Michel bringt die Welt in Ordnung
nicht!«
Für Lina war es nur gut, dass sie böse war, denn aus reiner Wut ging sie jetzt schnurstracks zu Zahn-Pelle. Der Schmied packte mit seiner grausigen Zange ihren Zahn und mit einem Plupp fuhr er heraus und Lina warf ihn wütend auf Pelles Misthaufen und dann ging sie nach Hause.
Nun darf keiner glauben, dass Michel inzwischen untätig war. Alfred hatte sich unter dem Birnbaum ins Gras gelegt, um zu schlafen, mit ihm zusammen konnte er im Augenblick keinen Spaß haben. Deshalb ging er mit der kleinen Ida in die Kammer. Er meinte, sie könnten ja eine Weile spielen, bis Papa und Mama von der Kirche zurückkommen würden und es mit dem Kirchenkaffee losgehen würde.
»Wir können spielen, dass ich der Doktor aus Marian-
nelund bin«, sagte Michel. »Und du bist ein kleines krankes Kind, das ich heilen soll.« Ida war sofort einverstanden. Sie zog sich aus und legte sich ins Bett und Michel guckte ihr in den Hals und horchte ihre Brust ab und war genau wie der Doktor aus Mariannelund.
»Was für eine Krankheit habe ich?«, fragte Ida.
Michel dachte nach und plötzlich wusste er es.
»Du hast Tüfis«, sagte er. »Das ist eine schreckliche Krankheit.«
Aber dann fiel ihm ein, was Krösa-Maja gesagt hatte – dass man bei Typhus wahrscheinlich im Gesicht blau wird. Und ordentlich, wie Michel in solchen Sachen war, sah er sich nach etwas um, was ihm helfen konnte, Ida die richtige Krankheitsfarbe zu geben. Hinten auf der Kommode stand Mamas Tintenfass, das sie brauchte, wenn sie Michels Streiche in ihrem Schreibheft aufschrieb und wenn sie Briefe schrieb und zum Kirchenkaffee einlud. Der Zettel, auf dem seine Mama die Einladung vorgeschrieben hatte, lag übrigens auch auf der Kommode. Michel las dieses »Bitten freundlich« und er bewunderte seine Mama, die so gut schreiben und sich so vornehm ausdrücken konnte. Das war anders als bei diesem Adrian, der gerade hinkriegte, dass er »einen Behren gesen« hatte.
Jetzt brauchte seine Mama das Vorgeschriebene ja nicht mehr, also knüllte Michel das Papier zu einem kleinen Ball
zusammen, den er in das Tintenfass hineinzwängte. Als sich das Papier genug mit Tinte vollgesogen hatte, fischte er den Ball heraus, nahm ihn zwischen die Fingerspitzen und näherte sich Ida.
»Jetzt, Ida, sollst du sehen, was Tüfis ist«, sagte er und Ida kicherte entzückt.
»Kneif die Augen zusammen, damit du keine Tinte reinkriegst«, sagte Michel und dann malte er Klein-Ida das ganze Gesicht hübsch blau an. Aber umsichtig wie er war, malte er nicht dicht an den Augen; dort sparte er Idas eigene Farbe aus und es blieben ein Paar große weiße Löcher. Und diese weißen Löcher in dem Blau gaben Ida ein so furchtbar krankes Aussehen, dass Michel Angst bekam – sie glich ja beinahe so einem kleinen Gespensteraffen, wie er ihn auf einem Bild in dem Buch »Das Leben der Tiere« beim Pastor gesehen hatte.
»Hu«, sagte Michel, »Krösa-Maja hat Recht, Tüfis ist eine schreckliche Krankheit!«
In diesem Augenblick kam Krösa-Maja aus dem Wald angestiefelt und am Katthultzaun traf sie Lina, die von ihrem Besuch bei Zahn-Pelle zurückkam.
»Wie geht’s«, fragte Krösa-Maja interessiert, »tut der Zahn immer noch weh?«
»Das weiß ich nicht«, sagte Lina.
»Weißt du nicht? Wie meinst du das?«
»Nee, denn das Luder liegt auf Zahn-Pelles Misthaufen. Aber ich hoffe, da liegt er und hat Schmerzen, dass es in ihm schreit.«
Lina war froh und längst nicht mehr so pausbäckig wie vorher. Sie ging zum Birnbaum, um Alfred die Zahnlücke zu zeigen, und Krösa-Maja ging weiter, um in der Küche alles für den Kaffee vorzubereiten. Sie hörte die Kinder in der Kammer und wollte gern Klein-Ida begrüßen, die ihr Liebling war.
Aber als sie ihren Liebling dort so hässlich blau gegen das weiße Kissen im Bett liegen sah, da schrie sie laut auf.
»Was um Himmels willen … «
»Das ist Tüfis«, sagte Michel mit einem leichten Grinsen.
Im selben Augenblick hörte man draußen auf dem Weg die Wagen poltern. Sie kamen aus der Kirche, Michels Mama und Papa und alle ihre Gäste mit dem Pastor voran. Und sobald sie am Stall abgeschirrt hatten, zogen sie kaffeedurstig und erwartungsvoll zum Wohnhaus hinüber. Aber auf der Treppe stand Krösa-Maja und schrie mit schneidender Stimme:
»Fahrt von hinnen! Fahrt von hinnen! Wir haben Tüfis auf dem Hof!«
Alle zuckten zurück und blieben bestürzt und ängstlich stehen, aber Michels Mama fragte:
»Was
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