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Milchschaum

Milchschaum

Titel: Milchschaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler
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umbringen.
    Elsie Kraft war eine ganze Stunde lang im Pfarrhaus befragt worden. Sie war als Pfarrer Winzigs Haushälterin angemeldet, kochte für ihn, machte seine Wäsche und sein Bett. In diesem ganz privaten und persönlichen Bereich des Pfarrers hatte Elsie die amtierende Frauenbundvorsitzende komplett aus dem Feld geschlagen, auch wenn Rosie demonstrativ den antiken Isfahan im Pfarrbüro saugte und das Badezimmer des Pfarrers mit Schimmel-Ex behandelte, auch wenn sie noch so viele Kuchenstücke für Hochwürden auf die Kredenz im Wohnzimmer stellte.
    Elsie Kraft sagte aus, sie habe den Pfarrer zum letzten Mal lebend gesehen, als sie am Grab des Bürgermeisters »Jesus lebt« sang. Wie nach jeder Beerdigung sei der Pfarrer daraufhin mit den Ministranten auf dem Hauptweg zum Friedhofstor geschritten.
    Dazu aufgefordert erzählte Elsie Kraft dem Kommissar, sie nehme an, dass die Gruppe quer über den Birkenplatz geradewegs auf die Kirche zu und dort direkt zur Sakristei gegangen sei, um sich die Chorhemden und, soweit es den Pfarrer betraf, das Messgewand auszuziehen. Sie selbst habe noch Weihwasser auf den Sarg des Bürgermeisters gesprenkelt, sei dann durch den Nebenausgang des Friedhofs geeilt und an der Südseite des Birkenplatzes entlang zum Dorfwirtshaus gelaufen, wo eine warme Gaststube auf die Trauergäste wartete. Sie sei eine der Ersten gewesen, die dort ankamen.
    Mehr aber war von Elsie nicht zu erfahren gewesen. Auf die Frage, wieso Pfarrer Winzig in vollem Ornat noch mal ans Grab des Bürgermeisters zurückgekehrt war, antwortete sie, dass sie keinen Schimmer habe. Und als Antwort auf die Frage, warum Pfarrer Winzig wohl erschlagen worden war, brach sie in Tränen aus.
    Nach Elsie sprach der Kommissar mit dem Gastpriester, der ein Zimmer im ersten Stock des Pfarrhauses bewohnte. Dabei erfuhr der Beamte, dass der junge Geistliche Yawovi Agbouibo hieß, aus Togo kam und seit Winzigs Tod dessen Pflichten übernommen hatte. Dazu gehörte auch, sich von Elsie Kraft das Bett machen und den Wäschekorb leeren zu lassen. Dazu gehörte es, übersüße Aufläufe und fette Fleischstücke aus Elsies Töpfen zu verspeisen, dazu gehörten Milchwecken von Elsie und Butterhörnchen von ihrer Rivalin Rosie Hübler.
    Pfarrer Winzig war noch keine zehn Tage tot, aber Fanni, die Togo-Franz im Pfarrbrief abgebildet sah, schien es, als hätten Elsie und Rosie bereits sichtliche Erfolge darin erzielt, ihn zu mästen.
    Kaum hatte der Kommissar Togo-Franz seinen Verpflichtungen zurückgegeben, machte in Birkdorf die Runde, was zwischen den beiden gesprochen worden war.
    Kein einziger Birkdorfer kam umhin zu bemerken, wie verdächtig sich Togo-Franz während der Unterredung mit dem Kommissar gemacht hatte: Der Gastpriester erwähnte angeblich mit keiner Silbe, dass er auf dem Friedhof gewesen war, als die Schützen den Tod des Pfarrers feststellten.
    Warum?
    »Kann er sich denn nicht denken, dass es längst herausgekommen ist, wie er Fersengeld gab? Der halbe Schützenverein hat ihn leibhaftig über den Gottesacker rennen sehen«, fragten die Unschlüssigen verwundert.
    »Vogel-Strauß-Politik«, antworteten die Überzeugten. »Er war’s, er hat unseren Pfarrer erschlagen, und jetzt steckt er den Kopf in den Sand.«
    Kein einziger Birkdorfer hielt sich indes mit der Frage auf, wie der Inhalt des Gesprächs zwischen dem Beamten und Togo-Franz durch die Wände des Pfarrhofs sickern konnte. Jedem war klar: Elsie hatte gelauscht.
    Zu Fanni gelangte das Gros der Neuigkeiten mit gut vierundzwanzigstündiger Verspätung.
    Frau Praml klingelte sie am Dienstag, den 4. März, vom Hemdenbügeln weg, um sie ihr aufzutischen.
    »Lieber Himmel, wenn er ihn erschlagen hat«, stöhnte Frau Praml und presste beide Hände auf den Mund.
    »Togo-Franz?«, fragte Fanni nach. »Den Pfarrer Winzig?«
    Frau Praml nickte mit vor Entsetzen geweiteten Augen.
    »Wie kommen Sie bloß auf so was?«, fragte Fanni.
    »Er war doch auf dem Friedhof zur … zur Tatzeit … die Schützen haben ihn doch gesehen … kurz darauf jedenfalls.«
    Fanni biss die Zähne zusammen, um keinen unbedachten Laut entwischen zu lassen. Würde Frau Praml und mit ihr der gesamte Frauenbund auch sie verdächtigen, falls sie erführen …
    Ganz Birkdorf wird mit dem Finger auf dich zeigen! Aber damit nicht genug! Die Kripo wird sich fragen, ob du vielleicht mit Pfarrer Winzig eine Rechnung offen hattest!
    »Meine Güte, Frau Praml, der Friedhof ist riesig«, sagte Fanni

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