Messertänzerin
sich schöne Pferde oder bringt seiner Geliebten im Turm exotische Speisen und teure Schmuckstücke.«
»Hast du sie inzwischen einmal gesehen?«, fragte Divya stirnrunzelnd.
»Nein«, gab Jolissa zu. »Niemand darf sie sehen. Aber es ist ein offenes Geheimnis unter den Dienstboten im Palast, dass Warkan sie im Turm hält wie einen seltenen Vogel, schon seit er die Regierung übernommen hat.«
»Also dürfte sie nicht mehr die Jüngste sein.«
»Sie ist nicht nur alt … Eine Dienerin behauptet, sie einmal gesehen zu haben. Sie soll das Gesicht eines Monsters haben. Und trotzdem …«, Jolissa verstummte kurz, von ihren Gefühlen überwältigt. »Er ist täglich dort oben. Ich komme mir vor wie ein hübscher Salon, in dem man die Gäste empfängt, während sich Warkan in seiner alten, aber gemütlichen Kammer wohler fühlt … wenn du verstehst, was ich meine.«
Divya verzog die Mundwinkel. »Willst du damit sagen, dass er dich nachts nicht … besucht?«
Jolissa wurde rot. »Doch, natürlich tut er das. Sein größter Wunsch ist ein Erbe, und seine erste Frau hat ihm keine Kinder geboren.«
Jolissa sank tiefer in den Schaum und begann zu flüstern. »Und ich habe beschlossen, ihm ebenfalls keine Kinder zu schenken. Seit der ersten Nacht nehme ich Kräuter zu mir, die das verhindern werden.«
Divya griff erschrocken nach Jos Handgelenk und zwang sie, ihr in die Augen zu sehen. »Erinnerst du dich nicht an Maitas Unterricht? Es gibt ein Gesetz, das es dem Mann erlaubt, seine Frau verhaften zu lassen, wenn er sie dabei erwischt. Und wir sprechen hier von Warkan!«
Jolissa erwiderte ihren Blick ganz ruhig. »Würdest du wollen, dass dein Kind einen solchen Vater hat? Einen Mann, der seine besten Freunde als Verräter ins Gefängnis schickt, wenn sie zu mächtig werden? Einen Mann, der ein ganzes Volk ausrotten will, weil er es aus irgendeinem Grund fürchtet? Und der seine Bürger hinter eine Mauer aus Lügen sperrt?«
Divya spürte, wie ihr in dem warmen Wasser schwummrig wurde. Wie lange würde Warkan keinen Verdachtschöpfen? Und wie viele Diener waren seine Augen und Ohren im Palast?
»Pass bitte auf dich auf«, ermahnte sie die Freundin. »Und nun sag mir, ob du schon mal von einem Raum gehört hast, der Laboratorium genannt wird?«
Jolissa nickte erstaunt.
»Warkan zieht sich oft dahin zurück, wenn er allein sein will. Manchmal kommt er mit erstaunlichen Erfindungen daraus zurück. Warum?«
Divya erzählte ihr von dem Schlüssel am Gürtel und zog vielsagend die Augenbrauen hoch. »Wenn Warkan tatsächlich nachts oft bei dir ist …«
Jolissa legte ihren Mund auf den Schaum und pustete nachdenklich Muster hinein.
»Wenn das ein Weg ist, wie ich ihn bekämpfen kann, dann werde ich es tun. Aber wie gebe ich dir den Schlüssel? Und wie bekomme ich ihn rechtzeitig wieder zurück?«
Divya ließ sich von Jolissa erklären, hinter welchem Fenster die Schlafkammer lag, und bat ihre Freundin, in der Nacht das Fenster zu öffnen und den Schlüssel an einem Band in den Garten hinabzulassen. Sie wusste, dass sie Jo damit in höchste Gefahr brachte, aber als sie sie noch einmal fragte, ob sie das wirklich wagen wolle, reagierte Jolissa empört.
»Was immer ich gegen ihn tun kann, ist immer noch nicht genug. Viel mehr Sorgen mache ich mir um dich. Willst du das wirklich wagen?«
Divya drückte unter Wasser ihre Hand und lächelte ihr zu.
»Unbedingt! Halt den Kopf hoch, Tana Jolissa! Vielleicht schaffen wir es ja, dass der Fürst seine Macht verliert.Und du weißt, dass eine Ehefrau ihren Mann verlassen darf, wenn seine gesellschaftliche Stellung nicht mehr angemessen ist.« Sie zwinkerte Jo zu. »In seltenen Fällen ist das Gesetz einmal auf der Seite der Frauen.«
»Auf der Seite der Väter«, konterte ihre Freundin realistisch. »So könnte mein Vater mich gleich zweimal verkaufen.«
Divya lachte bitter. »Aber das zweite Mal werde ich Roc in die erste Reihe der Bewerber schubsen.«
Jolissas Reaktion erstaunte sie. Sie schüttelte den Kopf und starrte wütend auf das Mosaik an der Wand gegenüber.
»Richte ihm lieber aus, dass er sich von mir fernhalten soll!«
Jos Worte erinnerten Divya sofort an Tajan. War es immer so, dass Männer und Frauen von ihren Gefühlen betrogen wurden?
»Warum war Tajan eigentlich bei deiner Hochzeit?«, rutschte es Divya heraus. »Ist er nicht mehr an der Schule?«
Jolissa kniff die Augen zusammen. »Warum interessiert dich das? Was willst du von ihm noch? Du hast
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