er in die Menge.
Fast augenblicklich wurde es mucksmäuschenstill. Ein letztes Mal kämpfte der Dorfherr gegen sein Unbehagen an. Er ließ einige Augenblicke verstreichen, bevor er seine Stimme wieder erhob.
„Der Gewinner der Lotterie wird sich noch etwas gedulden müssen. Zuerst wollen wir nämlich über den Verlierer sprechen.“ Er sammelte sich kurz. „Vor gut zwei Wochen“, begann er, „wurde Anna, die Tochter und das einzige Kind des Bauern Arnold und seiner Frau Katharina, im Wald von einem Unbekannten geschändet und ermordet.“ Er überhörte Paulus’ Räuspern. „Ein Verdächtiger wurde schon bald festgenommen, ein böhmischer Kaufmann namens Tobias Hompesch, der Bruder des Mannes, den Ihr dort vorne sitzen seht. Aber es brauchte seine Zeit, bis man ihn endgültig der Tat überführt hatte.“
Paulus und seine Ritter stießen ein hämisches Lachen aus. Mathäus ließ sich nicht beirren, seine Stimme wurde lauter.„In der Zwischenzeit mussten wir, die Bewohner der Herrschaft, mit der Angst leben, dass ein Dämon sein Unwesen in unserer Mitte trieb. Ich zweifle nicht einen Augenblick daran, dass die alte Sibylle jene furchtbare Begegnung hatte. Aber“, er hob die Schultern und machte ein geheimnisvolles Gesicht, „war es wirklich ein
Dämon
, der ihr diesen Schreck einflößte? Oder war es nur ein Sterblicher, der sich wie ein Wesen der Unterwelt gebärdete?“
Die Münder der meisten Zuhörer standen weit offen. Paulus dagegen betrachtete gelangweilt seine Fingernägel.
Mathäus fuhr fort. „Vor einigen Tagen wurde ein weiterer Mord verübt. Margarethe, die Tochter unseres Schuhmachers, kam auf ähnliche Weise ums Leben wie zuvor Anna. Mit dem Unterschied freilich, dass Margarethe vor ihrem Tod nicht geschändet wurde. Diesmal gab es gar
zwei
Verdächtige, nämlich den Bruder des Tobias Hompesch, Walter, der wie Tobias unmittelbar nach dem Mord wie aus dem Nichts aufgetaucht war, sowie den jungen Eberhard, dessen Stiefelabdrücke am Tatort gefunden wurden.“ Mathäus verzichtete auf eine Schilderung der näheren Hintergründe, obwohl ihm klar war, dass die Dorfbewohner längst über Eberhards Doppelliebschaft tratschten. Er verschränkte seine Arme. „Nun, Annas Mörder hat sich gestern in seiner Zelle selbst gerichtet, Gott möge seiner Seele gnädig sein. Dort vorne seht Ihr zwei Menschen, die des Mordes an der jungen Margarethe verdächtigt werden. Aber keiner der beiden ist der Täter!“
Sofort hob erstauntes Gemurmel an. Konrad klatschte amüsiert Beifall, während Paulus mit finsterem Blick seine Stimme erhob.
„Das müsst Ihr uns schon näher erklären, Dorfherr!“
Mathäus würdigte ihn keines Blickes, betrachtete die beiden Häftlinge. Über Eberhards Wange kullerte eine Träne. Walter Hompesch dagegen begann seine Lethargie abzuschütteln, hielt dem Blick des Dorfherrn mit hochmütigem Grinsen stand.
Mathäus hob seine Arme, bat um Ruhe.
„Sag, Eberhard, waren deine Stiefel in letzter Zeit beim Schuhmacher?“ fragte er laut und für alle vernehmlich.
„Ja, Herr“, antwortete Eberhard mit heiserer Stimme und wirkte überrascht.
„Waren sie beschädigt?“
„Ja, Herr. Hab mir eine neue Sohle machen lassen.“
„Wie lange ist das her?“
Eberhard zuckte mit den Achseln. „Einige Wochen vielleicht.“
„Wer hat die neuen Sohlen angebracht? Albrecht? Oder sein Sohn?“
„Ich weiß nicht, Herr.“
„Ich schon. Zumindest
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