Missing in Action
verstohlenen Blick auf Reinhards ab, und seine Miene wurde wieder düster. Schweiß stand ihm auf der Stirn.
John schloss die Lider und wischte sich über das Gesicht. Es war zu heiß für seinen Geschmack. Als er die Augen wieder öffnete, tanzten für einen Moment schwarze Flecken durch sein Sichtfeld.
»Rekrutier ein paar von den Technikern und überprüf die Krankenabteilung. Schau nach, was kaputt ist, welche Vorräte wir noch haben und so weiter.« John kam eine Idee. »Der Schamane ist nicht hier, also frag bei den Neuen nach, ob jemand mehr drauf hat als eine standardmäßige Erste-Hilfe-Lektion.«
»Alles klar, Boss.«
John nickte, und der kleine Mann lief davon, mit einer Aufgabe, die ihn von seinen Sorgen ablenken würde. Das Letzte, was John jetzt gebrauchen konnte, waren Querelen innerhalb ihrer kleinen Gruppe. Wir werden auch so genug Probleme haben.
Ein weiteres großes Insekt näherte sich ihm, vielleicht angezogen von den Schweiß- und Blutstropfen auf seiner Stirn. Er beobachtete es noch, als er auch schon einen scharfen Stich oder Biss an der Schläfe
spürte. Ärgerlich verscheuchte John das Vieh mit der Hand. Es wich mühelos aus und surrte davon.
»Sir?«
Er ging zu Reinhards hinüber, obwohl er auch auf diesen Blutsauger wenig Lust hatte.
»Was gibt es, Leutnant?«
»Wir sind hier schlecht runtergekommen, wie Sie vielleicht auch schon bemerkt haben, und uns fehlt die Hälfte des Teams. Zudem war nur ein Teil der Ladung an Bord, und einiges davon haben wir noch beim Absturz verloren. Kurz, die Situation ist derzeit gefährlich, und ich würde Sie und Ihre Begleiterin bitten, sich erst einmal nicht vom Shuttle zu entfernen, bis wir alles unter Kontrolle haben.«
Reinhards’ Gesichtsausdruck verriet John, dass der Konzerner nicht glaubte, dass sie in der Lage waren, irgendwas zu kontrollieren, geschweige denn gleich die ganze Situation. Aber er antwortete erst nicht, sondern warf einen Blick auf seine Leibwächterin, die kaum merklich nickte. Zu gern hätte John den Mann angeschrien und so gepackt, dass er sich ihre Umgebung ansehen musste. Alles war fremd, die Gerüche, die Geräusche, die Farben. Sie waren nicht mehr auf gewohntem Terrain, aber Reinhards schien das kaum zu bemerken.
»Gut, machen wir das so. Verschaffen Sie uns Unterkünfte und vielleicht demnächst etwas zu essen, Leutnant. Das dürfte die Lebensgeister anregen.«
John schwieg, während er sich seine nächsten Sätze zurechtlegte, von denen er wusste, dass sie besser weder
Wichser noch aufgeblasenes Arschloch enthalten sollten. Befehle von einem Mann entgegenzunehmen, der nicht nur keine Ausbildung, sondern auch null Erfahrung hatte, stand nicht weit oben auf seiner Prioritätenliste. Also erwiderte er, was man in so einem Fall eben sagte: »Ich werde sehen, was wir tun können.«
»Ihr Team war nicht komplett an Bord?«, meldete sich unvermittelt die Leibwächterin zu Wort. »Was ist mit Ihrem Sanitäter?«
»Der Schamane ist nicht dabei.« Schon während er es aussprach, bereute John, den informellen Namen seines Teammitglieds genannt zu haben. Er schob es auf das fortwährende Klingeln in seinen Ohren, das ihn an den Schlag auf den Kopf erinnerte. In bester Verfassung wäre ihm ein solcher Lapsus sicher nicht unterlaufen. »Also unser Doktor. Er ist ein Beta. Adler.« John fühlte sich, als würde er sich immer weiter in einem Netz verstricken, aus dem es keinen Ausweg gab, und seine Erklärungen halfen ihm nicht. »Er glaubt, dass seine menschlichen Gene von Ureinwohnern Nordamerikas stammen, deshalb nennt er sich … Aber das ist jetzt nicht wichtig. Wichtig ist nur, dass er nicht hier ist.«
Die Leibwächterin nickte. Zum ersten Mal nahm sie eine Hand aus der Nähe ihrer verborgenen Waffen und strich sich mit einer erschöpften Geste über das kurzgeschnittene braune Haar. Sie war fast so groß wie John, aber schlanker und durchtrainiert. »Ich bin ausgebildete Feldsanitäterin.«
»Gehört das zum Training? Für den Personenschutz?«
»Nicht unbedingt. Aber ich habe dreiundzwanzig Kampfeinsätze hinter mir, und dabei musste jeder im Team mehr als eine Rolle ausfüllen können. Unter anderem kann ich Ihren vermissten Schamanen vertreten.« Sie deutete auf den Wimmernden. »Soll ich?«
»Ja, sicher. Herzlichen Glückwunsch, Sie wurden soeben offiziell zum Doc dieser Truppe befördert.«
Bevor sie ging, sah sie Reinhards an. Diesmal war es der Manager, der nickte.
Fantastisch. Vermutlich müssen sie
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