Mit dem Blick aufs weite Meer
weibliche Formen” hinzu.
Ein kleiner, untersetzter Mann in einem Overall kam ihr entgegen und streckte die Hände aus, als wollte er ihr das Bündel abnehmen. Die Frau schüttelte lachend den Kopf und ging weiter.
Kent sah ihr nach, während sie die Richtung zum Kai einschlug, und sein Herz begann vor Erregung wieder heftig zu klopfen. Vielleicht hatte er schon zu lange nichts mehr mit einer Frau zu tun gehabt.
“Reiß dich zusammen, Ferguson”, sagte er halblaut zu sich, als aus dem Hörer die Stimme des Anrufbeantworters ertönte. Er hatte Wichtigeres zu tun, als in einer Telefonzelle zu stehen und einer fremden Frau begehrlich nachzustarren.
Mit einigem Glück könnte er am Abend wieder in Vancouver sein. Dann würde er, nachdem er die Angebote der Baufirmen noch durchgesehen hatte, Sheila oder Edith anrufen. Doch wenn er ehrlich war, wollte er eigentlich keine von beiden treffen.
Die Stimme auf dem Anrufbeantworter hatte ihm mitgeteilt, dass das Büro bis Montag geschlossen sei. Kent verfluchte Charlotte und ihre Eskapaden.
Er schlenderte zum Bootssteg hinunter und beeilte sich, wieder auf die “Misfit” zu kommen, wie Charlotte ihr Boot sinnigerweise genannt hatte. In Gedanken war er schon wieder in Vancouver bei seinen Transaktionen für das Erschließungsgebiet in der Gegend von North Shore.
Beim letzten Steg angekommen, tauchte in seiner Phantasie flüchtig wieder die Frau mit der aufregenden rötlichen Lockenpracht auf. Erneut begann sein Herz wie wild zu schlagen.
Gleich darauf zwang er sich zur Vernunft und verbannte die Vorstellung aus seinem Kopf.
Kent fing an einem weißen Rennboot vorbei, dann an einem blauen Zweimastschoner -
jedenfalls hielt er ihn für einen Schoner. Er überlegte, ob die Frau in einem der Boote verschwunden sein könnte. Aber in welchem? Er war wütend auf sich, weil er immer noch an sie dachte.
Im nächsten Moment sah er sie im Cockpit der “Misfit” stehen. Vor sich hatte sie mehrere blaue Stoffbahnen ausgebreitet. Kent blieb wie vom Donner gerührt stehen und blickte sie an.
“Was zum Teufel suchen Sie hier?” Seine Stimme klang viel zu laut. War er deshalb so verärgert, weil er vermutete, dass die Frau etwas mit seiner Schwester zu tun haben müsste?
“Wer sind Sie?” fragte er gleich darauf in ruhigerem Ton. Er überquerte den schmalen Steg und blieb vor der rothaarigen Frau stehen. Sie sah ihn mit ihren grünen Augen verwundert an.
Wieder bekam Kent rasendes Herzklopfen und verspürte heftiges Verlangen, das Gesicht und das schimmernde Haar der Unbekannten zu berühren. Ich muss wirklich verrückt sein, dachte er. Sie ist doch eine Fremde.
Verlegen räusperte er sich. “Was machen Sie hier?” wollte er wissen.
“Ich passe die Persenning an.” Ihre Stimme klang etwas rau. Mit dem Arbeiter hatte sie vorhin gelacht, aber jetzt machte sie ein finsteres Gesicht. Die Lachfältchen am Mund verrieten jedoch, dass sie gern lachte.
Er war fasziniert vo n ihr, von der wilden kupferfarbenen Lockenmähne und der Art, wie sie sich bewegte. Ja, er begehrte diese Frau, von der er überhaupt nichts wusste.
Ihr Blick war auf den Schonbezug geheftet, und während sie am Reißverschluss hantierte, sagte sie leise: “Sie müssen Kent Ferguson sein?”
2. KAPITEL
Angela hatte Kent, auch ohne ein Foto von ihm gesehen zu haben, sofort erkannt, so genau hatte Charlotte ihn beschrieben. Er hatte die gleichen leuchtendblauen Augen wie seine Schwester. Allerdings fand Angela, dass die strenge Miene, die er gerade aufgesetzt hatte, ihn älter aussehen ließ.
Charlotte hatte außerdem gesagt, er sei kühl und beherrscht, aber vor einer Minute hatte er sie, Angela, angefahren. Angela hasste es, wenn jemand in solchem Ton mit ihr sprach. Sie widmete jetzt ihre ganze Aufmerksamkeit dem Reißverschluss und zog ihn langsam zu, so dass sich die Persenning straff über den Bogen des Stahlrahmens spannte.
Daraufhin betrachtete sie wieder verstohlen Kent. Charlotte hatte behauptet, er wäre einsachtzig, aber er kam ihr größer vor.
Er trug einen sehr teuer aussehenden dunklen Anzug und eine dezent gemusterte Krawatte.
Viel zu warm angezogen, dachte Angela.
“Haben Sie eine Ahnung, wo Ihre Schwester Charlotte ist?” fragte Angela.
Er sah sie erstaunt an. “Woher wissen Sie, dass ich ihr Bruder bin?”
Wer sonst würde sich im eleganten Straßenanzug auf einen Bootssteg wagen? dachte Angela und unterdrückte ein Lächeln. “Familienähnlichkeit”, antwortete
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