Metropolis brennt
Problem ist, daß es sich auch nicht um eine Psychose handelt. Außer, selbstverständlich, nach den weitgespannten Normen der Stadt. Oh, wir müssen uns mit vielerlei menschlichen Problemen beschäftigen. Zum Beispiel mit einer Mutter, die Kinder haben möchte, aber keine bekommen kann. Wenn die Medizin ihr nicht helfen kann, werden es die Monumente tun. Indem sie Ausweichmöglichkeiten schaffen und ihre mütterlichen Instinkte in andere Kanäle leiten oder sie sonstwie verarbeiten. Durch Substitution. Indem sie sie glauben machen, sie würde eine besondere Mission erfüllen. Oder indem sie ein ganz anderes emotionelles Bedürfnis erzeugen, das nichts mit der Mutterschaft zu tun hat. Das heißt, man muß die Probleme bis zu ihrem psychologischen Ursprung zurückverfolgen und dann irgendwie die Frustration überwinden. Die Frustration, die ist fatal.“
„Vielleicht eine Ablenkung?“
„Das halte ich nicht für möglich. Normans Problem ist eine Abstraktion. Und wenn wir die beantworten könnten – würde er verrückt werden.“
„Ich weiß nicht, was mein Problem ist“, sagte Norman verzweifelt. „Ich habe keines. Ich bin jung, gesund, meine Arbeit macht mir Spaß, ich bin verlobt …“
Der Psychologe kratzte sich am Kiefer. „Wenn wir Ihr Problem kennen würden, könnten wir etwas dagegen tun“, sagte er. „Doch der erfolgversprechendste Punkt hier …“ Er raschelte mit den Papieren. „Mal sehen. Erscheine ich Ihnen als real?“
„Sehr“, sagte Norman.
„Aber es gibt Zeiten – die Symptome sind vertraut. Mitunter haben Sie Zweifel an der Realität. Dieses Gefühl haben die meisten Menschen irgendwann einmal.“ Er lehnte sich zurück und gab nachdenkliche Geräusche von sich. Das Fünfte Monument war hinter der transparenten Wand sichtbar. Es pulsierte leicht im Licht. Alles war sehr still.
„Sie wollen sagen, Sie wissen nicht, was mit mir nicht stimmt“, sagte Norman.
„Ich weiß es noch nicht. Aber ich werde es herausbekommen. Zunächst einmal müssen wir herausfinden, was Ihr Problem ist.“
„Wie lange wird das dauern? Zehn Jahre?“
„Ich hatte auch einmal ein Problem“, gab der Psychologe zu. „Zu jener Zeit wußte ich aber noch nicht, was es war. Ich habe es mittlerweile herausgefunden. Ich hatte Megalomanie, ich wollte die Leute umkrempeln. Daher nahm ich diese Arbeit auf. Ich leitete meine Energie in sinnvolle Bahnen. Das löste meine Probleme. Das ist auch für sie der richtige Weg, wenn wir erst herausgefunden haben, was Sie quält.“
„Ich möchte lediglich diese Halluzinationen loswerden“, sagte Norman.
„Hauptsächlich visuell, gehörmäßig und geruchsbedingt. Und im Grunde genommen ohne äußerlichen Anlaß. Es sind keine Illusionen, es sind Halluzinationen. Ich wollte, Sie könnten mir mehr Einzelheiten darüber berichten.“
„Kann ich nicht.“ Norman schien zu schrumpfen. „Es ist, als würde man in glutflüssiges Metall geworfen werden. Es ist ganz einfach unbeschreiblich. Ein Eindruck von Geräuschen, Licht … es kommt und geht blitzartig. Man erhält dabei einen Eindruck von der Hölle.“
„Morgen werden wir es wieder mit Narkosynthese versuchen. In der Zwischenzeit möchte ich gerne meine Eindrücke überdenken. Es wäre möglich …“
Norman trat in einen Levitationsstrom und wurde aufwärts getragen. Auf der Ebene des obersten Balkons des Fünften Monuments verließ er ihn wieder. Es befanden sich nur wenige Menschen hier, und diese wenigen waren eifrig mit sich selbst beschäftigt. Norman legte die Arme auf die Brüstung und sah hinab. Er war aufgrund der unbestimmten Hoffnung hier heraufgekommen, es könnte auf dem Balkon, so hoch über der Stadt, ruhiger sein.
Es war ruhig, aber keineswegs ruhiger als in der Stadt selbst. Die rollenden Wege glitten geräuschlos unter ihm dahin. Die Barriere über ihm ähnelte einer geräuschlosen Kuppel. Er stellte sich vor, wie sie auf der anderen Seite von gigantischen Donnerschlägen erschüttert wurde, er sah die makellose Halbkugel bersten und aufbrechen – um das Chaos wie eine Sturzflut hereinzulassen.
Er umklammerte das kühle Plastikgeländer mit festem Griff. Seine Festigkeit war nicht beruhigend. Noch einen Augenblick, dann würde die Barriere auseinanderbrechen …
Auch das Monument brachte keine Beruhigung. Er sah hinter sich zur Basis der sanft schimmernden Kuppel, von der wogende Lichtmuster ausgingen, doch auch diese schien im Begriff zu stehen auseinanderzufallen. Taumelnd
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