Missbraucht
Heuchelei bei den sogenannten Eliten erlebt hatte, waren seine Verwerflichkeiten eher "Pillepalle". Der Gedanke beruhigte sein Gewissen ungemein. Aufgrund der Tatsache, dass er nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss gekommen war, doch zu den "Guten" zu gehören, glaubte er, sich eine Belohnung gönnen zu dürfen. Darauf ein Bier!
Richard startete den Wagen und machte sich auf in Richtung Krankenhaus, um nach Sandra zu sehen. In der Mayenerstraße legte er einen kurzen Stopp ein und kaufte an der Esso Tankstelle eine eiskalte Büchse Bit und einen 4cl. Jägermeister. Beides verzehrte er genussvoll auf dem Parkplatz des Krankenhauses, während er bei offenstehender Wagentür Guns and Roses hörte. Im Moment ist doch alles irgendwie Scheiße, es kotzt mich alles an! Richard dachte weiter über die vergangenen Tage nach, dann machte er sich nach einem satten Rülpser auf den Weg zu Sandra.
Richard hatte Glück. Vor der Station lief ihm gerade die Schwester, die er vom Vortag kannte und die ihm so sympathisch weiter geholfen hatte, quasi in die Arme. Sie strahlte ihn an, als er auf sie zu kam.
"Hallo Schwester!", er setzte auf die Charmekarte.
"Guten Tag Herr Polizist"
Richard ging auf sie zu. "Na junge Frau, da bin ich wieder."
"Das sehe ich junger Mann!", kokettierte sie lächelnd zurück. Sie war nicht der Typ Frau, die dem bevorzugten Beuteschema des Kommissars entsprach, aber er fand sie trotzdem außerordentlich sympathisch mit ihrer offenen Art. Warum also nicht, sich über die Flirtmasche seinem Anliegen nähern?
"Sie hat der Himmel geschickt, Schwester. Sie sind genau die, der ich hier begegnen wollte." Richard lächelte sie auf solch eine einnehmende Art an, dass die Frau sich, ob sie wollte oder nicht, allein dadurch noch geschmeichelt fühlte. "Ich muss zu meiner Kollegin, glauben Sie, das geht?"
"Ähem, da bin ich jetzt etwas überfragt, aber kommen sie mit, wir sehen mal, was wir machen können."
Als sie von "wir" sprach, wusste Richard, dass er bei ihr gute Karten hatte. Er hätte es nun darauf anlegen können und den Flirt intensivieren, aber danach stand ihm nicht der Sinn.
"Kann es sein, dass Sie etwas überarbeitet sind? Sie machen so einen müden Eindruck?"
Richard war erstaunt über die Beobachtungsgabe der Frau. Er war unendlich müde und ja, er fühlte sich ziemlich im Arsch, aber er dachte, dass er es überspielen konnte. Sie musste ihn genau gemustert haben. Der Gedanke entlockte ihm ein Grinsen.
"Ja, Sie haben recht, ich habe ein paar harte Stunden hinter mir und umso wichtiger wäre es mir, wenn ich mit meiner Kollegin ein paar Worte reden darf."
"Das kann ich nicht versprechen. Ich werde mitkommen. Ich meine, ich geh mit hinein, und wenn der Zustand der Patientin es zulässt, werde ich sie natürlich alleine lassen."
"Sicher doch Schwester."
Sandra lag noch immer auf der Intensivstation. Die Schwester öffnete die Tür, lugte hinein und nickte Richard zu. Sie traten ein. Richard stellte sich nah an das Kopfteil des Bettes, während sich die Krankenschwester an den Gardinen zu schaffen machte und sie nach Gutdünken zurechtzupfte. Richard wusste, dass sie das nur tat, um unauffällig das Geschehen zu beobachten.
Sandra drehte ihm den Kopf zu und schaute ihn an. Richard erschrak. Er hatte ein Lächeln erwartet, irgendeinen Ausdruck ihrer Freude, ihn zu sehen, aber nichts, sie schien ihn nur zu mustern.
"Hallo Sandra, na Mädchen." Jetzt zeichnete sich so etwas wie eine freudige Gefühlsregung in ihrem Gesicht ab und Sandra nickte leicht dabei.
Oh Gott, wie hasste er solche Situationen. Gefühle zu zeigen wäre angebracht, oder vielleicht doch nicht? Er fühlte sich in einem Scheiß Dilemma, wusste, dass er Initiative zeigen musste, und merkte sogleich, wie schwer es ihm fiel, irgendwelche passenden Sätze zu finden.
"Ich lass Sie kurz allein, zehn Minuten." Der Einwurf der Schwester kam ihm vor wie ein Rettungsanker aus dieser von ihm als unangenehm empfundenen Situation.
"Ja ist gut, danke"
" Richard ...", flüsterte Sandra, mehr schaffte sie nicht und trotzdem war dieses eine Wort eine große Hilfe für ihn. Er griff vorsichtig nach ihrer Hand, an der immer noch eine Nadel eines Infusionsschlauches steckte. Er spürte einen leichten Druck ihrerseits und urplötzlich fühlte er dieses Vertrauen, diese freundschaftliche Intimität, die ihre Beziehung auszeichnete.
"S ieh zu, dass du bloß wieder schnell auf den Damm kommst, wir brauchen Dich."
Sandras Gesicht blieb
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