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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
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Tresen sitzen. Er hatte mich wohl vollkommen vergessen, gab mit großzügiger Geste eine Runde nach der anderen aus, lachte lauthals, und wenn der stampfende Beat der Musik einmal zur Ruhe kam, schnappte ich in Wortfetzen tatsächlich sein em đẹp lắm und anh yêu em auf, was die Mädchen mit einem kichernden Lachen quittierten. Schließlich zogen drei von ihnen Jürgen auf die Tanzfläche, was ihm sichtlich nur scheinbar widerstrebte. Denn kaum fing er an zu
schwofen, bekam das Wort Tanzbär für mich eine völlig neue Bedeutung: Mit einer eigentümlich tapsigen Eleganz und Behändigkeit bewegte er seinen massiven Korpus zum Rhythmus. Um Jürgen herum schwirrten seine drei Anhängsel, die zusammen nicht so viel Gewicht auf die Waage brachten wie er alleine. Belustigt verfolgte ich das Geschehen. Der Mann war wirklich immer für eine Überraschung gut.
    Doch es war nicht der skurrilste Anblick, der sich mir an diesem Abend bieten sollte. Wenige Minuten nachdem Jürgen mit seiner Darbietung begonnen hatte, raunte mir eine tiefe Stimme zu: »Na Süßer, willst du nicht auch ein wenig tanzen?« Ich drehte mich um und erstarrte. Der Mund, dem diese Worte entschlüpft waren, zeigte fast keine Zähne mehr. Er saß in einem aufgeschwemmten Gesicht, das von wirren Haarsträhnen umrahmt wurde und durch zentimeterdickes, blasses Make-up geradezu gespenstisch und maskenhaft wirkte. Dass das rechte Auge trüb und bewegungslos ins Nichts starrte, während das linke mich erwartungsvoll fixierte, verstärkte diesen Eindruck noch.
    Ihren unförmigen Körper hatte die Frau, sie mochte bereits um die fünfzig sein, in einen engen Fummel gezwängt. Obwohl? War es überhaupt eine Frau? War ihre Stimme wirklich nur vom Rauch der Zigaretten so tief geworden, den sie fleißig inhalierte? Und sprossen auf ihrer Oberlippe nicht ein paar dünne Härchen?
    Man kann mir wohl keinen mangelnden Entdeckergeist vorwerfen, dass ich die wirklich Aufschluss gebenden Gebiete dieses Körpers auf keinen Fall erforschen wollte. Zugegeben, auch ich präsentierte mich nicht gerade in bestechender Form: Mein Hemd stank nach Schweiß, meine Haare nach Grillrauch, mein Atem nach Knoblauch und Bier - doch das
Wesen, das sich da an mich ranrobbte, spielte definitiv noch einmal in einer anderen Liga.
    Flucht schien mir ein probates Mittel, der Situation zu entkommen. Doch gerade als ich mich wegdrehte, umklammerte ein eisenharter Griff mein Handgelenk.
    »Komm! Lass uns ein wenig Spaß haben!«
    Mit ungeahnter Kraft zog sie mich auf die Tanzfläche. Dort stand ich steif und verloren herum, während die Frau sich vor mir in Posen warf, die sie wohl für verführerisch hielt. Hilfe suchend sah ich mich um und bemerkte, wie Jürgen zu mir herüberblickte. Dann beugte er sich zu seinen Mädchen und deutete in meine Richtung. Rettung nahte in Form der kleinsten von ihnen. Mit resolutem Schritt kam sie auf mich zu.
    »Die ist verrückt. Komm besser zu uns«, zischte sie mir zu und drängte mich zu ihrer Gruppe.
    Ich konnte mich nicht des Eindrucks erwehren, dass ich mich an meinem ersten Abend in Saigon von allen Leuten nur herumschubsen ließ, dennoch kam mir das beherzte Eingreifen der kleinen Dame gelegen.
    Plötzlich Chaos. Schreie. Fliegende Fäuste. Die Alte hatte sich den Pferdeschwanz meiner Retterin geschnappt und versuchte, sie daran zu Boden zu ziehen. Dabei ließ sie eine Kaskade an Unflätigkeiten auf ihr Opfer herunterprasseln, die noch keinen Eingang in meinen vietnamesischen Wortschatz gefunden hatten. Das Mädchen schlug derweil - ebenfalls laut schreiend - mit ihren winzigen Fäustchen auf die Angreiferin ein. Obwohl die Musik unbeeindruckt weiter aus den Lautsprechern pumpte, hatten die meisten Leute aufgehört zu tanzen und blickten überrascht auf das Schauspiel. Der Vorhang fiel allerdings schnell, als Jürgen mit zwei, drei großen Schritten auf die ineinander verkeilten Frauen zustürmte, die
zappelnde Alte packte und sie ungeachtet ihrer anhaltenden Beschimpfungen zum Ausgang trug.
    »Kaum kommt Nick in die Stadt, ticken die Frauen hier völlig aus«, lachte Jürgen, als er wieder bei uns war. »Da hattest du aber auch ein Gerät an der Angel! Vom Feinsten!«
    Mir fielen keine passenden Worte ein, aber er fuhr schon fort: »Tut mir leid, dass ich dir die Früchte deiner Arbeit entreißen musste. Da bleibt dir nichts anderes übrig, als nach einer neuen Herzensdame Ausschau zu halten.«
    »Nein danke. Für heute verzichte ich

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