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Milner Donna

Milner Donna

Titel: Milner Donna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: River
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Ferkel bei dem Versuch, ihm im Wassertrog das Schwimmen beizubringen, fast ersäuft hatte. Und sie wusste, dass ich, als ich dreizehn war, meine erste Periode hatte. Auf die rosa Streifen in meinem Baumwollschlüpfer gab ich nicht weiter acht. Aber sie. Noch ehe ich wusste, dass ich sie brauchen würde, lagen eine große blaue Schachtel und ein Gummigürtel mit Haltern auf meinem Bett. Als mir klar wurde, wozu sie gedacht waren, glaubte ich, sie hätte es in meinen Teeblättern gelesen.
    Meine Mutter pflegte, wenn ihre Freundinnen sie besuchten, aus den Teeblättern wahrzusagen. An manchen Nachmittagen, wenn Dad und meine Brüder Heu machten oder Brennholz schlugen, sagte sie zu mir: »Komm, Natalie, wir veranstalten eine Teeparty.«
    Dann holte sie ihre guten Teetassen, das Porzellan ihrer Mutter, aus der Glasvitrine im Salon. Ich nenne ihn nur deshalb Salon, weil Mom ihn so nannte; eigentlich handelte es sich bloß um einen langen Raum neben der Küche, der zugleich als Esszimmer und Wohnstube diente. Mom stellte unsere Teetassen und die Kekse auf eine Ecke des riesigen Eichentischs, und dann nahmen »wir Frauen« uns einen freien Nachmittag, während »die Männer« arbeiteten. Nachdem ich meinen mit Milch gestreckten Tee getrunken hatte, ließ sie mich die Tasse in der Untertasse auf den Kopf stellen und dreimal umdrehen. Dann las sie aus den Blättern meine Zukunft und meine Geheimnisse heraus.
    Jahre später, als ich selbst eine Tochter hatte, begriff ich, dass es die Schmutzwäsche war, die alle unsere Geheimnisse verraten hatte.
    Deshalb frage ich mich, wenn ich an all das zurückdenke, was nach jenem Sommertag geschah, wie es möglich war, dass sie es nicht vorhergesehen hatte.

3
     
    Oktober 2003
     
    M EINE M UTTER LIEGT IM S TERBEN. Sie droht seit fünf Jahren damit. Dieses Mal ist es ihr, glaube ich, ernst.
    Das höre ich aus Boyers Worten heraus: »Sie fragt nach dir, Natalie.«
    Noch halb im Schlaf, bin ich nicht auf die ruhige Freundlichkeit in der Stimme meines Bruders vorbereitet. Ich kann mich nicht erinnern, wann wir zuletzt miteinander telefoniert haben. Es dauert einen Augenblick, bis ich Stimme und Nachricht zusammenbringe und das betretene Schweigen durch eine Antwort beende.
    So steht es zwischen Boyer und mir. Unsere Gespräche sind gestelzt, stockend. Bei den seltenen Gelegenheiten, wenn wir zusammenkommen, schneiden wir uns ständig gegenseitig das Wort ab. Es ist, als fürchteten wir uns vor jedem Versuch, den Schaden wiedergutzumachen; den Schaden, der Wunden hinterlassen hat und Narben, die so glatt und ausgeheilt sind, dass ein noch so sachtes Ritzen dem Versuch gleichkäme, mit einem Messer in unversehrtes Fleisch zu stechen. Deshalb tasten Boyer und ich, wenn wir uns im Laufe meiner überfallartigen Besuche in Atwood begegnen, sorgsam nach belanglosen Worten; wir reden über das Wetter, die Straßenverhältnisse, meine Fahrt. Nur nicht über das, was zwischen uns steht.
    »Ich denke, du solltest besser kommen«, sagt er jetzt. Es ist das erste Mal seit über vierunddreißig Jahren, dass mein Bruder mir einen Rat erteilt. Seine Worte reichen aus – sind schon zu viel.
    »Ich bin morgen da«, sage ich, und wir murmeln etwas zum Abschied. Er lädt mich nicht ein, draußen auf der Farm zu übernachten, und ich bitte ihn nicht darum.
    Nachdem ich aufgelegt habe, dreht sich Vern zu mir um und legt mir die Hand auf den Rücken.
    »Es ist meine Mutter«, sage ich ins Dunkel hinein. »Ich muss nach Atwood fahren.«
    »Ich bringe dich hin.«
    Vern schaltet die Lampe über dem Kopfteil an. So ist mein Mann. Kein Zögern, keine Fragen, nur ein direktes Zusteuern auf all das, was angepackt werden muss.
    Ich versuche zu lächeln: »Nein, es ist schon okay, ich kann den Bus nehmen.«
    Das Flugzeug kommt nicht in Betracht, und zwar nicht nur wegen meiner Flugangst. Wir leben in der Nähe der Stadt Prince George, im Herzen von British Columbia. Atwood liegt im südlichsten Teil der Provinz. Es gibt keine Direktflüge. Mit einer Übernachtung in Vancouver dauert die Reise zwei Tage.
    Vern setzt sich auf und lehnt sich gegen die Kissen, während ich aufstehe. Ich weiß, was jetzt kommt. Wir haben dieses Gespräch schon häufig geführt. Obwohl Vern und ich seit fast zehn Jahren zusammen sind, ist er nicht in Atwood gewesen. Hat niemals meine Mutter kennengelernt. Auch Boyer nicht.
    »Ich möchte mitkommen, Natalie«, sagt er, »für ein paar Tage können John und Ralph die Belegschaft

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