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Meteor

Meteor

Titel: Meteor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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sämtlichen Untergebenen als überragende Persönlichkeit geachtet. Sein unterkühlter Stil und seine schnörkellose Philosophie waren beim NRO zur Legende geworden. Seine Sorgfalt und die Vorliebe für schlichte schwarze Anzüge hatten ihm den Spitznamen »der Quäker« eingebracht. Mit brillanter Strategie und vorbildlicher Effizienz hatte er dafür gesorgt, dass in der von ihm regierten Welt eine nicht zu überbietende Klarheit herrschte. Sein Wahlspruch lautete: »Fakten feststellen – entsprechend handeln«.
    Als Rachel in Pickerings Büro trat, telefonierte er noch. Sein Anblick überraschte sie immer wieder aufs Neue. Er sah nicht im Entferntesten aus wie ein Mann, der die Macht besaß, den Präsidenten jederzeit aus dem Schlaf zu klingeln.
    Pickering legte auf. Mit einem Wink bedeutete er Rachel, näher zu treten. »Agentin Sexton, nehmen Sie Platz«, sagte er.
    »Danke, Sir.«
    Rachel mochte diesen Mann, auch wenn viele wegen seiner direkten Art Vorbehalte ihm gegenüber hatten. Er war das genaue Gegenstück zu ihrem Vater… äußerlich völlig unauffällig, alles andere als charismatisch, ein Mann, der selbstlos in der Erfüllung seiner patriotischen Pflicht aufging und den Medienrummel ebenso leidenschaftlich mied, wie Rachels Vater darin badete.
    Pickering nahm die Brille ab und schaute Rachel an. »Agentin Sexton, der Präsident hat mich vor einer halben Stunde angerufen. Unter direkter Bezugnahme auf Sie.«
    Rachel rutschte unruhig in ihrem Sessel. Pickering war dafür bekannt, dass er sofort zur Sache kam. Das geht ja prächtig los, dachte sie. »War etwas mit meinen Kommuniques nicht in Ordnung? Ich hoffe nicht.«
    »Ganz im Gegenteil. Der Präsident sagt, das Weiße Haus sei beeindruckt von Ihrer Arbeit.«
    Rachel atmete auf. »Was wollte er dann?«
    »Eine persönliche Zusammenkunft. Mit Ihnen. Sofort.«
    Rachels Unbehagen verstärkte sich. »Eine persönliche Zusammenkunft? Weshalb?«
    »Eine sehr gute Frage. Er wollte es mir nicht verraten.«
    Rachel wusste nicht, was sie davon halten sollte. Dem Direktor des NRO Informationen vorzuenthalten war so, als würde man den Papst von den Geheimnissen des Vatikans ausschließen. In Geheimdienstkreisen hieß es scherzhaft: »Wenn Pickering etwas nicht weiß, hat es nicht stattgefunden.«
    Pickering erhob sich und ging vor der Fensterfront auf und ab.
    »Der Präsident hat mich aufgefordert, sofort mit Ihnen Kontakt aufzunehmen und Sie zu ihm zu schicken.«
    »Jetzt gleich?«
    »Er hat Ihnen ein Transportmittel geschickt. Es wartet draußen auf Sie.«
    Rachel zog die Stirn kraus. Die Aufforderung des Präsidenten war schon beunruhigend genug, aber das wirklich Beunruhigende war Pickerings besorgte Miene. »Sie haben offensichtlich Vorbehalte.«
    »Das können Sie laut sagen!« Pickering erlaubte sich einen seltenen Gefühlsausbruch. »Die Wahl des Zeitpunkts durch den Präsidenten ist so durchsichtig, dass sie geradezu stümperhaft erscheint. Ausgerechnet mit der Tochter des Mannes, der ihm derzeit in den Meinungsumfragen das Wasser abgräbt, will er sich treffen? Sehr eigenartig. Ihr Vater dürfte das ebenso empfinden.«
    Rachel war herzlich egal, was ihr Vater empfand, aber sie wusste, dass Pickering Recht hatte. »Sie sind mit den Motiven des Präsidenten also nicht einverstanden?«
    »Mein Amtseid verlangt von mir, die jeweilige Administration des Weißen Hauses mit Nachrichtenmaterial zu unterstützen, aber nicht, die Tagespolitik zu beurteilen.«
    Eine typische Pickering-Antwort, dachte Rachel. Pickering machte keinen Hehl daraus, dass für ihn die Politiker vorübergehende Schachfiguren in einem Spiel darstellten, dessen eigentliche Drahtzieher Männer wie Pickering waren – altgediente Beamte auf Lebenszeit.
    »Vielleicht steckt gar nichts Besonderes dahinter«, mutmaßte Rachel. Sie hoffte, der Präsident sei sich für einen plumpen Wahlkampfcoup zu schade. »Vielleicht hat er sensibles Datenmaterial vorliegen, das auf den Punkt gebracht werden muss.«
    »Ich möchte den Wert Ihrer Arbeit nicht herabsetzen, Agentin Sexton, aber das Weiße Haus hat im Bedarfsfall unmittelbaren Zugriff auf jede Menge qualifizierte Analysten. Falls es sich um einen Job handelt, mit dem das Weiße Haus intern zurechtkommen kann, sollte dem Präsidenten etwas Besseres einfallen, als sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen, und falls nicht, wäre er erst recht gut beraten, keine NRO-Kraft anzufordern, ohne mir zu sagen, worum es geht.«
    Pickering bezeichnete

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