Missing in Action
die nähere Umgebung. Es gibt Regeln, nach denen wir Justifiers vorgehen, und Sergeant Bull wird Ihnen die wichtigsten erläutern. Sarge.«
Bull trat neben ihn und ließ den Blick über die Runde schweifen. Dann hob er den Zeigefinger. »Niemand geht allein. Niemand, niemals. Teams bestehen mindestens aus zweien, besser mehr. Was ihr auch tut, was auch euer Grund ist: Ihr geht niemals allein.«
Nun streckte Bull Zeige- und Mittelfinger in die Luft.
»Befehle werden befolgt. Keine Diskussionen, kein
Abwarten. Es werden Leben davon abhängen, dass Befehle schnell und sauber ausgeführt werden. Eure Leben und meins, um es mal klar zu sagen.«
Der Daumen kam dazu.
»Die Rationen sind heilig. Wir alle müssen von unseren Vorräten leben, und niemand bekommt mehr als die anderen. Gleiches gilt für Trinkwasser. Wir recyceln so viel wie möglich, aber unsere Vorräte sind nicht unendlich.«
»Danke, Sarge«, übernahm John wieder. Für mehr Regeln würde es heute Abend nicht reichen. »Prägt euch ein, was hier gesagt wurde. Bull und ich werden die Teams noch heute einteilen. Bis dahin geht niemand …?«
»Allein?«, murmelten ein, zwei Stimmen.
Nicht genug, befand John.
»War das eine Frage? Niemand geht …?«
»Allein!«
Ein schmächtiger junger Techniker grinste, als John bestätigend nickte.
»Bleiben Sie in der unmittelbaren Umgebung des Shuttles. Wir kümmern uns um den Rest. Weggetreten.«
Während sich die Versammlung auflöste, kam Reinhards zu John. In der Miene des Konzernmanns stand sein Missfallen deutlich geschrieben.
»Ich gehe davon aus, dass ich zu Ihrem Team gehören werde, nicht wahr, John?«
»Sicher, Sir«, entgegnete er emotionslos.
Neben ihm tippte sich Bull mit einem Finger, der
doppelt so kräftig war wie Johns eigener, an einem schwach beleuchteten Bildschirm durch die hastig erstellten Dossiers aller Gestrandeten. Er und Shakey hatten die Techniker und Arbeiter befragt, um ein wenig mehr über ihr Können und ihre Kompetenz in Erfahrung zu bringen.
Schon auf den ersten Blick war John aufgefallen, dass die meisten weder den Hintergrund noch das Zeug dazu hatten, Teil einer solchen Mission zu sein. Aber fluchen half nichts, er konnte sich sein Team nicht aussuchen.
»Das Portal ist unser wichtigstes Ziel«, befand Reinhards. »Alles andere ist nebensächlich. Ich will, dass Sie Ihre Energien darauf verwenden.«
John nickte, aber das schien dem Manager nicht zu reichen.
»Habe ich mich klar ausgedrückt?«
»Ja, Sir«, erklärte John schneidig und salutierte. Innerlich war er längst dabei, sich um die Myriaden Probleme zu kümmern, die vor ihnen lagen. Das Portal war nur eines darunter, und ganz sicher nicht das drängendste. Durch ein Sprungtor konnte man nur gehen, wenn man noch am Leben war.
»Gut.«
Das Sonnenlicht war noch immer grausam hell, und John ließ den Blick zum Horizont wandern, um festzustellen, ob sich der Sonnenstand überhaupt verändert hatte. Tatsächlich glaubte er, eine Verschiebung wahrzunehmen, ganz sicher war er sich aber nicht. Die Tage
hier waren länger als ein Standardtag, fast dreißig Stunden, genau wie es die Astrophysiker von SE bei der ersten Missionsbesprechung angegeben hatten. Viel Zeit für diese verdammte Sonne. Innerlich dankte John den selbstpolarisierenden Gläsern seiner Einsatzbrille.
Lange Tage bedeuteten aber auch, dass er darauf achten musste, dass die Mannschaft gewisse Schlaf-und Wachzeiten einhielt. Bei anhaltendem Licht tendierten Menschen und Betas dazu, ihre Körper zu überfordern, was ziemlich seltsame Auswirkungen auf die Psyche haben konnte. Und eine weitere Komplikation, die ich absolut nicht gebrauchen kann.
John saß im Schneidersitz auf dem Dach des Shuttles. Rourke und Cao hatten hier oben eine Beobachtungsstation eingerichtet, die nur über eine schmale Wartungsluke erreicht werden konnte. Hier konnte man einerseits die fremde Umgebung auf sich wirken lassen und ein Gefühl für den Planeten bekommen, und andererseits halbwegs ungestört sein. Noch hatten sie keine Erkundungen der näheren Umgebung gestartet; es war zu früh dafür. John hatte lediglich um das Shuttle herum einen Teil der Vegetation entfernen lassen, um einen freien Bereich zu schaffen. Wenn sie genügend Zeit hatten, würden sie den Bereich noch erweitern. Shakey hatte behauptet, bei ihrem Anflug einen grünen Wald gesehen zu haben, aber hier schienen sich alle Pflanzen, wenn man sie denn so nennen wollte, im rötlichen Teil des Spektrums
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