MERS
froh Magnus wäre, daß Mark, Anna und ich kommen konnten.
»Wir hätten warten und Annie fragen sollen«, meinte ich. »Was ist, wenn sie etwas anderes vorhat?«
»Dann werden wir ohne sie gehen.« Mark kehrte zum Tisch zurück und schenkte sich Kaffee nach. »Seien wir doch ehrlich, altes Haus, die Asgeirsons sind nicht hinter Annie her. Noch nicht mal hinter mir.«
»Warum also hinter mir? Selbst, wenn du recht hast und Magnus von mir und der Ministerin gehört hat, wird er in diesem späten Stadium kaum versuchen, mir den Hof zu machen.«
»Das kann man nie sagen. Ich habe in der Branche gehört, daß Brandts ganzes Programm ein Schlag ins Wasser gewesen ist. Vielleicht hofft er darauf, seinen Gegenspieler aus dem Verkehr zu ziehen, indem du seine Primatenanlagen benutzen darfst.«
»Brandt wird bezahlt, Mark. Ich schulde ihm nichts.«
»Vielleicht irre ich mich. Vielleicht wird’s bloß ein lieblicher Nachmittag draußen auf dem Wasser werden.«
Aber das glaubte er nicht, und ich auch nicht. Wir kannten die Asgeirsons seit Jahren, noch aus meinen Tagen damals bei Unikhem. Sie hatten eine Tochter, Jenny, die etwa in Annas Alter war, und wir hatten einige Sommerferien gemeinsam unten an der See verbracht, und vergangene Weihnachten waren wir alle zum Skifahren in die italienischen Alpen gefahren, aber dazwischen gingen Monate ohne jeden Kontakt dahin. Sie hatten ihr Leben (Magnus war Vizepräsident bei Brandt und lebte auch wie einer), und wir hatten das unsere: aus einem Impuls heraus erfolgende Einladungen zum Abendessen auf den Seen standen nicht auf dem Programm.
Mir gefiel Gilas Beschreibung ihrer ›so etwas wie eine Yacht‹. Wir hatten Bilder davon gesehen: es war ein prächtiger Fünfundzwanzig-Meter-Katamaran mit der neuesten H 2 -Energieanlage.
Mark lächelte in sich hinein. Ich fragte ihn, worin der Witz bestünde. »Ich dachte gerade ans Milhaus-Team. Mit euch beiden Wanzenträgern draußen auf dem Wasser in einem Boot werden sie Drachen benutzen müssen. Der Marandelsee liegt an der Grenze.«
Euch beiden Wanzenträgern… Vergangenen Nachmittag hatte sich Mark einen Scanner aus seinem Büro geliehen – ich hatte inzwischen genügend kriminelle Erfahrung und war nicht davon überrascht, daß Reporter oft genug verwanzt wurden und somit einen Scanner benötigten – und mich damit überprüft, und Anna, als sie aus der Schule kam. Ich hatte die beiden Wanzen, auf die wir bereits gekommen waren, und Anna hatte eine mitten auf der Stirn, wie das dritte Auge eines Hindus. Sie erinnerte sich sofort an eine Frau in der Straßenbahn mit merkwürdiger, ringsum geschlossener Sonnenbrille. Sie tat jedoch freundlich und sagte, sie sähe bleich aus, und befühlte ihr die Stirn, ob sie Fieber hätte. Sergeant Milhaus oder jemand aus ihrem Team.
Mark erwies sich als sauber. Er hatte an jenem Morgen, dem kalten Winter ein wenig voraus, Handschuhe sowie Ohrenschützer getragen. Wenn der Winter voll gekommen wäre, wurde mir klar, und Frostmasken in Gebrauch waren, müßte die SPU legal verwanzen: Hausbesuche und das Geschwafel von wegen Anweisung der Verwaltung. Arme Dinger.
Ebenso, wie wir sie auf Wanzen scannten, hatten wir Anna von der Ministerin erzählt und was wir zu tun planten und warum, und was es für sie bedeutete, und dann hatten wir ihr die Wahl überlassen. Ich glaube, wir waren fair gewesen. Ich hoffe, wir waren fair gewesen. Aber für ein idealistisch veranlagtes Mädchen, das seine Mutter liebte und bewunderte (der Himmel möge mir beistehen!), war es, wie Mark gesagt hatte, überhaupt keine Wahl. Sie hatte sofort den Sinn dessen begriffen, was ich wollte, und sie wollte es ebenfalls.
»Die Grenze?« Ich sah ihn an. Es war ein verlockender Gedanke. »Könnten wir nicht…«
Mark schüttelte den Kopf. »Selbst wenn wir es täten – die SPU hat einen langen Arm. Und könntest du dein Forschungsmaterial rechtzeitig zusammenbekommen?«
Konnte ich nicht. Ich hatte nicht einmal damit angefangen. Natürlich konnte ich das nicht. Es war eine verrückte Idee.
Bald darauf kam Anna herunter, das Haar naß vom Duschen, das Gesicht abgetrocknet und glänzend. Sie war wunderschön. Sie hatte ein langes, weit ausgeschnittenes Hemd übergestreift, und mich überfiel jäh ein entsetzliches geistiges Bild einer Sergeant Milhaus, die ihr ein Messer an die goldene Haut drückte. Ich erhob mich vom Tisch – verlagerte Aktivität – und nötigte sie sinnloserweise dazu, ein richtiges Frühstück zu
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