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Messertänzerin

Messertänzerin

Titel: Messertänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rauchhaus
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durch die Luft und genau ins Ziel schleuderte, spürte Divya ein Prickeln auf der Haut. Seine Körperbeherrschung faszinierte sie. Elegant und tödlich.
    Als Tajan seine Messer zurückgeholt hatte und sie immer noch dort stehen sah, atmete er tief ein und zupfte sich am Ohr.
    »Gibt es noch etwas?«, fragte er mit schneidender Höflichkeit.
    Divya dachte nicht lange nach. »Könnt Ihr mir das beibringen?«
    Tajan kam auf sie zu und stand nun mit den Füßen auf der Höhe ihres Kopfes. Als er in die Hocke ging, bemerkte Divya das Blitzen in seinen Augen.
    »Nein. Kann ich nicht. Das ist nicht wie der Unterricht, den du heimlich von deinem Steg aus verfolgst.«
    Hatte er sie beobachtet? Divya wollte widersprechen, aber er hob ungeduldig die Hand.
    »Deine Heimlichkeiten gehen mich nichts an. Aber das hier … ist kein Spiel. Ich habe zwölf Jahre lang gelernt, ein Sujim zu sein, und das ist weitaus mehr als Messerwurf und Balance. Es ist etwas, das in deinem Blut fließt, wenn du es annimmst. Etwas, das über dein Leben bestimmt – und über deinen Tod.«
    »Ich lerne schnell«, nickte Divya ehrfürchtig. »Ich könnte es doch versuchen.«
    Tajan stand auf und sah auf sie herab. »Versuchen ist ein Wort, das den Erfolg ausschließt.«
    Sie nickte noch einmal. »Dann werde ich es also tun. Wenn Ihr mir zeigt, wie.«
    Inzwischen bemühte er sich nicht mehr, seine Ungeduld zu verstecken. »Nein! Endgültig nein! Selbst wenn du noch so schnell lernst, du kannst niemals lernen ein Mann zu sein. Sujim sind Männer. Du bist ein Mädchen. Eine Dienerin. Und … wie alt?«
    »Vierzehn«, erwiderte Divya leise.
    »Na, siehst du! Zehn Jahre zu alt, selbst wenn du ein Junge wärst.«
    Divya fühlte sich mutlos, als hätte sie die ganze Zeit mit einem Holzstock gegen jemanden mit einem Schwert gekämpft.
    Auf einmal sprang Tajan neben sie auf die Agida, legte die Hand unter ihr Kinn und betrachtete sie.
    »Warum willst du unbedingt etwas tun, was anderen vorbehalten ist?«, flüsterte er. »Warum solltest du kämpfen wollen? Und vergiss auch den Tanz! Warst du schon einmal in jenem Teil der Stadt, in dem Tassari-Mädchen für Männer tanzen durften, bevor ihr Viertel abgesperrt wurde?«
    Divya erstarrte. Sie wusste nicht, was er meinte, aber die Beleidigung war dennoch nicht zu überhören.
    »Ich bin keine Tassari!«
    Er runzelte die Stirn. »Mag sein. Aber du tanzt wie eine.«
    Sie ging einen Schritt rückwärts, weil sie nicht wollte, dass er sah, wie verletzt sie war. Schnell umklammerte er ihren Arm mit der Hand.
    »Vorsicht! Da geht es tief runter.«
    »So tief, wie ich in deinen Augen stehe, werde ich nie fallen können«, flüsterte Divya zurück. Sie riss sich los, hielt sich seitlich an der Außenwand der Agida fest, holte mitden Beinen Schwung und verschwand durch ein Loch ins Innere des Käfigs, sodass sie plötzlich unter dem Wächter stand. Dennoch fühlte sie sich ihm hier überlegen. Die Agida war ihr Gebiet.
    »Du irrst dich: Mit einer Vesséla zu klettern ist einfach, Dienerinnen können das lernen. Wie man alles lernen kann.«
    Er bückte sich und sprach leise zu ihr herunter: »Mach es dir doch nicht so schwer. Die oberste Regel der Sujim lautet: Erkenne, wer du bist – und lebe danach!« Er hob die Hände und suchte nach Worten. »Bäume haben Wurzeln und sie bleiben ein Leben lang an einem Ort, werden groß und kräftig. Sie müssen nicht wandern, um die Welt zu verändern.«
    Divya hatte das Gefühl, vor Wut platzen zu müssen. Aber etwas hielt sie davon ab, dieser Wut Worte zu verleihen. Mit den entschlossenen Schritten einer Tana bog sie um die nächste Ecke und hoffte, dass Tajan ihr nachsah. Aber sie war stolz genug, sich nicht davon zu überzeugen.
    Erst als sie fast ganz unten angekommen war, fiel ihr eine passende Erwiderung für den arroganten Sujim ein. Eine, die beweisen würde, dass sie sein Gleichnis durchaus verstanden hatte. Dass sie keine dumme Dienerin ohne Bildung war. Sie beschloss, ihn auf seinem eigenen Feld zu schlagen – und sich anzuschleichen, um ihn zu erschrecken. Und wenn er am dümmsten guckte, würde sie ihm die Erwiderung entgegenschleudern: »Wenn du Bäume so bewunderst, warum stellst du dann Teile von ihnen aufs Dach und erdolchst sie? Beweist das nicht die Unfähigkeit des Baumes, dem Dolch auszuweichen?«
    So lautlos wie möglich näherte sie sich zum zweiten Maldem Dach. Zuerst entdeckte sie den Wächter gar nicht. War er, verärgert von ihrem Gespräch, in seine Kammer

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