Mission auf Leben und Tod: Roman (German Edition)
von jenseits des Niemandslandes zu rechnen war.
Jeder hatte seine Waffe immer bei sich; jeden Tag gab es Einsätze, jeden Tag röhrten bewaffnete Konvois über die heißen, staubigen Straßen zu den Unruheherden in den nahen Städten Falludscha, der berüchtigten Aufständischen-Enklave, oder Ramadi, dem angeblich gefährlichsten Ort der Welt. Ausflüge nach Habbanijja, das zwischen diesen beiden Städten lag, kamen weniger oft vor, waren aber ebenso gefährlich.
Innerhalb des Komplexes lag ein großer armierter Betonbunker, in dem die Hauptkommandozentrale und das militärische Nachrichtenzentrum untergebracht waren. Die Hauptaufgabe aller militärischen Außenposten war das Aufspüren von Terroristen und Aufständischen, die gesamte Operation des Camps hing also von den Informationen ab, die elektronisch oder durch Berichte aus erster Hand beschafft werden konnten. Im letzteren Fall geschah die Herausgabe der Informationen entweder freiwillig oder wurde durch Gewalt erzwungen.
Wie auch immer, für die sonnengebräunten Soldaten des Camp Hitmen spielte es keine Rolle. Ihr Alltag bestand darin, die teuflischen Kräfte der El-Kaida oder der Taliban zu bekämpfen, sie gefangen zu nehmen oder zu töten, ihre Befehlshaber zu liquidieren oder einzusperren. Alles, was verdammt noch mal nötig war, damit das verrückte Pack nicht noch einen amerikanischen Wolkenkratzer in Schutt und Asche legen konnte.
Wir müssen sie ausschalten oder an Ort und Stelle binden, hier oder in Afghanistan. Dann können die Scheißer nirgendwo anders hin. Das ist der Plan. Und ein Plan, der aufgeht.
So einfach gestrickt war das Credo der US-Spezialkräfte. Jeder verstand es. Sie kannten die Risiken, sie waren dafür ausgebildet, diese Risiken auf sich zu nehmen. Was die Sache natürlich nicht weniger gefährlich oder Furcht einflößend machte. Es
sorgte nur dafür, dass jeder besser vorbereitet war und umso wütender wurde, falls gelegentlich etwas schiefging.
Im Lauf der letzten sechs Monate aber hatte sich unter den Aufständischen, die mit Autobomben Anschläge verübten, US-Truppen in Hinterhalte lockten oder Selbstmordattentäter losschickten, eine neue Entwicklung abgezeichnet. Die irakischen Aufständischen schienen mittlerweile im Besitz einer tragbaren Rakete zu sein, die tatsächlich einen Panzer oder ein schweres gepanzertes Fahrzeug durchschlagen konnte. Damit war nicht zu rechnen gewesen. Minen und manche Panzerfäuste konnten Humvees oder Jeeps außer Gefecht setzen und auch gepanzerten Fahrzeugen einigen Schaden zufügen. Die gewaltigen US-Kampfpanzer konnten solche Treffer jedoch locker wegstecken.
Im vergangenen halben Jahr allerdings waren die Karten neu verteilt worden. Plötzlich kam es vor, dass Terroristen Panzerabwehrraketen abfeuerten, die durch den Rumpf der Kampfpanzer drangen und jedes andere Fahrzeug, das davon getroffen wurde, vollkommen zerstörten. Es gab Todesopfer zu beklagen. Sie verbrannten bei lebendigem Leib: nicht viele, aber doch ausreichend, um die westlichen Staaten zu harschen Protesten gegen diese Waffe zu bewegen, die den modernen Krieg in ein mittelalterliches Schreckensszenarium verwandelte.
Einen Monat zuvor hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Waffe mit einstimmigem Beschluss geächtet und ihren Einsatz zu einem »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« erklärt. Unterstützt von Russland, China, Indien und der Europäischen Gemeinschaft, schien die UN-Resolution auf einer soliden Grundlage zu stehen. Die Bilder von US-Panzerkommandanten, die aufgrund der nicht zu löschenden chemischen Zusätze bei lebendigem Leib verbrannten, hatten Historiker, Politiker und sogar Journalisten weltweit erschüttert. Zum Glück war die Waffe nun verboten.
Wie immer aber sah es auf den Sandpisten des Irak etwas anders aus. Denn irgendjemand verfügte über einen anscheinend endlosen Vorrat dieser geächteten Waffe. Der arabische Fernsehsender Al-Dschasira bezeichnete sie als »Diamondhead«. Und die verdammte Diamondhead schlug weiterhin in den Panzerfahrzeugen der Amerikaner ein und kostete US-Soldaten das Leben.
Nicht immer trafen sie ihr Ziel, natürlich nicht. Doch erst zwei Tage zuvor hatte eine vom Ostufer des Euphrat abgefeuerte Rakete einen US-Panzer getroffen, der ein Navy-SEAL-Team zu einem geheimen Einsatz transportieren sollte. Keiner der vier SEALs überlebte, Gleiches galt für die Panzerbesatzung. Niemand hatte das Feuer, das in Sekundenschnelle ausgebrochen war, löschen
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