Mission auf Leben und Tod: Roman (German Edition)
ungewöhnlicher Parkplatz für einen Wagen wie diesen wäre.
Die landesweite Suche nach Monsieur Marchant hatte bislang nichts ergeben; auch die Entdeckung des Wagens hatte nach Auskunft der Polizei nicht den geringsten Hinweis auf seinen Aufenthaltsort geliefert. Ein Sprecher von Montpellier Munitions bei Orléans, wo M. Marchant gearbeitet hatte, meinte: »Keiner von uns hat die Hoffnung aufgegeben, dass Olivier wieder auftaucht. Er war bei seinen Mitarbeitern sehr beliebt und wird hier jeden Tag vermisst.«
Seine 34-jährige Witwe Janine wurde nicht gebeten, den Mercedes zu identifizieren. Am vergangenen Abend sagte sie: »Ich glaube nicht, dass wir jemals erfahren werden, was Olivier zugestoßen ist. Er hat mich an jenem Tag angerufen und gesagt, er wolle zum Mittagessen zu Hause sein. Dann hat keiner mehr etwas von ihm gehört. Die Entdeckung des Wagens bestärkt
mich in der Ansicht, dass etwas Schreckliches geschehen sein muss.«
Henri Foches Miene wurde noch finsterer. »Ich habe gesagt, ›spurlos‹«, grummelte er. »Ich habe nicht gesagt, dass Oliviers Wagen auf der Titelseite jeder französischen Zeitung erscheinen soll.«
In seinen Gesichtszügen loderte eine Wut, wie sie nur selten vorkam. Kaum einer konnte so hassen wie Henri Foche. Im Moment hätte er seine beiden treuen Leibwächter Marcel und Raymond ohne mit der Wimper zu zucken exekutieren lassen können.
Er strich mit einem Messer Erdbeermarmelade auf sein warmes Croissant und stellte sich vor, das zarte Blätterteigteilchen sei Marcels Kehle. Seine höchst attraktive Frau Claudette, eine ehemalige Nachtklubtänzerin, kam ins Zimmer, sah ihn an und fragte ihn, ob gleich die Welt untergehe, so wie er aussehe.
»Halt den Mund, dämliche Schnalle«, knurrte er.
»Welcher Charme, welche Galanterie. Der große Henri Foche, ein rüdes Schwein.«
Er legte die Zeitung zur Seite und sah sie an. »Meinst du nicht, dass ich schon genug um die Ohren habe? Ich kann gut und gern darauf verzichten, dass die Polizei wegen Olivier Marchant Probleme macht. Ehe man sich versieht, tauchen sie in der Fabrik auf und stellen blöde Fragen. Woher zum Teufel sollen wir wissen, was mit ihm geschehen ist? Er hat an jenem Tag allein in seinem Wagen den Parkplatz verlassen, das können mehrere Mitarbeiter bezeugen, und dann ist er verschwunden.«
»Na, und warum hat die Polizei dann seinen Wagen im Sumpf gefunden?«, fragte Claudette. »Von ihm persönlich gibt es angeblich keine Spur. Also muss ihn jemand rausgeschafft und den Wagen in die Luft gesprengt haben.«
»Woher, verdammt noch mal, weißt du das alles?«
»Weil ich gerade die Nachrichten gesehen habe. Der Wagen ist fast in zwei Teile zerbrochen, von Olivier aber keine Spur, obwohl man schon seit Wochen nach ihm sucht.«
»Vielleicht hat ihn irgend so ein verrückter Gauner angehalten und ihn ausgeraubt.«
»Für einen angeblich intelligenten kleinen Mann sonderst du manchmal bemerkenswert dumme Kommentare ab«, erwiderte sie. »Verrückte Gauner fahren nicht mit Schwerlasttransportern durch die Gegend und sprengen einen Mercedes in die Luft, um das verdammte Ding viele Kilometer weiter im Sumpf von Sologne zu versenken. Nein, hinter diesem Verbrechen steht eine professionelle Organisation.«
»Gut, Madame Claudette Maigret. Woher weißt du das alles?«
»Weil das der Polizeiinspektor gerade im Fernsehen gesagt hat. Und das Verschwinden von Olivier wird jetzt auch als Mordfall gehandelt.«
Foche sah abrupt auf. »Das hat er gesagt? Das steht noch nicht in der Zeitung.«
»Weil die dämliche Zeitung letzten Abend um zehn Uhr gedruckt worden ist. Die Aussage der Polizei wurde vor einer Viertelstunde in Vierzon aufgenommen.«
»Das fehlt mir gerade noch. Mordermittlungen zu einem Mitglied in meinem Vorstand, wenn ich meine Präsidentschaftskampagne starte.«
»Das ist nicht dein einziges Problem«, fuhr Claudette mit leicht gehässigem Tonfall fort. »Vergangene Nacht, als du fort warst, hat hier die kleine Schauspielerin angerufen, die du in Paris immer besuchst. Ich hab so getan, als würde ich hier arbeiten, und mir ihre Nummer geben lassen. Du sollst sie anrufen, wenn du am Freitag in der Stadt bist. Was du bestimmt tun wirst.«
Foche tat so, als hörte er sie gar nicht, aber Claudette war noch nicht fertig mit ihm. »Ich bin bereit, dein Verhalten zu tolerieren,
weil du mir diesen Lebensstil hier ermöglichst. Aber ich lasse mich nicht demütigen. Und du wirst mich demütigen, wenn du erst
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