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Mit dem Blick aufs weite Meer

Mit dem Blick aufs weite Meer

Titel: Mit dem Blick aufs weite Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Grant
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sie.
    “Das bilden Sie sich nur ein.”
    Dass er von einer Familienähnlichkeit anscheinend nichts wissen wollte, empfand sie als eine Beleidigung für Charlotte. Wütend zog Angela den Reißverschluss auf und fragte: “Sind Sie gekommen, weil Charlotte Sie geschickt hat?”
    “Ja. Aber was tun Sie hier? Was ist das für ein blaues Zeug?”
    “Das ist eine Persenning - ein Regenschutz. Charlotte hat ihn bestellt.” Angela klappte die Windschutzscheibe aus Kunststoff herunter und ließ sie einrasten. Die Persenning passte haargenau und saß überall stramm.
    “Aber sie bedeckt nur die Luke”, meinte Kent vorwurfsvoll. “Für denjenigen, der im Cockpit steht, nützt sie nichts.”
    “Sie sind wohl noch nie im Regen gesegelt?” fragte Angela nachsichtig lächelnd.
    “Ich bin überhaupt noch nie gesegelt.”
    “Wahrscheinlich immer nur hinterm Schreibtisch gesessen”, mutmaßte Angela. “Ihnen entgeht eine ganze Welt.” Sie holte ein Stück Kreide aus der Hosentasche und markierte die Stelle, wo sie eine verstärkte Öse für die Großschot einnähen wollte. Eine Segelwoche im Sommer wäre gut für ihn, dachte sie. Vielleicht würde er dann dass Lachen lernen.
    Sie rieb mit dem Finger einen Kreidestrich weg und zog etwas weiter rechts einen neuen.
    “Wenn man bei Regen am Wind segelt, dann hält diese Persenning das meiste ab. Und ohne diese Persenning über dem Luk würde das Wasser jedesmal ins Bootsinnere laufen, wenn man den Lukendeckel öffnet.”
    “Ich muss Ihnen wohl glauben.” Am spöttischen Unterton, der in seiner Stimme mitschwang, erkannte Angela, dass sie wahrscheinlich so geklungen hatte, als wollte sie einem Kind etwas erklären.
    Kent machte einen Schritt nach vorn, griff nach einer Ecke der Persenning und betrachtete kritisch das Gewebe. “Haben Sie das tatsächlich selbst genäht?”
    “Sicher”, bestätigte sie. “Es ist mein Beruf, ich bin Segelmacherin. Arbeiten Sie etwa auch in dieser Branche?”
    Sie sah ihn an und bemerkte, dass er sie prüfend anschaute. Der kühle Blick aus seinen blauen Augen beunruhigte sie. Jetzt sagte er etwas, was allerdings vom Motorenlärm des startenden Nachbarbootes übertönt wurde. “Was meinen Sie?” fragte Angela leicht verwirrt.
    “Ich sagte, ‘wieviel’?”’
    “Wieviel was?”
    “Dollar. Was schuldet Ihnen meine Schwester für Ihre Arbeit? “
    “Ach so…” erwiderte Angela und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
    Kent Ferguson holte ein Lederetui und einen Füllfederha lter aus der Brusttasche seines Jacketts. Sein Scheckbuch, dachte Angela. Bestimmt hat sein Füller eine Goldfeder.
    “Charlotte wird mir das Geld schon geben”, sagte sie leise.
    Plötzlich war die Atmosphäre zwischen ihnen gespannt. “Ich werde es bezahlen”, sagte er kühl.
    “Wo ist Charlotte?” fragte Angela gereizt und eine Spur zu laut, obwohl sie es nicht gewollt hatte.
    “Der Himmel weiß, wo sie steckt”, antwortete er missmutig Angela überlegte, ob die tiefen Linien an seinen Mundwinkeln Ärger ausdrückten oder eine andere Art von Kummer.
    “Machen Sie sich denn keine Sorgen darüber, dass sie verschwunden ist?”
    “Eigentlich nicht.” Abschätzend betrachtete er Angela.
    Sie hatte das Gefühl, er wüsste genau, wie sie ohne Kleider aussähe. Sie kam sich überrumpelt und wehr los vor, doch dann regte sich ihr Zorn, als er sagte: “Ich bin in Eile.
    Lassen Sie das Zeug hier, und sagen Sie endlich, was Sie dafür bekommen. Danach können Sie gehen.”
    Plötzlich empfand Angela eine starke Abneigung gegen Kent, der jetzt einen herrischen Zug um den Mund hatte. Mit einer ungeduldigen Kopfbewegung warf sie das Haar zurück und fuhr ihn an: “Sie kreuzen hier einfach auf, erteilen mir Befehle, übernehmen Charlottes Angelegenheiten und…”
    “Charlotte hat mich gebeten herzukommen.” Er sah vom Scheckbuch hoch.
    “Aber Charlotte…”
    “Ist fort. Wahrscheinlich auf der Suche nach dem nächsten Abenteuer.” Er klang gelangweilt.
    “Nein!” flüsterte Angela entsetzt. Armer Harvey, dachte sie. Arme Charlotte, verliebt sich und hat Angst, ihren Gefühlen zu traue n. Läuft weg, ohne sich mit Harvey auszusprechen.
    “Aber das Boot war nicht abgeschlossen”, protestierte sie matt. “Charlotte muss zurückgekommen sein und…”
    “Ich habe es aufgeschlossen”, erklärte Kent, während er etwas auf das Scheckformular schrieb. “Wie heißt Ihre Firma? Und welchen Betrag soll ich einsetzen?”
    Angela griff nach der Persenning.

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