Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
weiß ich, wer dir dieses verräterische Kreuz auf die Sohle geritzt hat.“ Sein Blick tauchte in die Menge. Nach einer Weile fand er das Gesicht, nach dem er Ausschau hielt.
„Philipp Weidengass!“, rief er. „Tritt nach vorne!“
Er merkte, dass der Sohn des Schuhmachers zögerte, als spiele er mit dem Gedanken an Flucht. Aber schließlich trat er vor und stellte sich vor das Podest.
„Was wollt Ihr von mir?“
„Warum hast du wohl ein Kreuz in Eberhards Stiefelsohle geritzt?“
„Ein Kreuz? Wie kommt Ihr darauf?“
„Das Kreuz auf der Sohle ist identisch mit dem, das du auf der Lotterieliste gemacht hast. Offenbar hast du die Angewohnheit, den linken Querbalken mit einem fast unmerklichen Knick nach unten zu versehen.“
Philipp lachte unsicher. „Ja und?“
„Es scheint mir, als hättest du seit geraumer Zeit einen Plan gehegt.“
„Und welchen?“
„Die Ermordung deiner Schwester!“
Über dem Hahndorn breitete sich atemlose Stille aus. Niemand wagte es, einen Ton von sich zu geben.
Philipp schüttelte den Kopf und versuchte, amüsiert zu wirken. „Was erzählt Ihr da? Warum sollte ich meine eigene Schwester umbringen?“
„Weil sie in deinen Augen schuld war am Tod deiner Mutter.“ Die Stimme des Dorfherrn war sachlich und ruhig, hatte nicht mehr den anklagenden Ton von vorhin, ganz so, als empfände er nun Mitleid mit dem Burschen, der da leicht zitternd vor ihm stand. „Denn seit dem Tod deiner Mutter, die im Kindbett starb, hasstest du nicht nur deine Schwester, sondern jede Frau auf Gottes Erde. Ich hab’s selbst aus deinem Mund vernommen, also leugne es nicht.“ Er rieb nachdenklich sein Kinn. „Dein Hass ging so weit, dass du damals, nach dem Tod deiner Mutter, sogar die Gottesmutter verflucht hast.“
„Woher wollt Ihr das wissen?“
„Ein Schuhmacher aus Aachen erzählte es mir.“
„Na und? Ich war ein Kind!“
„Die Wurzeln liegen immer in der Kindheit“, seufzte Mathäus.
„Eure Weisheiten in Ehren“, schaltete Paulus sich ungeduldig ein, „aber bis jetzt habt Ihr nur Vermutungenangestellt. Ihr müsst die Schuld des Burschen schon beweisen.“
Mathäus schürzte die Lippen. „Da habt Ihr natürlich Recht, Herr Paulus, obwohl es mich wundert, dass gerade Ihr plötzlich Wert auf wirkliche Beweise legt. Meine Ausführungen waren noch nicht beendet.“ Er wandte sich wieder Albrechts Sohn zu. „Die Stiefel. In tückischer Voraussicht hast du dem Eberhard also ein Kreuz in die Sohle geritzt. Und der Mord an der Tochter des Wolfsbauern brachte dich auf eine teuflische Idee. Zunächst einmal wolltest du etwas Verwirrung in die ganze Sache bringen. Deshalb bist du der alten Sibylle als Dämon erschienen.“
„Ich ein Dämon?“ Philipp lachte hohl.
„Ein zweiter Mord, ähnlich dem ersten, würde als das Werk eines wahnsinnigen Unbekannten erscheinen. Oder eben als Teufelswerk.“
„Was hat das alles mit einem Kreuz in Eberhards Stiefelsohle zu tun?“, blaffte Paulus.
„Nun, Philipp wollte sich mehrfach absichern, aber das war sein eigentlicher Fehler.“
Philipp zupfte nervös an seinem Wams.
„Wie mir nicht entgangen ist, Philipp, hast du ein gewisses Talent, fremde Stimmen nachzuahmen. Auch die Stimme deiner Schwester konntest du einwandfrei imitieren.“
Philipps Lächeln wurde immer dünner.
„Es war für dich ein Leichtes, den blinden Peter mit der Stimme deiner Schwester zu täuschen, ihn mit einer falschen Botschaft zu Eberhard zu schicken. Eberhard sollte hinter einem Baum ein eigens für ihn stattfindendes Schauspiel verfolgen - du weißt schon, was ich meine - und dabei Zeuge der Mordtat werden.“
„Welchen Sinn hätte das gehabt?“, bäumte sich Philipp noch einmal halbherzig auf.
Mathäus hob eine Hand. „Der Reihe nach: Zunächst hast du den Boden hinter dem Baum mit Wasser aus dem Weiher angefeuchtet, damit sich Eberhards Spuren dort abbildeten. Dann hast du, mit einem Wildschweinfell bekleidet und schwarzer Farbe im Gesicht, deine Schwester umgebracht. Und Eberhard war Zeuge der Tat. War’s nicht so, Philipp?“
Philipp zuckte mit den Schultern.
Mathäus wandte sich den Schöffen zu. „Ich nehme an, das Wildschweinfell dürfte sich finden, sobald man seine Kammer durchsucht.“
„Er wollte mich zum Verdächtigen machen?“ fragte Eberhard mit zitternder Stimme. Sein ohnehin blasses Gesicht war noch weißer geworden.
Mathäus nickte. „Zumindest nahm er das gern in Kauf, dass man dich verdächtigte. Dein Schweigen
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