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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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gingen über Bord, drei Mann wurden an einem Tage von den Offizieren niedergeknallt, der Untersteuermann totgeschlagen, und kein Mensch ahnte, von wem. Aber die Mannschaft wurde angetrieben und gehetzt, unaufhörlich, neunundneunzig Tage von Land zu Land, eine Fahrt von siebzehntausend Meilen, und zwar Ost zu West um das verfluchte Kap herum!«
    »Dann wären Sie ja neunundsechzig Jahre alt«, wandte ich ein.
    »Bin ich auch«, erklärte er stolz. »Und doch ein anderer Kerl als die Waschlappen von heute. Die würden samt und sonders verrecken bei dem, was ich durchgemacht habe.«
    Ich trottete neben diesem mächtigen Überbleibsel vergangener Zeiten an Deck auf und nieder und lauschte seinen Erinnerungen aus jenen Tagen, da man noch Männer getötet und wie Vieh zur Arbeit angetrieben hatte. Es war kaum zu glauben – und doch, wenn ich seine schlechte Haltung und die Art, wie er beim Gehen die riesigen Füße nachschleppte, betrachtete, war ich geneigt zu glauben, daß er so alt war, wie er sagte. Er sprach jetzt von Kapitän Sonurs.
    »Das war ein großer Seemann – «, sagte er. »Und in den beiden Jahren, die ich mit ihm fuhr, gab es nicht einen einzigen Hafen, den wir anliefen, ohne daß ich von Bord ging und mich versteckte… wenn das Schiff aber den Hafen verlassen sollte, schlich ich mich wieder an Bord…«
    »Aber warum in aller Welt taten Sie das?«
    »Na, der Mannschaft wegen… die Mannschaft hatte blutige Rache geschworen, sie drohte mit Haufen von Anzeigen gegen mich, weil ich meine eigene Art habe, die Leute zu Seeleuten zu erziehen. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich auf frischer Tat gefaßt worden bin, und wie viele Strafen der Schiffer meinetwegen hat zahlen müssen… aber ich hatte doch dafür zu sorgen, daß das Schiff so viel Geld verdiente…«
    Er hielt seine riesigen Pranken in die Höhe; als ich die zerkämpften und mißgestalteten Knöchel sah, wußte ich, welcher Art seine Arbeit gewesen war…
    »Aber jetzt ist es aus damit«, klagte er. »Heutzutage ist der Seemann ein feiner Herr. Man darf keine Hand, nicht mal die Stimme gegen ihn erheben.«
    In diesem Augenblick wurde er vom Kampanjebogen aus angerufen. Vom Untersteuermann – einem starkknochigen, glattrasierten, blonden Mann von Mittelgröße.
    »Schlepper mit der Mannschaft in Sicht, Steuermann!« meldete er.
    Der Steuermann grunzte bestätigend; dann fügte er hinzu: »Kommen Sie mal, Herr Mellaire, ich möchte Sie mit unserm Fahrgast bekannt machen.«
    Es war auffallend, wie der Untersteuermann, Herr Mellaire, die Kampanjetreppe herunterkam, um sich an unserer Unterhaltung zu beteiligen. Er war von einer altmodischen Höflichkeit, seine Stimme war sanft und angenehm. Seiner Sprache nach stammte er unzweifelhaft aus der Gegend südlich von Mason und Dixon.
    »Aus dem Süden?« fragte ich.
    »Aus Georgia, Herr.« Er verbeugte sich und lächelte, wie nur ein Mann aus dem Süden katzbuckeln und lächeln kann. Sein Gesicht und seine Manieren waren liebenswürdig und nett – und doch hatte ich nie einen solchen Mund gesehen! Dieser Mund war ein klaffender Spalt. Es gibt einfach kein anderes Wort, womit man diesen herben, verzerrten Mund mit den dünnen Lippen, die so liebenswürdig sprachen, hätte bezeichnen können. Unwillkürlich sah ich mir seine Hände an – sie ähnelten denen des Steuermanns. Auch sie waren zerschlagen. Dann sah ich ihm tief in die blauen Augen. Auf ihrer Oberfläche lag eine leuchtende Schicht, ein strahlender Überzug von sanfter Liebenswürdigkeit. Aber ich spürte, daß hinter dieser Oberfläche etwas anderes liegen mußte, etwas, das weder Wahrheit noch Gnade kannte. Unter diesem sanften Glanz barg sich etwas Katzenhaftes, Feindliches, Mörderisches. Hinter dieser Schicht von liebenswürdigem Lächeln und gesellschaftlichem Schein lebte das Furchtbare, das diesen Mund zu dem klaffenden Spalt gemacht hatte. Was ich in diesen Augen an Widerstand und Fremdheit fühlte, ließ mich frösteln.
    Als ich so Angesicht zu Angesicht mit Mellaire stand und mich freundlich mit ihm unterhielt, hatte ich das Gefühl, das uns ergreift, wenn wir im Walde oder in der Dschungel merken, daß wilde Tiere uns beobachten, ohne daß wir selbst sie sehen. Offen gestanden fürchtete ich mich vor diesem Etwas, das tief im Schädel Mellaires auf der Lauer lag.
    Ich sah Wada in der Kajütentür. Offenbar wartete er auf eine Gelegenheit, mich um Anweisungen zu bitten. Ich schickte mich an, zu ihm zu gehen. Pike warf mir einen

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