Miss Winbolt ist schockiert
wahrscheinlich auf dem Müll gelandet ist, deshalb!“
Eine furchterregende Stimme ließ sie zusammenzucken: „Was hat es mit diesem Schlüssel auf sich, Maria?“
Erschrocken fuhr sie herum und erblickte Kidman. Sein leidenschaftsloser Gesichtsausdruck konnte sie nicht täuschen. Sie hatte einmal miterlebt, wie er mit genau dieser Miene einen Mann so lange gefoltert hatte, bis dieser um Gnade gewinselt hatte.
„Kidman!“, rief sie nervös. „Wie schön, dich zu sehen! Es ist gut, dass du hier bist. Wir benötigen deine Hilfe.“
„Welcher Schlüssel?“ Er trat dichter an sie heran. „Erzähle es mir.“
„Ich … ich habe immer wieder über diese letzten Stunden bei Edric nachgedacht. Seine Äußerungen waren so durcheinander, und ich war schwer erschüttert. Kein Wunder, dass ich mich zunächst nicht an alles erinnern konnte. Die Erinnerungen waren so schmerzhaft. Das verstehst du doch, oder?“ Schweigend starrte er sie an, und fuhr fort: „Ich habe dir erzählt, dass er den Brunnen erwähnt hat.“
„Ja, das hast du mir erzählt, als ich Druck ausgeübt habe, aber nicht vorher.“
„Ich dachte zunächst, es wäre nicht so wichtig. Edric hat eine Menge Unverständliches gemurmelt. Doch kürzlich konnte ich mich daran erinnern, dass er nicht nur ‚Brunnen‘, sondern auch ‚Bild‘ gesagt hat. Daher habe ich nach einem Bild des Brunnens gesucht.“ Sie bemühte sich, ihn verführerisch anzulächeln. „Du hast immer geglaubt, dass die Kostbarkeiten sich im Haus befinden, nicht wahr? Ich wollte dich überraschen, Kidman. Ich schwöre es!“
„Wenn ich dich nicht besser kennen würde, würde ich sagen, dass du nur für dich selbst nach den Juwelen gesucht hast. Doch auf diese Idee würdest du sicher nicht kommen, oder? Dafür kennst du mich zu gut.“ Er packte sie an den Handgelenken. „Ich mag keine Lügner, Maria, die versuchen, mich zu hintergehen.“
„Das habe ich nicht! Du tust mir weh, Kidman“, schluchzte sie. Brutal stieß er sie von sich, sodass sie stürzte.
„Finde das Bild!“, zischte er. „Ich will es haben.“
„Es war nirgendwo zu finden, und Ashenden sagte, es wäre auf dem Müll gelandet.“
„Dann musst du eben den Müll danach durchwühlen, bis du es findest. Sonst …“ Drohend hob er die Faust. „Sonst denke ich noch, du treibst ein falsches Spiel mit mir. Ich könnte dich sogar verdächtigen, längst zu wissen, wo sich die Juwelen befinden und sie einfach für dich behalten zu wollen.“ Mühsam rappelte sie sich auf. Als sie wieder stand, zog er sie an sich und strich mit seinen dürren Fingern über ihren Hals. „Die Juwelen würden an einer Leiche gar nicht hübsch aussehen.“
„Ich weiß nicht, wo sie sind! Ich schwöre es dir. Walter, sag es ihm!“ Doch Walter blieb stumm.
„Morgen oder übermorgen bin ich wieder hier“, drohte Kidman, während er sich zum Gehen wandte. „Finde das Bild.“
Er war gegangen, Walter im Schlepptau, wohin, wusste sie nicht. Kidman war stets wie ein Geist erschienen und wieder verschwunden. Allein und verängstigt war sie zurückgeblieben. Sie hatte sogar an Flucht gedacht, aber wohin konnte sie schon fliehen? Kidman oder einer der anderen würden ihr hinterherjagen und sie töten …
Nach einer schlaflosen Nacht stand Maria nun vor dem Witwenhaus und blickte sich um. Warum suchte sie nach Walters Knopf, wo doch jeden Moment Kidman wieder auftauchen konnte, und dann war sie verloren!
„Mrs. Fenton!“, rief einer von Williams Arbeitern. „Wir haben keinen Knopf gefunden, aber einer der Männer hat den jungen Master James über ein Bild vom Brunnen reden hören, als er nach dem Brand hier war. Master James hat das Gemälde irgendwo gefunden.“
„Sie meinen Sir Williams Neffen?“
„Ja genau, er bewahrt es im Haus der Winbolts auf. Er nennt es seinen Schatzsucherfund oder so ähnlich.“
Maria wurde vor lauter Erleichterung beinahe schwindelig. Sie dankte dem Mann und eilte nach Hause, um genau zu überlegen, wie sie an das alles entscheidende Bild gelangen konnte …
Das Glück schien mit einem Mal auf ihrer Seite zu stehen. Durch ein paar vorsichtige Befragungen im Dorf erfuhr Maria am nächsten Tag, dass glückliche Umstände ihr bei der Umsetzung ihres Plans zu Hilfe kamen. Zum einen hielt sich Sir William noch bis zum nächsten Tag in London auf, zum anderen waren die Winbolts an diesem Nachmittag bei Lady Langley eingeladen. Mit diesem Wissen begab sie sich nach Shearings, nachdem die Winbolts
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