Mit dem Blick aufs weite Meer
sich zu, bevor sie Licht machte.
Sie konnte einige Sachen, die sie mitgebracht hatte, nicht wiederfinden und beschloss, ohne sie wegzugehen. Außerdem hing im Schlafzimmerschrank ein Kleid von ihr. Sie hatte es für den Fall gekauft, dass Kent mit ihr ins Theater oder zum Tanzen gehen wollte. Es war ihr gleichgültig, wenn sie es niemals wiederbekommen sollte. Genau wie diese Bluse mit dem Kordelverschluss, die auch im Schrank hing. Ihre Armbanduhr war verschwunden, sie musste sie irgendwann abgenommen und acht los beiseite gelegt haben.
Eine halbe Stunde später verließ Angela die Wohnung. Sie zog so leise wie möglich die Tür hinter sich zu. Damit habe ich alle Brücken hinter mir abgebrochen, dachte sie traurig.
Der Lift war in Sekundenschnelle im neunten Stockwerk, in dem Kents Apartment lag. Sie betrat die Kabine und wartete darauf, dass sich die Tür schloss. Erst nach einiger Zeit merkte sie, dass sie vergessen hatte, auf den Knopf für das Erdgeschoß zu drücken. Sie tat es so heftig, dass ihr Finger schmerzte.
Der Lift glitt in die Tiefe. Wenig später öffnete sich die Tür, und Angela verließ leicht benommen die Kabine.
Ein bärtiger Mann und eine blonde Frau kamen ihr entgegen. Lachend betraten die beiden kurz darauf den Aufzug. Ein Liebespaar, dachte Angela betrübt.
Warum hatte sie sich nur so dumm benommen? Hätte ich nur auf Barneys Warnung gehört?
Das nächste Mal, bevor sie mit einem Mann ausging, würde, sie erst Barney um Rat fragen.
Aber ein nächstes Mal würde es nicht geben. Es würde auch niemals einen anderen Mann in ihrem Leben geben.
Die Straßenlaternen beleuchteten die Gehwege nur spärlich.
Angela wusste nicht, wie spät es war. Ein Mann kam den Bürgersteig entlang. Jetzt verlangsamte er seine Schritte. Sie drehte sich herum und studierte die Namensschilder mit den Klingelknöpfen. K. Ferguson. Der Fremde war anscheinend stehengeblieben. Wie peinlich wäre es, wenn sie Kent aus dem Schlaf klingeln müsste, falls der Unbekannte hinter ihr sie anpöbelte.
In diesem Moment hörte sie wieder Schritte, die sich entfernten. Sie hängte sich die Reisetasche über die Schulter und ging hastig in die andere Richtung. Nirgends war eine Telefonzelle zu sehen. Es wäre besser gewesen, wenn sie noch von Kents Apartment aus ein Taxi bestellt hätte. Was sollte sie jetzt bloß mache n? Mit der Tasche über der Schulter durch die nächtlichen Straßen wandern?
Ein Wagen fuhr langsam vorbei. Angela wurde schlagartig bewusst, dass eine Frau, die mitten in der Nacht draußen herumlief, Belästigungen ausgesetzt war.
Einige Blocks weiter wurde es heller, und sie beeilte sich, dorthin zu kommen. Das Klappern ihrer Absätze auf dem Pflaster war das einzige Geräusch in der leeren Straße.
Plötzlich tauchte ein Auto vor ihr aus einer Seitenstraße auf. Rasch ging sie mit gesenktem Kopf weiter und versuchte den Eindruck zu machen, als hätte sie ein Ziel.
Der Wagen hielt. In den hohen Gebäuden rings um sie herum waren nur ein paar Fenster erleuchtet. Der Apartmentblock neben ihr hatte eine selbstschließende Tür, die nur mit einem Schlüssel geöffnet werden konnte. Es sei denn, man läutete bei jemand und…
“Hallo, Darling! Sollen wir dich mitnehmen?”
Angela drehte dem Auto den Rücken zu und rannte die Stufen zum Hauseingang hoch.
“Na komm schon, Süße. Steig ein. Wir werden auch nett zu dir sein.”
Hastig kramte sie in der Tasche herum, als suchte sie etwas. Zu ihrer Erleichterung heulte der Motor im nächsten Moment auf, und das Auto fuhr fort.
Diese Stadt war nicht vergleichbar mit dem verschlafenen Port Townsend, in dem sie sich auskannte. In Vancouver konnte es sich eine anständige Frau kaum erlauben, nachts allein herumzustreifen.
Endlich hatte sie die Wohngegend mit den vielstöckigen Apartmenthäusern hinter sich gelassen. Sie passierte eine Bushaltestelle. Der Bürgersteig wurde breiter. Hier waren auch andere Menschen unterwegs. Ein Mann kam leicht schwankend auf sie zu. Rasch wich sie zur Seite aus. Aber weit und breit war kein Bus zu sehen. Sie wusste immer noch nicht, wie spät es war.
Eine Gruppe lärmender Leute verließ gerade die Kneipe hinter ihr. Eine r der Männer lächelte ihr zu, und sie drehte sich schnell herum. Während sie an der Haltestelle auf den Bus wartete, kamen noch mehr Menschen aus dem Lokal. Jedesmal lief es ihr kalt über den Rücken. Wie kann man eine Bushaltestelle direkt vor einer Kneipe einrichten, dachte Angela.
An Frauen
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