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Milner Donna

Milner Donna

Titel: Milner Donna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: River
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religiös. Jeden Sonntag setzte er uns, bevor er mit seiner Milchauslieferung begann, bei St. Anthony’s ab. Wenn er seine Tour beendet hatte, sammelte er uns wieder ein. Falls das Wetter und die Straßenverhältnisse es erlaubten und die Arbeiten zu Hause erledigt waren, fuhr er für eine spätere Messe noch einmal in die Stadt. Mom begleitete ihn dann, und so besuchte sie gleich zwei Gottesdienste.
    Zu seinen sporadischen Kirchenbesuchen äußerte sie sich nicht. Sie wusste, dass die Farm Vorrang hatte: vor der Kirche, vor den Freunden, vor der Familie, vor allem. Doch er schloss sich uns jeden Abend zum Rosenkranzbeten im Salon an, und wenn meine Eltern zu Bett gingen, hörte ich sie oft einträchtig Gebete murmeln. Ich stellte mir vor, wie sie neben ihrem Himmelbett wie Bilderbuchkinder knieten, die Hände gefaltet, die Köpfe gesenkt.
    Gebete waren nicht alles, was ich hörte.
    Meine Brüder, die nie darüber sprachen, müssen es auch gehört haben. Später, als ich selbst Mutter war, habe ich mich oft über die Sorglosigkeit meiner Eltern in diesem Punkt gewundert.
    Sie unterhielten sich selten in ihrem Schlafzimmer. Die einzigen Worte, die ich verstand, waren ein flüchtiges »Gute Nacht, Gus« und »Gute Nacht, Nettie«. Dann hörte ich das lang gezogene Stöhnen der Sprungfedern, während sie in ihr Bett stiegen. Und manchmal ein rhythmisches Quietschen und gedämpfte animalische Laute, auf die ein paar Augenblicke der Stille folgten, ehe das kehlige Schnarchen meines Vaters und vielleicht ein Niesen meiner Mutter durch die Nacht drangen.
    Erst Jahre später, als ich meine Mutter beobachtete, wie sie sich in den Tagen nach dem Tod meines Vaters zusammennahm, begriff ich, dass sie immer dann niesen musste, wenn sie ihre Tränen zurückhielt. Ich glaube nicht, dass es meinem Vater jemals aufgefallen ist.
    Er schien es ebenso wenig zu bemerken wie ihre nächtlichen Wanderungen.
    Oft weckten mich protestierende Sprungfedern, und dann hörte ich die Schritte meiner Mutter, wie sie das Elternschlafzimmer verließ. Manchmal schlich ich mich die Treppe hinunter unter dem Vorwand, ins Badezimmer zu müssen. Wenn Mom nicht mit einer Tasse Tee und einem Buch am Küchentisch saß, machte ich mich auf die Suche nach ihr. Ich ging auf Zehenspitzen durch das Dunkel, bis ich sie fand, entweder im Wintergarten hinter dem Salon oder auf der vorderen Veranda, wo sie in die Nacht hinaus starrte. Sobald ich sie gesehen hatte, stahl ich mich wieder nach oben. Niemals hörte ich, dass mein Vater aufgestanden und ihr nachgegangen wäre und sie gebeten hätte, wieder ins Bett zu kommen.
    Tagsüber war es eine andere Geschichte. Da waren meine Eltern keineswegs über öffentliche Bekundungen ihrer Zuneigung erhaben. Sie nutzten jeden Vorwand, um Händchen zu halten oder sich zu umarmen. Wie ein Teenager saß Mom stets neben Dad im Truck. Dann reckte er das Kinn, und wenn er halb zufällig, halb absichtlich mit dem Schaltknüppel Moms nacktes Bein streifte, stieß er einen Pfiff aus wie ein halbwüchsiger Schuljunge. Am Küchentisch tätschelte meine Mutter Dads Schulter oder streichelte seinen Arm, während sie sich über Geschäftliches unterhielten. Und wann immer sie gemeinsam unterwegs waren, gingen sie Hand in Hand. Doch es hatte den Anschein, dass alle persönlichen Gespräche vor ihrer Schlafzimmertür endeten und sie zu intimen Fremden wurden. Ich kann mir ihre wunderlichen Paarungsakte nicht vorstellen, aber wahrscheinlich wurden sie mit ganzen Schichten von Nachtkleidern vollzogen. Immerhin führten sie dazu, dass meine Mutter bereits mit sechsundzwanzig Jahren vier Kinder zur Welt gebracht hatte.
    Jahre später, nach dem Tod meines Vaters, erzählte mir meine Mutter – während eines von Kummer und Wein in Gang gesetzten nächtlichen Gesprächs, in dessen Verlauf sie ihr Herz ausschüttete –, dass sie meinen Vater niemals ohne Kleider zu Gesicht bekommen und dass auch er sie niemals nackt gesehen habe. Aus der Art, wie sie das sagte, hörte ich heraus, dass es nicht an ihr gelegen hatte. Ich stellte mir meine Mutter vor, wie sie hinter der Tür ihres Kleiderschranks aus ihrem gemusterten Kleid schlüpfte und sich ein bodenlanges Baumwollnachthemd über den Kopf zog. Und in der anderen Ecke sah ich vor meinem geistigen Auge, wie mein Vater sich bis auf seine wollene Unterwäsche auszog. Lange Unterhosen. Er trug sie wie eine zweite Haut, im Winter wie im Sommer; die einzige Zeit, die er ohne sie verbrachte, war

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