Mission auf Leben und Tod
sich vom Trubel auf dem Rasen zurückziehen konnten, nachdem mehr als ein Dutzend Personen mit Mack gesprochen, ihn willkommen geheißen und sich bei ihm bedankt hatten für das, was er für ihr Land geleistet hatte. Mack fand es mehr als aufreibend, weshalb er mit einem Teller Hummerscheren, denen er nicht widerstehen konnte, zu der Bank flüchtete. Der Teller war sein Schutzschild gegen den erzwungenen Small Talk auf dem Fest. Anne saß neben ihm. Wer sie gut kannte, spürte ihre Sorgen, die in ihrer Miene und allem, was sie tat, zum Ausdruck kamen. Es gab bereits Gerüchte, dass die Krankheit ihres Sohnes von schwerwiegender Natur sei.
Über den für die Jazzband aufgebauten Tanzboden war eine breite Zeltplane gespannt, die an dem warmen, sonnigen Julitag den nötigen Schatten spendete. George Bedford war soeben erschienen und hatte Anne gefragt, ob sie mit ihm tanze, als Harry Remson auftauchte, Mack den Arm auf die Schulter legte und fragte: »Hast du ein wenig Zeit, um mit deinem alten Freund zu plaudern?«
Mack sah auf, lächelte und ließ sich über den Rasen zu dem großen Haus führen, das Remsons Großvater Sam 100 Jahre zuvor erbaut hatte. Sie traten durch die Glastüren, durchquerten einen weiten, eleganten Salon und fanden sich in einem dunkleren, grün gestrichenen und mit Bücherregalen vollgestellten Arbeitszimmer wieder. Harry schenkte ihnen beiden ein Glas Single-Malt Scotch ein. »Hier, alter Kumpel. Das wirst du brauchen.«
Mack nahm das Glas entgegen und ließ sich gegenüber von Harrys großem, altem Schreibtisch mit einer roten Lederauflage nieder, einem Geschenk der US Navy für einen Zerstörer, der vor dem vereinbarten Termin und innerhalb des ausgehandelten Kostenrahmens gebaut worden war. Die Vergangenheit war in Remsons Heim stets gegenwärtig.
Harry nahm einen Schluck von seinem Scotch. »Mack, dir sind bestimmt schon die Gerüchte zu Ohren gekommen, wonach die Franzosen möglicherweise ihren Fregattenauftrag zurückziehen, den, der uns die letzten fünfzehn Jahre am Leben gehalten hat.«
Mack nickte, und Harry fuhr fort: »Du weißt wahrscheinlich, was das für uns bedeutet. Ich will es gar nicht ausführen, aber es könnte unser Ende sein. Ich kann keine Werft mit tausend Mitarbeitern erhalten, wenn wir keine Schiffe bauen, nicht wahr?«
Wieder nickte Mack.
»Wahrscheinlich kennst du auch den Grund, warum sie den Auftrag zurückziehen wollen.«
»Ja, den kenne ich«, erwiderte Mack. »Es geht um einen ultrakonservativen Gaullisten, der nicht will, dass militärische Aufträge ins Ausland vergeben werden.«
»Genau«, sagte Harry. »Ein richtiger Hardliner. Angeblich besitzt er große Anteile an der französischen Rüstungsindustrie. Bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen ist ihm der Sieg kaum zu nehmen, weil er bei Gott schwört, dass die französische Industrie für die französischen Arbeiter da ist, nicht für Ausländer. Daneben zetert und wütet er gegen die billigen Kohle- und Stahlimporte aus Rumänien. Aber wenn er von Rüstungsgütern redet, erwähnt er natürlich mit keiner Silbe seine eigenen Interessen als bedeutender Anteilseigner an einem der größten Rüstungsunternehmen Frankreichs.«
»Das klingt ernst«, sagte Mack. »Frankreich für die Franzosen, was? Vive la France und der ganze Mist.«
»Genau, und er meint es ernst. Ich erwarte von der französischen Marine keine weiteren Aufträge mehr. Damit dürfte es ein für alle Mal vorbei sein.«
»Wie heißt dieser Scheißkerl?«
»Henri Foche, ein Politiker aus der Bretagne. Er hat mit seinem Wahlkampf noch nicht begonnen, aber die politischen Kommentatoren in Europa sind sich einig, dass es das Ende der sozialistischen Regierung in Frankreich ist. Egal, wer die Fahne der Rechten hochhält, er hat schon so gut wie gewonnen. Dieser Foche ist so was wie die französische Version von Ronnie Reagan oder Margaret Thatcher, vor allem in Wirtschaftsdingen.«
»Gibt es noch einen anderen Kandidaten der Gaullisten?«
»Ja, einen gemäßigten, intellektuellen Pariser Bankier, Jules Barnier, jemand, der keinerlei Interessen in der Rüstungsindustrie hat und als großer Freund der USA gilt. Er war früher Vorstand von Lazard Frères an der Wall Street. Sein Gebiet ist die Ökonomie, er würde noch nicht einmal auf die Idee kommen, sich in die Aufträge der französischen Marine an uns einzumischen. Schon gar nicht, wenn er damit einen einflussreichen Senator aus dem großen Bundesstaat Maine gegen sich
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