Metropolis brennt
selbst nicht beantworten kann und die dafür verantwortlich ist, daß er gelegentlich aus seiner Hypnose erwacht. Bisher waren es nur blitzartige Einblicke. Sekundenbruchteile rationaler Wahrnehmung. Aber für ihn war das schon schlimm genug. Er hat die Stadt so gehört und gesehen wie sie ist.“
Wieder eine Pause. Flemings Gedanken rasten.
„Das ist das einzige Problem, das wir nicht mittels Hypnose lösen können“, fuhr Nehral fort. „Wir haben es versucht, aber es ist sinnlos. Norman ist eben eine ganz besondere Persönlichkeit. Er sucht nach der Wahrheit.“
„Er sucht nach der Wahrheit“, sagte Fleming nachdenklich. „Aber … muß er sie denn auch finden?“
Seine Gedanken rasten zu Nehrals Gehirn, Stahl auf Feuerstein, und entzündeten dort eine Flamme.
Drei Wochen später bezeichnete der Psychologe Norman als geheilt, worauf er sofort Mia heiratete. Sie fuhren hoch zum Fünften Monument, wo sie Händchen hielten.
„Solange du verstehst …“, sagte Norman.
„Ich gehe mit dir“, sagte sie. „Überallhin.“
„Nun, es wird jedenfalls nicht gleich morgen sein. Ich hatte einen falschen Weg eingeschritten. Man stelle sich doch nur vor, die Barriere überwinden! Nein, ich muß Böses mit Bösem vertreiben. Die Barriere ist das Resultat von Naturgesetzen. Es ist kein Geheimnis, wie sie erschaffen wurde. Aber wie man sie wieder vernichten kann – das seht auf einem anderen Blatt.“
„Sie sagen, sie kann nicht zerstört werden. Eines Tages wird sie von selbst verschwinden, Bill.“
„Wann? Darauf werde ich nicht warten. Es kann allerdings Jahre dauern, denn ich muß zuerst lernen, wie ich meine Waffen richtig einsetzen kann. Das wird jahrelange Studien und praktische Forschungen erfordern. Aber wenigstens habe ich nun ein Ziel.“
„Man kann nicht über Nacht zum Experten für Kernphysik werden.“
Er legte lachend den Arm um ihre Schulter. „Das erwarte ich auch nicht. Eines nach dem anderen. Zuerst muß ich einmal ein guter Physiker werden. Ehrlich und Pasteur und Curie – sie hatten einen Antrieb, eine Motivation. Das habe ich jetzt auch. Ich weiß, was ich will. Ich will hinaus.“
„Bill, wenn du scheitern solltest …“
„Damit rechne ich, jedenfalls anfangs. Aber im Endeffekt werde ich nicht scheitern. Ich weiß, was ich will. Hinaus!“
Sie rückte näher zu ihm, und dann sahen sie beide schweigend hinab auf die freundliche Kulisse der Stadt. Ich kann es eine Weile ertragen, dachte Norman. Besonders mit Mia. Nun, da der Psychologe mein Problem beseitigt hat, kann ich mich an die Arbeit machen.
Über ihnen ging von der Kugel an der Spitze des Monumentes ein sanftes Licht aus.
„Mia …“
„Ja?“
„Ich weiß jetzt, was ich will.“
„Aber er weiß es nicht“, sagte Fleming.
„Stimmt schon“, meinte Nehral fröhlich. „Er wußte im Grunde genommen nie, wie sein Problem aussah. Sie haben die Antwort gefunden. Nicht die, die er wollte, aber die beste. Verdrängung, Ablenkung, Sublimierung – der Name spielt keine Rolle. Im Prinzip war es dieselbe Behandlung wie das Umleiten von Sadismus in wohltätige Kanäle. Wir haben Norman zu einem Kompromiß verholfen. Er weiß immer noch nicht, wonach er sucht, aber er wurde zu dem Glauben hypnotisiert, daß er es außerhalb der Stadt finden kann. Legt man vor einen Verhungernden Essen außerhalb seiner Reichweite, so führt das zu einer Neurose. Gibt man aber dem Mann das Material, mit dem er eine Brücke bauen kann, so wird seine Energie in nützliche Bahnen gelenkt. Norman wird sein Leben der Forschung verschreiben, und womöglich wird er einige bedeutende Entdeckungen machen. Er ist wieder normal. Er steht unter vorbeugender Hypnose. Und er wird immer denken, daß es einen Weg nach draußen gibt.“
„Durch die Barriere? Es gibt keinen.“
„Selbstverständlich nicht. Aber Norman konnte die hypnotische These akzeptieren, daß es ihn eben doch gibt, wenn er ihn nur finden kann. Wir haben ihm das Material gegeben, mit dem er seine Brücke bauen kann. Er wird scheitern, aber er wird sich niemals entmutigen lassen. Er sucht nach der Wahrheit. Und wir haben ihm gesagt, daß er sie außerhalb der Barriere finden kann. Und auch, daß es einen Weg nach draußen gibt. Jetzt ist er glücklich. Er bringt das Rettungsboot nicht mehr zum Schwanken.“
„Wahrheit …“, sagte Fleming, und dann: „Nehral, ich habe mich gefragt …“
„Was?“
„Gibt es überhaupt eine Barriere?“
„Aber die Stadt hat
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