Michel bringt die Welt in Ordnung
schlagen!«
»Wie ist das, ist das ungefähr so wie die Pest?«, fragte Michel.
Von der Pest hatte Krösa-Maja erzählt. Sie kannte alle Krankheiten und Seuchen und die Pest war etwas Furchtbares, hatte sie gesagt. Einmal, vor langer Zeit, hatte sie so gut wie alle Menschen in Småland umgebracht – wenn nun Typhus genauso schrecklich war! Krösa-Maja dachte ein bisschen nach.
»Ja, es ist wohl ungefähr so wie die Pest«, sagte sie zufrieden. »Ich weiß nicht genau, aber ich meine, dass sie zuerst blau im Gesicht werden, und dann sterben sie. Ja, Tüfis, das ist eine schlimme Krankheit, ach, ach, ach!«
Aber dann hörte sie von Linas Zahnschmerzen und dem Elend mit ihren dicken Backen, ausgerechnet zum Kirchenkaffee, und sie versprach, dass sie nach Katthult kommen würde, so schnell sie konnte.
Michel ging nach Hause und da fand er Lina auf der Küchentreppe, über die Zahnschmerzen jammernd, und neben ihr standen, völlig ratlos, Alfred und Klein-Ida.
»Du musst wohl doch zu Zahn-Pelle gehen«, sagte Alfred.
Zahn-Pelle, das war der Schmied in Lönneberga, der den Lönnebergern schmerzende Zähne mit seiner großen, grausigen Zange auszog.
»Wieviel nimmt er, wenn er einen Zahn zieht?«, fragte Lina zwischen ihren Schluchzern.
»Fünfzig Öre die Stunde«, sagte Alfred und Lina schauderte es, als sie daran dachte, wie lange Zahnziehen dauern und wie teuer es werden konnte.
Aber Michel überlegte gründlich und sagte dann:
»Ich glaub, dass ich dir den Zahn billiger und auch schneller ziehen kann. Ich weiß, wie!«
Und dann erklärte er es Lina, Alfred und Klein-Ida.
»Ich brauche nur zwei Sachen, Lukas und einen langen, festen Zwirnsfaden. Das eine Ende binde ich um deinen Zahn, Lina, und das andere Ende hinten an meinen Gürtel. Dann galoppiere ich mit Lukas los – und plupp, fliegt der Zahn raus!«
»Plupp, ja, vielen Dank«, sagte Lina entrüstet. »Mit mir wird hier nicht galoppiert!«
Aber gerade da rumorte im Zahn ein Riesenschmerz, noch gemeiner als vorher, und das änderte Linas Meinung. Sie seufzte schwer.
»Wir können es ja versuchen. Gott möge mich Ärmste trösten«, sagte sie und ging den Zwirn holen.
Und dann machte Michel es, wie er gesagt hatte. Er führte Lukas zur Küchentreppe, und als die Sache mit dem Zwirnsfaden erledigt war, stieg er aufs Pferd. Die arme Lina stand angebunden hinter dem Pferdeschweif und plärrte und jammerte und der kleinen Ida schauerte es, aber Alfred sagte zufrieden:
»Jetzt warten wir nur noch auf das Plupp!«
Da sauste Michel im Galopp los.
»Oj, jetzt kommt es bald«, sagte Klein-Ida.
Aber es kam nicht. Denn wer auch im Galopp lossauste, das war Lina. Sie hatte schreckliche Angst vor dem Plupp, das kommen würde, sobald der Zwirnsfaden sich ausreichend spannte. Deshalb raste sie in ihrer Todesangst genauso schnell wie Lukas. Es half nichts, dass Michel ihr zuschrie, sie sollte stehen bleiben. Lina rannte, der Zwirnsfaden hing schlaff und es kam einfach kein Plupp.
Aber wenn Michel Lina helfen wollte, den Zahn loszuwerden, dann wollte er. Deshalb sprengte er in voller Fahrt auf den nächsten Zaun zu und mit einem Sprung setzte Lukas darüber hinweg. Dahinter kam Lina, vor Angst
fast irrsinnig, und tatsächlich, auch sie setzte über den Zaun! Klein-Ida, die dastand und zusah, sollte diesen Augenblick niemals vergessen, ihr ganzes Leben lang würde sie sich daran erinnern, wie Lina mit dicken Backen, wildem Blick und mit aus dem Mund hängendem Zwirnsfaden über den Zaun flog und wie sie schrie:
»Halt! Halt! Ich will nichts mehr wissen von dem Plupp!«
Nachher schämte sich Lina, dass sie alles verdorben hatte, aber jetzt war es zu spät. Nun saß sie wieder auf der Küchentreppe, immer noch im Besitz ihres Zahnes, und sah niedergeschlagen aus. Aber Michel gab nicht auf.
»Ich muss mir was anderes ausdenken«, sagte er.
»Ja, aber etwas, was nicht so schnell geht«, bat Lina. »Dieser elende Zahn braucht doch nicht mit einem Plupp rauszufliegen. Du kannst ihn vielleicht irgendwie rausdrehen!«
Und als Michel eine Weile nachgedacht hatte, wusste er, wie es zu machen war.
Lina musste sich am großen Birnbaum auf den Boden setzen und während die kleine Ida und Alfred neugierig zusahen, band Michel Lina mit einem kräftigen Strick ordentlich am Stamm fest.
»Jetzt kannst du nicht mehr so schnell laufen«, sagte er. Dann nahm er den Zwirnsfaden, der immer noch aus Linas Mund hing, und zog ihn zum Schleifstein, wo
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