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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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bestürztem
Schweigen aufgenommen.
    Gleich
bekam Mrs. Armitage einen ihrer Krämpfe und mußte mit Hirschhornsalz und einem
Büschel Federn, das man unter
ihrer Nase verbrannte, wieder zu sich gebracht werden. Annabelle, die
zweitälteste, beneidete ihre Schwester ein wenig. Die Jungen blickten betrübt
und stießen an die Tischbeine, und die kleineren Mädchen begannen zu
schluchzen. Minerva hatte es fertiggebracht, die ganze Familie zu verwöhnen.
    »Was sollen
wir ohne Merva machen?« klagten die Jüngeren. Merva war Minervas Kosename.
    »Das sind
ja ziemlich überraschende Neuigkeiten«, sagte Minerva mit ruhiger Stimme,
obwohl ihr Herz heftig klopfte. »Ich habe keinen Grund, nach London zu gehen.
Wenn du vorhast, mich zu verheiraten, muß ich dir entgegnen, daß ich noch jung
bin und es genug Männer in der Grafschaft gibt.«
    »Keine, die
reich genug sind«, antwortete der Pfarrer und nahm eine Prise Schnupftabak.
»Die Sache ist die, meine Liebe, daß wir alle bald im Schuldturm sitzen, wenn
du uns nicht rausholst. All diese schlechten Ernten. Die Gutshöfe liefern nicht
genug. Sonst bleibt uns nur die Wahl, uns einzuschränken. Und das heißt: keine
Schule für euch Jungen, keine hübschen Kleider und Kinkerlitzchen und«, fügte
er mit einem Blick auf seine Frau hinzu, »keine Behandlung mit all deinen
Allheilmittelchen da.«
    »Oh, hat
denn niemand Mitleid mit einer armen, kranken, alten Frau?« wimmerte die Frau
des Pfarrers.
    Die
Mitglieder der Familie Armitage schauten ihre Schwester nachdenklich an. Und je
mehr sie schauten, desto mehr verblaßte Minervas Bild auf ihrem Eßstuhl, um
einem Sack goldener Guineen Platz zu machen.
    »Das ist
Unsinn«, sagte Minerva mit einem Seufzer der Erleichterung. »Papa ist nicht
recht bei Trost! Papa macht Spaß. Wenn wir kein Geld haben, dann können wir
auch unmöglich die enorme Geldsumme für eine Saison in London aufbringen.«
    »Dafür
zahle ich nichts«, sagte der Pfarrer, wobei er mit einem Gänsekiel in seinen
Zahnlöchern herumstocherte. »Lady Godolphin wird für die Ausgaben aufkommen,
und sie kriegt ihr Geld auf Heller und Pfennig zurück, wenn du erst einen
reichen Mann geangelt hast.«
    »Lady
Godolphin?«
    »Sie ist um
dreizehn Ecken mit deiner Mama verwandt. Ich habe sie seit einer Ewigkeit nicht
mehr gesehen, aber sie hatte schon immer eine Schwäche für mich.«
    Minerva
schob eine widerspenstige schwarze Locke zurück. »Annabelle«, wandte sie sich
bittend an ihre Schwester, »du bist viel hübscher als ich. Willst du nicht
statt meiner gehen?«
    Annabelles
große blaue Augen blitzten vor Begeisterung, aber bevor sie ihren Mund öffnen
konnte, sagte der Pfarrer: »Kommt nicht in Frage. Sie hat blonde Haare, und
blonde Haare sind nicht in Mode. Außerdem ist sie zu jung. Schwarze Schönheiten
sind gefragt. Minerva wird die Männer erobern. Und schau her, Bella, wenn
Minerva eine gute Partie macht, kauft sie dir schöne Kleider, und Mrs. Armitage
kann zu allen berühmten Quacksalbern in London gehen, und ihr anderen jungen
Damen könnt so viele Zukkerpflaumen essen wie ihr wollt. Perry und James
können nach Eton gehen, was sie sich schon immer gewünscht haben und ...«
    So redete
er noch eine ganze Weile weiter. Der Pfarrer konnte bisweilen ganz schön
ungeschickt sein. Aber wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war ihm
jedes Argument recht, um sein Ziel zu erreichen.
    »Aber ich
wollte noch lange nicht heiraten«, protestierte Minerva. »Wenn überhaupt! Ich
würde gerne hier bleiben und dir und Mama eine Stütze sein, wenn ihr alt werdet.«
    »Wenn du
uns nicht zu Geld verhilfst«, argumentierte der Pfarrer, »werden wir schneller
alt, als uns lieb ist.« Minervas hübsches Gesicht drückte zugleich Wut und Frömmigkeit
aus. »Hast du Ihn gefragt?« fragte sie, nach oben zeigend.
    »Ja,
natürlich«, sagte der Pfarrer heiter, »und er ist ganz meiner Meinung. So ist
es!«
    Wieder
wurde es ganz still im Raum, und Minervas große graue Augen wanderten von einem
zum anderen. Die Kinder malten sich mit schlechtem Gewissen ein Leben ohne
Minerva aus: keine kargen Mahlzeiten mehr. Kein endloses Waschen und Schrubben
von Händen und Gesicht. Keiner würde ihnen die moralischen Predigten von
Porteous als Gutenachtgeschichten vorlesen. Peregrine und James wollten schon
immer gerne jagen, aber Minerva hatte es ihnen nicht erlaubt, weil sie noch
nicht alt genug seien. Aber jetzt ...
    Annabelle
sonnte sich schon im Glanz, das hübscheste Mädchen

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