Mission auf Leben und Tod: Roman (German Edition)
über den Sitz. Noch immer war niemand zu sehen. Es war erst sieben Uhr.
Gegen halb neun war Mack wieder zu Hause, duschte und zog sich trockene Sachen an. Nach den vergangenen Tagen fühlte er sich großartig, er hatte einen Grad an Fitness erreicht, den nur die kennen, die ihr Leben lang darauf hintrainiert haben. Seine Muskeln waren geschmeidig, die Reaktionen pfeilschnell, er verfügte über eine innere Stärke, die ihm gnadenloses Selbstvertrauen verlieh.
In kürzester Zeit hatte er seine alte SEAL-Form wiedererlangt, das Gefühl körperlicher und mentaler Überlegenheit, das ihn unverwundbar machte: so wie sich alle SEALs fühlen mussten, wenn sie in den Kampf zogen.
Er hatte sich auf diesen Einsatz vorbereitet, weil er um die Gefahren wusste. Er musste unbemerkt nach Frankreich kommen, er musste, falls nötig, dazu bereit sein, es mit bewaffneten Sicherheitskräften aufzunehmen. Für gewöhnliche Zeitgenossen wäre es eine nervenaufreibende, spannungsgeladene Operation
geworden. Für Lieutenant Commander Bedford war es nur das, was er schon immer getan hatte. Er war nicht nervös, er hatte keine Angst. Allerdings war er dankbar dafür, dass seine Gegner zumindest keine Diamondheads auf ihn abfeuern würden, auch wenn deren Boss die verdammten Dinger baute.
Kurz nach elf machte er sich an die Eisenstange und kam auf Anhieb, ohne dass ihm der Schweiß ausbrach, 32 Mal mit dem Kinn über die Stange. Eine geradezu übermenschliche Leistung, wie er wusste. In all den Jahren bei der Navy hatte er nie erlebt, dass jemand sie übertroffen hatte.
Gegen Mittag ging er zu Harry ins Büro, um das Geld abzuholen. Sein Partner hatte alles vorbereitet. Die Scheine waren zu Bündeln im Wert von jeweils 4000 Dollar gepackt; 54 dieser Bündel, drei Lagen mit jeweils drei Reihen zu sechs, befanden sich, eng geschlichtet, in einem Lederkoffer. In dem Geheimfach in seiner Ledertasche würde mehr Platz sein.
Sie tranken zusammen Kaffee, und Harry reichte ihm das Aer-Lingus-Ticket für Dublin, Hin- und Rückflug erster Klasse. Sie einigten sich darauf, sich nun nicht mehr zu treffen oder miteinander zu sprechen. In diesem Stadium der Planung sollten sie nicht mehr zusammen gesehen werden.
Mack hatte nur noch eine letzte Bitte. Harry sollte dafür sorgen, dass er den 50-Meter-Pool des privaten Golf and Country Club außerhalb von Portland benutzen dürfe. Er wollte an den verbleibenden Tagen nicht mehr auf den Straßen laufen; Schwimmen war die sicherste Art, die Fitness aufrechtzuerhalten, ohne Gefahr zu laufen, sich Muskeln, Sehnen oder Gelenke zu zerren oder zu verletzen.
Unfälle oder Fehler konnten sie sich nun nicht mehr leisten. Mack wollte jeden Tag mehr als 50 Bahnen schwimmen. Und so fuhr er jeden Tag zum Country Club, trug sich als Mr. Patrick O’Grady ein, als irischer Freund von Harry Remson, und nahm sein Training auf.
Am Samstagnachmittag hatte er alles gepackt, das Bargeld war unter der Taucherausrüstung verstaut. Er nahm kaum Kleidung mit, nur einige T-Shirts, Unterwäsche, Rasierzeug, Zahnpasta und Socken. Er war unbewaffnet. Er trug seine blonde Perücke, den dünnen Schnauzer und eine randlose Brille. Es war erstaunlich, wie verändert er aussah. Gekleidet war er mit einer dunkelgrauen Hose, schwarzen Halbschuhen und einem dunklen Tweed-Sportmantel. Ein blaues Hemd mit kastanienbrauner Krawatte vervollständigte sein unauffälliges Erscheinungsbild.
Um vier Uhr fuhr eine schwarze Limousine vor dem Haus vor; sie stammte von einem privaten Chauffeursdienst aus Portland und war von einem Mr. Harry Remson, dem Vorsitzenden von Remson’s Shipbuilding, Dartford, Maine, bestellt worden.
»Guten Tag, Mr. O’Grady«, begrüßte ihn der Fahrer. »Zum Logan Airport, richtig?«
»Genau. Aer Lingus. Terminal E.«
»Darf ich Ihnen die Tasche abnehmen, Sir, und sie im Kofferraum verstauen?«
»Nein, danke. Ich behalte sie lieber bei mir.«
Sie fuhren los, über die lange Landstraße hin zur Hauptstraße, an der Mack erst vor wenigen Wochen aus dem Bus gestiegen war. Dort bogen sie links ab, und keiner der beiden bemerkte den dunkelblauen Bentley, der nach etwa eineinhalb Kilometern an der örtlichen Tankstelle stand.
Der Fahrer des Bentley allerdings sah sie. Er hatte fast eine Stunde auf sie gewartet, konnte es noch immer nicht richtig fassen und musste gegen die unerträgliche Spannung ankämpfen, die sich seiner bemächtigt hatte.
»Gott sei mit dir, Mack«, murmelte Harry Remson.
KAPITEL ACHT
Mack
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