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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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gar nicht erpressen. Wie sollten Sie es schaffen, meinen Namen aus all diesen Akten zu streichen? Das ist doch Unsinn. Das heißt, ob ich Ihnen nun Geld gebe oder nicht, die Geschichte kommt raus. Da haben die Genossen beim Aktenvernichten keine gute Arbeit abgeliefert. Aber sonst waren wir nicht schlecht. Wir haben für den Frieden gekämpft, während der Westen aufgerüstet hat. Ich bin stolz, ein Kundschafter des Friedens gewesen zu sein.«
    Dreilich öffnete die Schreibtischschublade und hatte plötzlich eine Pistole in der Hand. Es klickte. Stachelmann begann zu zittern. Dreilich betrachtete die Pistole, wog sie in der Hand, dann zeigte der Lauf auf Stachelmann. »Es wäre so einfach, Sie Idiot. Ein schäbiger Erpresser, große Dinge enden klein.« Er steckte sich den Lauf in den Mund und drückte ab.
    Stachelmann sah, wie der Schädel hinten aufplatzte. Blut und Hirn spritzten in die Regalwand. Stachelmann wurde schlecht. Mit einem Stöhnen schlug Dreilichs Oberkörper auf den Schreibtisch. Da, wo vor Sekunden noch der Hinterkopf war, gähnte ein Loch. Ein dumpfer Schlag, als die Pistole aus der Hand auf den Teppich fiel. Stachelmann war gelähmt. Er starrte auf die Leiche. »Du bist schuld«, sagte eine Stimme. »Hättest du nicht die Wahnsinnsidee gehabt, dich als Erpresser auszugeben, dann würde Dreilich noch leben.« Er übergab sich, suchte nach einem Taschentuch und wischte sich den Mund ab.
    Dann öffnete sich die Tür.
    ***
    Er begann immer das Gleiche zu träumen. Stets fing es an mit dem Bild von der Nacht, als die Mauer fiel. Jubelnde Menschen davor und darauf. Dann die Szenen, als Demonstranten die Dienststellen der Stasi stürmten. Verängstigte Uniformierte, sie wehrten sich nicht. Akten über Akten auf den Fluren und den Straßen. Beim ersten Mal wachte er auf mitten in der Nacht.
    »Was ist?«, fragte Margarete.
    »Nur ein schlechter Traum.«
    Sie strich ihm über den Kopf. »Schlaf weiter.«
    »Sie werden uns kriegen«, sagte er.
    Margarete antwortete nicht. Dann schaltete sie ihre Nachttischleuchte an. Sie schmiegte sich an ihn. »Ja«, sagte sie endlich. »Sie werden uns kriegen. Übrigens möchte ich nicht mehr Margarete heißen. Das ist albern.«
    »Ich hab mich so daran gewöhnt. Was machen wir dann?«
    »Wann?«
    »Na, wenn sie kommen.«
    »Gar nichts. Ich habe alles vernichtet. Aber sie werden genug Akten in der Normannenstraße finden, um uns fertig zu machen.«
    »Hast du keine Angst, Ines?«, flüsterte er.
    »Doch. Aber ich versuch, nicht dran zu denken. Vielleicht haben wir Glück, und sie übersehen uns.«
    Er lachte bitter. »Die übersehen niemanden.«
    »Oder unsere Akten sind vernichtet.«
    »Das behauptet Heinz.«
    »Das ist doch was.«
    »Aber es gibt bestimmt Durchschläge, Kopien.«
    »Mach dich nicht verrückt. Je länger es dauert, umso größer unsere Chance davonzukommen. Und irgendwann ist es verjährt.«
    Sie zündete sich eine Zigarette an. »Gib mir auch eine.«
    Sie rauchten wortlos.
    »Du musst an deine Habilitation denken. Nur daran. Wenn du die hast, gehen wir weg aus Berlin. Vielleicht sogar ins Ausland.«
    »Hamburg wäre schön«, sagte Wolf. »Auf dem Lehrstuhl für Neuere Geschichte sitzt so ein Angeber, Bohming, der lässt sich leicht beeindrucken, hat jedenfalls Bauer erzählt. Man müsse selbst auch ein bisschen prahlen und ihm den Eindruck geben, man arbeite nur, um den Ruhm des Herrn Professors zu mehren.«
    »Schon gut, Wolf. Das ist zwar nicht das Ausland, aber besser als Berlin. Aber vorher musst du deine Habil fertig machen.«
    »Was macht Heinz? Den habe ich lange nicht mehr gesehen.«
    »Der war ja lange arbeitslos, arbeitet jetzt aber bei so einer Sicherheitsfirma.«
    »Und Dreilich?«
    »Der ist Heinz’ Chef. Heinz hat gesagt, er würde uns bald einmal besuchen.« Sie drückte die Zigarette aus.
    »Jetzt schlaf.«

20
    In der Tür stand ein kleinwüchsiger Mann mit kurzen roten Haaren in einem dunkelbraunen Mantel. Er schaute auf Dreilichs Leiche, dann auf Stachelmann. »Schon wieder eine Leiche, Herr Stachelmann.« Er zog die Hand aus der Manteltasche und hatte eine Pistole darin. Er trug Handschuhe. Stachelmann sah, wie der Pistolenlauf sich auf ihn richtete. Der Mann näherte sich dem Schreibtisch und bückte sich, um Dreilichs Waffe aufzuheben. Er sicherte sie und steckte sie in die Manteltasche. »Dann kommen Sie mal mit.« Stachelmann begriff erst nicht, dann erhob er sich. Er vermied es, zu dem Schreibtisch mit Dreilichs Leiche zu

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