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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Bootsmann des amerikanischen Segelschiffes Elsinore, das als eines der feinsten Segelschiffe der Welt galt.
    Unter all diesen Männern und Jünglingen sah ich nur einen einzigen, namens Henry, einen Knaben von sechzehn Jahren, der annähernd dem Bilde entsprach, das ich mir von Seeleuten gemacht hatte. Er kam denn auch – wie mir der Steuermann erzählte – von einem Schulschiff, diese Reise war seine erste selbständige. Sein Gesicht war scharf geschnitten und gescheit, seine Bewegungen waren rasch und lebhaft. Wie ich später erfahren sollte, war er tatsächlich der einzige vorn und achtern, der etwas von einem Seemann hatte.
    Der größte Teil der Mannschaft war noch nicht an Bord gekommen, mußte aber – wie mir der Steuermann knurrend und in einem Ton, der böse Vorahnungen enthüllte, versicherte – jeden Augenblick eintreffen. Die bereits an Bord Befindlichen waren mehr zufällige Leute, die in New York ohne Vermittlung eines Heuerbaas angemustert hatten. Und wie die eigentliche Mannschaft sein würde, das wüßte Gott allein, sagte der Steuermann. Knirps, der japanisch-(oder malaiisch-) italienische Mischling, erzählte der Steuermann, sei ein tüchtiger Seemann, obgleich er bisher nur auf Dampfschiffen gefahren und dies seine erste Reise auf einem Segler sei.
    »Richtige Seeleute!« schnaufte Pike höhnisch, als ich ihn fragte, »die kriegen wir überhaupt nicht. Nur Landratten! Jeder Bauerntölpel und Kuhtreiber nennt sich heutzutage Seemann. Das ist der Dreh, womit sie ihre Ansprüche begründen und sich bezahlen lassen. Der Kauffahrteidienst ist zum Deibel gegangen. Es gibt überhaupt keine Seeleute mehr.«
    Ich merkte, daß der Atem des Steuermanns stark nach Whisky roch. Aber er taumelte nicht und schien überhaupt nicht berauscht zu sein. Erst später sollte ich erfahren, daß seine Gesprächigkeit bei dieser Gelegenheit etwas Außergewöhnliches war und daß nur der Alkohol ihm die Zunge gelöst hatte.
    »Aber ich hörte doch«, meinte ich, »daß die Elsinore als eines der besten Segelschiffe gilt.«
    »Ist sie auch. Aber was ist sie schließlich? Nur eine verfluchte Warenkiste. Herrgott! Ja, die guten alten Klipper – das war noch was anderes! Wenn ich an die denke! Und wenn ich an die Flotten der Teeklipper denke, die in Hongkong zu laden pflegten! Ein schöner Anblick! Herrlich!«
    Ich lauschte mit lebhaftem Interesse. Hier war tatsächlich ein Mensch, ein lebender Mensch. Ich hatte es durchaus nicht eilig, in die Kajüte zu kommen, wo Wada meine Sachen auspackte. Deshalb setzte ich meinen Spaziergang mit Herrn Pike an Deck fort. Er war ein Riese, breitschultrig, von schwerem Knochenbau. Trotz seiner schlechten Haltung maß er reichlich seine sechs Fuß. Ich warf einen verstohlenen Blick auf seine knochigen Hände. Jeder von seinen Fingern wog drei von den meinen auf. Sein Handgelenk war dreimal so stark wie das meine.
    »Wieviel wiegen Sie?« fragte ich.
    »Hundertneunzig. Aber in alten Tagen, in meiner besten Zeit, da kam ich beinahe auf zweihundertzwanzig.«
    »Und die Elsinore kann also nicht laufen?« sagte ich, auf das Thema zurückkommend, das ihn so sehr interessiert hatte.
    »Ich wette, was Sie wollen – von einem Pfund Tabak bis zu einer Monatsheuer –, daß sie mindestens ihre hundertfünfzig Tage um Kap Hoorn herum braucht«, antwortete er. »Aber mit der Flying Cloud habe ich die Fahrt in achtundneunzig Tagen gemacht… achtundneunzig Tage, mein Herr, von Sandy Hook bis Frisco. Und sechzig Mann vor dem Mast, sechzig Mann, die Männer waren, und acht Jungens! Dreihundertvierundsiebzig Meilen an einem Tag unter Bramsegeln, und in den Böen genügten achtzehn Knoten der Logleine nicht zum Messen. Achtundneunzig Tage – ein Rekord, der nie geschlagen und auch nur einmal erreicht wurde, neun Jahre später von dem alten Andrew Jackson.«
    »Wann hat dieser Andrew Jackson denn den Rekord erreicht?« fragte ich. Denn ich begann den Verdacht zu hegen, daß er mich gründlich aufziehen wollte.
    »Achtzehnhundertsechzig«, antwortete er prompt.
    »Und Sie segelten mit der Flying Cloud neun Jahre früher? Und jetzt haben wir 1913. Dann wäre es also zweiundsechzig Jahre her…«
    »Und ich war erst sieben Jahre alt«, sagte er und lachte. »Meine Mutter war Stewardeß auf der Flying Cloud. Ich kam auf hoher See zur Welt. Mit zwölf Jahren wurde ich Schiffsjunge auf der Herald, als sie Kap Hoorn in neunundneunzig Tagen machte… die halbe Mannschaft lag die meiste Zeit in Eisen, fünf Mann

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