Minerva - sTdH 1
ganz groß. Sie öffnete den Mund und wollte etwas sagen. »Noch
etwas Wein, meine Liebe«, sagte ihr Vater über ihre Schulter. Sie drehte den
Kopf und schaute zum Pfarrer hinauf. Er blinzelte ihr mit dem linken Auge zu.
»Nun, was
es auch war, was meinen zukünftigen Schwiegersohn zu uns geführt hat, es war
sicherlich das Werk Gottes«, sagte der Pfarrer fromm. »Meinst du nicht auch,
Minerva?«
»Oh, j-ja,
Papa«, stammelte Minerva. »Natürlich.«
Und als sie
den Kopf wandte und die glühende Liebe in Lord Sylvesters Augen sah, vergaß sie
alles andere.
Sie merkte
nicht einmal, daß Annabelle das Zimmer ver lassen hatte und daß der schöne
Marquis düster in sein Weinglas starrte.
Oben warf
sich Annabelle auf ihr Bett und weinte ins Kissen.
»Er hätte
mich erwählen sollen«, jammerte sie. »Wie konnte er so eine aufgeblasene
Zimperliese wie Minerva auch nur anschauen, wo ich im selben Raum war. Oh, ich
bin schrecklich ... fürchterlich.
Ich bin ein
ganz böses Mädchen.
Aber ich
will dich, Sylvester. Ich will dich für mich. Und Minerva ist nicht verheiratet
... noch nicht!«
An Minerva
An Minerva [3]
(aus dem Griechischen)
Mir pochen die Schläfen, es pulst das Blut,
Krank bin ich von der hehren Poesie –
Vergiß, Thyrsis [4] , die Arbeitswut,
Und laß uns schlemmen wie noch nie.
Ermattet ist mein Geist, mein Blick ist trüb,
Und nicht ein Vers will mir gelingen –
Drum, Pallas [5] , laß die Eule, die dir lieb,
Die Lerche flattre uns auf frohen Schwingen.
Thomas Hood (1844)
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