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Metro2033

Titel: Metro2033 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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die wissen doch gar nicht, mit wem sie es zu tun haben!«
    Artjom kam der Verdacht, dass ihn sein Stiefvater fortschickte, um ihm das Leben zu retten. Er versuchte zu widersprechen, doch Suchoj wollte nichts mehr hören. »In deiner Gruppe weißt nur du allein, wozu die Schwarzen fähig sind.« Sein Stiefvater deutete auf die Versehrten am Boden.
    »Was ist mit ihnen?«
    »Sie waren im Tunnel und sind durchgedreht. Die hier konnten wir zum Glück noch mitschleifen. Aber wie viele haben die Schwarzen bei lebendigem Leib in Stücke gerissen. Unglaubliche Kraft haben die. Und wenn sie kommen und zu heulen beginnen, dann hält das kaum einer aus, du weißt es ja selber. Einige unserer Freiwilligen haben sich mit Handschellen festgekettet, um nicht fortzulaufen. Die, die wir noch rechtzeitig losgemacht haben, liegen jetzt hier. Viele Verletzte gibt es nicht, denn wenn die Schwarzen einen mal erwischen, entkommt er ihnen so leicht nicht mehr.«
    Artjom schluckte. »Schenja ... Sie haben ihn erwischt?«
    Suchoj nickte, und Artjom beschloss, nicht nach Einzelheiten zu fragen.
    In die verlegene Stille hinein sagte sein Stiefvater: »Komm, reden wir ein wenig, solange es noch ruhig ist. Ich habe sogar noch Tee übrig. Willst du etwas essen?« Er legte seinen Arm um Artjom und führte ihn zum Büro der Stationsleitung.
    Artjom sah sich erschüttert um. Er konnte einfach nicht glauben, dass sich die WDNCh in den drei Wochen seiner Abwesenheit so sehr verändert hatte. An dieser früher so behaglichen, belebten Station herrschten jetzt Beklemmung und Verzweiflung. Instinktiv hatte er das Verlangen, von hier fortzulaufen.
    In der Ferne ratterte ein MG los. Artjom griff nach seiner Waffe, doch Suchoj hielt ihn auf. »Das machen sie zur Abschreckung. Das Schlimmste geht erst in ein paar Stunden los, ich spüre es schon. Die Schwarzen kommen in Wellen. Erst vor Kurzem haben wir eine zurückgeschlagen. Hab keine Angst - wenn etwas Ernsthaftes passiert, werfen sie die Sirenen an und schlagen Alarm.«
    Artjom dachte nach. Dieser Traum mit dem Tunnel ... Aber das war doch völlig unmöglich, eine tatsächliche Begegnung würde wohl kaum so harmlos enden. Ganz zu schweigen davon, dass Suchoj ihm niemals erlauben würde, den Tunnel allein zu betreten. Von diesem wahnsinnigen Gedanken musste er sich also verabschieden. Er hatte Wichtigeres zu tun.
    Dann, als sie im Zimmer saßen und Tee tranken, sagte Suchoj: »Ich wusste übrigens, dass du noch einmal kommst und wir uns sehen werden. Vor einer Woche war einer hier, der dich suchte.«
    »Wer?«, fragte Artjom vorsichtig.
    »Er sagte, dass du ihn kennst. Ein großer Mann, hager, mit Bart. Einen seltsamen Namen hatte der ...«
    »Khan?«
    »Genau. Er sagte mir, du würdest zurückkommen, und er war sich so sicher dabei, dass ich mich erst mal beruhigt habe. Er hat mir etwas für dich gegeben.« Suchoj zog eine Brieftasche hervor, in der er nur ihm allein verständliche Notizen und Gegenstände aufbewahrte, und holte daraus ein doppelt gefaltetes Blatt Papier.
    Artjom faltete es auseinander und hielt es sich vor das Gesicht. Es war eine kurze Notiz, geschrieben mit nachlässiger, gleichsam fliegender Handschrift:
    Wer kühn und beharrlich genug ist, ein Leben lang in die Finsternis zu blicken, der wird darin als Erster einen Silberstreif erkennen.
    »Mehr hat er nicht hinterlassen?«, fragte Artjom.
    »Nein. Ich dachte, das ist vielleicht eine verschlüsselte Nachricht. Schließlich ist der Mann nur deswegen hierher gekommen.«
    Artjom zuckte mit den Schultern. Die Hälfte der Dinge, die Khan gesagt und getan hatte, war ihm völlig absurd vorgekommen - die andere Hälfte jedoch hatte ihm die Welt in anderem Licht offenbart. Woher sollte er wissen, wozu diese Nachricht gehörte?
    Noch lange tranken sie Tee und sprachen miteinander. Artjom wurde den Gedanken nicht los, dass er seinen Stiefvater zum letzten Mal sah. Es war, als wollte er nun so viel mit ihm reden, dass es für sein ganzes Leben ausreichte.
    Dann wurde es Zeit zu gehen.
    Suchoj zog an dem Hebel neben der Rolltreppe, und der schwere Vorhang hob sich quietschend um einen Meter. Angestautes Regenwasser schwallte von draußen herein. Nun stand Artjom bis zu den Knöcheln im Sumpf und lächelte Suchoj an, obwohl ihm Tränen in den Augen standen. Schon wollte er sich verabschieden, als ihm im letzten Augenblick das Allerwichtigste einfiel. Er holte das Kinderbuch aus dem Rucksack, blätterte darin, bis er das Foto gefunden hatte, und

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