Mission auf Leben und Tod
nördlichen Teil des Landes, vor allem auf den Nordwesten konzentrierte, eine Strategie, die zu 100 Prozent falsch war. Henri Foches Attentäter befand sich auf dem Weg ins Ausland, war nunmehr außerhalb der Reichweite der verdammten Gendarmen und auf dem Rückweg nach Irland, nach Hause, ohne eine Spur hinterlassen zu haben. So war es ein entspannter Flug, vorbei an der bretonischen Nordwestküste, über die Irische See und nach Dublin, wo die Maschine pünktlich um 14 Uhr landete.
Mack hielt seinen irischen, auf Patrick O’Grady ausgestellten Pass hoch, und der Immigrationsbeamte winkte ihn durch. Er ging durch den Flughafen zu den Rolltreppen und fuhr in den ersten Stock, und dort, auf einer Toilette, zog er sich zum letzten Mal um und legte die Jeffery-Simpson-Perücke, das Bärtchen und die Brille an. Damit sah er exakt wieder so aus wie jene Person, die vor fast zwei Wochen nach Irland geflogen war.
Er ging zum Aer-Lingus-Schalter, legte sein offenes Rückflugticket erster Klasse vor und fragte, ob es noch einen Platz für den Abendflug nach Boston gebe. Man sagte ihm, die Maschine sei halb leer, und fünf Minuten später hatte er einen Boardingpass und einen Sitz in der ersten Reihe des Flugzeugs, das um 19.30 Uhr starten und in Boston kurz nach 22.00 Uhr Ortszeit landen würde.
Mack zeigte seinen Pass. Die smaragdgrün gekleidete irische Ticketverkäuferin gab ihn lächelnd zurück. »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Flug, Mr. Simpson.«
Ihm blieben also vier Stunden, die er totschlagen musste. Der Flughafen in Dublin ist nicht klein und besitzt hervorragende Läden. Und Mack hatte noch einen Packen Euro in seiner Ledertasche. Also passierte er die Sicherheitsschleuse und ging shoppen, wobei er darauf achtete, nichts zu kaufen, was verraten würde, dass er sich in Irland aufgehalten hatte.
Er kaufte für Anne ein Armband mit grünen Turmalin-Steinen, dazu eine passende Goldkette, die ein beträchtliches, 5000 Euro großes Loch in seine Barschaft riss. Niemals in seinem Leben hatte Mack Bedford etwas derart Extravagantes getan; und er fand Gefallen daran. Daher marschierte er in einen atemberaubend teuren Laden für Damenbekleidung und erstand für seine Frau ein dunkelgrünes Christian-Dior-Seidenkleid, das, wie er ihr später erzählte, teurer war als ihr Buick.
Er schlenderte zum Café im Terminal B und warf die Schmuckkästchen in den Müll, steckte sich das Armband und die Kette in die Jacketttasche, wickelte dann das Dior-Kleid aus der Dubliner Verpackung, stopfte auch diese in den Müll, legte das Kleid sorgfältig zusammen und verstaute es in seiner Tasche.
Von Zweifeln geplagt, seine Frau durch das viele Grün zu einem irischen Kobold zu machen, bestellte er sich einen Teller mit irischen Würstchen und Rühreiern und machte es sich in der Ecke bequem, um die Irish Times zu lesen.
Erneut wurde ihm das Ausmaß seiner Tat deutlich vor Augen geführt.
Auf der Titelseite ging es um nichts anderes als den Tod von Henri Foche. Innen fand sich eine zweiseitige Fotostrecke über den gaullistischen Politiker und seine Frau, dazu Bilder von ihrem Haus in Rennes und der Werft an der Loire-Mündung.
Er beendete sein Essen und ging zur First-Class-Lounge von Aer Lingus. Der Fernseher, aus irgendeinem Grund auf den amerikanischen 24-Stunden-Nachrichtensender Fox eingestellt, brachte nichts anderes, nur wurden immer wieder aktuelle Berichte über die Fahndung der Polizei in den diversen Landesteilen eingeblendet, in denen der große Schweizer Attentäter gesichtet worden sein sollte.
Doch dank des unermüdlichen Norman Dixon landete Fox schließlich auch einen Scoop. Sie sendeten ein Interview mit den beiden Fischern aus Brixham, Fred Carter und seinem Ersten Maat Tom, jenen, die im Ärmelkanal baden gewesen waren.
Fred war immer noch völlig außer sich. »Das war Piraterie. Dieser verdammte Halunke hat mich einfach aus dem Ruderhaus gezerrt und über Bord geschmissen. Herrgott, der war vielleicht stark! Ich platsche ins Wasser, da kommt auch schon Tom geflogen und landet etwa 20 Meter weiter.«
Und er fuhr einfach davon und hätte Sie ertrinken lassen?
»Na ja, nicht ganz. Er kam achteraus und warf uns Rettungswesten zu. Die sind ganz nah bei uns gelandet, als wäre er selbst ein Seemann.«
Hatten Sie Angst?
»Ein bisschen. Wir hatten nämlich beide Seemannsstiefel an, die können sich schnell mit Wasser füllen und einen runterziehen. Aber wir haben sie abgestreift und sind dann einfach
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