Mit einer Prise Glück und Liebe
den Raum und tritt neben sein Bett. »Gib mir deine Hand.«
Sie hebt ihre Hand, und er nimmt sie in seine Linke. Seine rechte Hand steckt in dicken Verbänden, und trotz der Decke sieht sie, dass sein rechtes Bein fehlt. Seine Stirn ist unversehrt, und seine Augenbrauen beginnen bereits wieder nachzuwachsen. Sie kann seine Nase nicht erkennen, aber mit einem Mal ist ihre Angst verschwunden. Es ist genau so, wie Ramona gesagt hat. Ein Fremder mit so schweren Verbrennungen würde ihr Angst einjagen, aber der Mann, der vor ihr in diesem Bett liegt und sie ansieht, ist ihr Vater. Er hat die Augen ihres Vaters, seine Stimme.
»Ich habe einen Fehler gemacht«, sagt er. »Ich war ein Feigling. Es tut mir leid.«
Katies Inneres platzt wie eine überreife Melone. »Ich wollte zu Mom, und sie hat all meine Sachen gestohlen und mich in diesem schrecklichen Park allein gelassen, und ich wusste nicht, wohin und was ich machen soll.« Sie weint. Ihr Dad drückt ihre Hand, hält sie fest. »Und sie wird es nie schaffen, obwohl ich es mir so gewünscht habe, und du musst leben, sonst habe ich überhaupt keine Eltern mehr.«
In den Augen ihres Dads glitzern Tränen. »Ich verspreche dir, Katie, dass ich nirgendwohin gehen werde. Und wenn du das Gefühl hast, ich tue es trotzdem, nimmst du einfach mein Bein und brätst mir damit eins über.«
Sie muss lachen und muss sich die Hände vors Gesicht legen, weil ihre Nase läuft.
Sie schnieft, dann legt sie behutsam ihre Wange an seine Schulter. Doch er hebt den linken Arm und drückt sie fest an sich. »Ich liebe dich.«
»Ich dich auch, Dad.«
ZWEIUNDSECHZIG
Sofias Tagebuch
15. Juli
Ich bin Mutter!!! Die Rückenschmerzen haben sich als Wehen entpuppt. Als ich in den Kreißsaal geschoben wurde, ging es gleich richtig los, und zwei Stunden später war er da. Er ist ein echter Brocken! Sie haben ihn gesäubert und gewogen und alles, dann haben sie sich um mich gekümmert, den Dammschnitt vernäht (es tut echt weh, wenn ich pinkeln muss!) und ihn mir gebracht, eingehüllt in eine kleine weiße Decke. Sein armes Gesichtchen ist ganz zerquetscht, und die Haut um seine Augen ist voller blauer Flecke, aber sie meinten, in ein, zwei Tagen gehe es wieder weg. Ich habe ihn gestillt, eine halbe Ewigkeit, und er hat seine Sache wirklich gut gemacht, als würde er nichts anderes kennen. Andererseits muss er auch ziemlichen Hunger gehabt haben. Ich meine, fast viereinhalb Kilo. Heiliger Strohsack!
Er quengelt schon wieder. Muss Schluss machen!
DREIUNDSECHZIG
Ramona
D en Morgen meines Geburtstags verbringe ich mit Sofia und Marcus. Meine Tochter strahlt vor Glück. Sie schwimmt in einer Blase aus Hormonen, Liebe und der Hoffnung, dass am Ende doch noch alles gut wird. Sie hat sich die Haare zusammengebunden und stillt ihren kleinen Sohn. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass man so viel Liebe empfinden kann. Ich meine, ich liebe Oscar, und dich natürlich, und Margaritas und viele andere Dinge, aber …« Sie schüttelt den Kopf. »Dass mich etwas so verschlingt, habe ich noch nie erlebt.«
»Ich weiß.«
Sie sieht mich an. »Es muss echt hart für dich gewesen sein, Mom. Du warst noch so jung.«
»Nein. Da war dieser eine Tag, als ich Jonah kennengelernt habe. Ich war in seinem Laden, er spielte eine Platte mit spanischer Gitarrenmusik, und du hast angefangen, in meinem Bauch zu tanzen. In diesem Augenblick war es um mich geschehen. Als ich dein Gesicht sah, war es, als hätte ich dich schon immer gekannt, als wärst du schon immer ein Teil meiner Welt gewesen.«
Sie nickt, legt die Hand über das Köpfchen des Babys und zerzaust ihm behutsam das Haar, während es schmatzend weitertrinkt. »Ja. Genau.« Sie lehnt sich in ihr Kissen zurück. »Ich finde es so wunderbar, wie Jonah dich ansieht.«
Sie hat ihn heute Morgen kennengelernt, bevor er sich auf den Weg gemacht hat, um irgendwelche geheimnisvollen Besorgungen zu machen, ebenso wie Katie und meine Mutter. Er nahm ihre Hand und schenkte ihr sein typisches sanftes Lächeln. »Endlich lernen wir uns kennen«, sagte er zu ihr, woraufhin sie lachte.
»Wie sieht er mich denn an?«
»Fragst du das im Ernst? Ist dir das denn nicht aufgefallen?«
»Keine Ahnung.«
»Ach, eigentlich will ich dir die Freude lieber nicht verderben. Du solltest es lieber selbst herausfinden.« Sie streichelt Marcus’ Wange. »Und noch besser ist die Art, wie du ihn ansiehst.« Ihr typisches Alte-Seelen-Lächeln erscheint auf ihren Zügen. »So als wäre er
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