Ein talentierter Lügner (Romeo & Julian) (German Edition)
Kapitel 1
„Verdammt nochmal, hör endlich auf damit!“ schrie Julian als seine Kaffeetasse scheppernd auf den Fliesen zerschellte.
„Womit?“
„Dich so anzuschleichen! Du bist ja wie eine verdammte Katze!“
„Ich habe mich nicht angeschlichen“, erklärte de r Neuankömmling mit unschuldiger Miene. „Ich wollte mir nur einen Kaffee holen.“
„Hier, nimm den.“ Julian reichte ihm die zweite Tasse , die noch auf der Theke stand. „Den wollte ich dir sowieso gerade bringen.“
„Oh, das ist süß von dir. Du verwöhnst mich ja richtig.“
„Ich weiß. Gewöhn dich nicht dran“, grummelte Julian und ging in die Hocke um vorsichtig die Scherben aufzusammeln. Bevor er es richtig wahrnahm, war sein Begleiter schon neben ihm und wischte den verschütteten Kaffee mit einem Lappen auf.
„Danke“, sagte er leise.
„Schon gut. Wenigstens können uns die anderen jetzt nicht sehen.“ Kräftige Finger gruben sich in Julians Nacken und zogen ihn zu einem raschen, aber dennoch sehr angenehmen Kuss heran.
„Oh, verdammt.“ Julian stieß einen tiefen Seufzer aus als er sich wieder aufrichtete. „Wir sollten das hier wirklich nicht tun.“
„Warum denn nicht?“ Romeo grinste verschmitzt. „ Beeinträchtigt Rumknutschen in der Kaffeeküche etwa deine Konzentration?“
„Nein.“ Julian erwiderte das Lächeln. „Naja, ein bisschen schon, aber ich mache mir eher Sorgen darüber, dass uns eines Tages jemand dabei erwischt.“
„Na und? Du hast doch selbst gesagt , dass das beim FBI niemanden interessiert.“
„Tut es auch nicht. Zumindest interessiert die sexuelle Orientierung der FBI-Angehörigen niemanden, aber Beziehungen zwischen Angestellten, besonders wenn sie in derselben Abteilung arbeiten, sind dennoch nicht gerne gesehen.“
Romeo kicherte. „Oh, Jules. Du bist so verdammt heiß wenn du Bundesgesetze zitierst. Ich könnte dir glatt die Kleider vom Leib reißen und vor dir auf die Knie sinken, um—“
„Wage es nicht , diesen Satz zu beenden!“ warnte Julian.
Romeos Grinsen wurde noch etwas breiter. „Um den Boden auf dem du stehst , anzubeten“, ergänzte er. „Nebenbei bemerkt, eigentlich bin ich ja überhaupt kein Angestellter. Ich bin nur ein Berater, weißt du noch?“
„Oh, ich weiß.“ Julian war sich dessen in der Tat sehr bewusst. Wie könnte er es auch vergessen? Nachdem er monatelang einem äußerst fähigen Kunstdieb nachgejagt hatte, war es ihm endlich gelungen, ihn zu stellen. Doch anstatt den Mann hinter Gitter zu bringen, war Julian seinem Charme erlegen. Die gemeinsam verbrachte Nacht hatte bei ihnen beiden einen bleibenden Eindruck hinterlassen, auch wenn bis zu ihrem nächstes Treffen fast ein Jahr vergangen war.
Immerhin hatte d er Lauf der Dinge sie noch enger zusammengeschweißt und dank einer seltsamen Schicksalsfügung war Romeo vom FBI als Julians Berater in seiner Abteilung für Kunstdiebstähle eingesetzt worden. Ironischerweise hatte er seinen Job offiziell an Heiligabend begonnen—ausgerechnet dem Jahrestag ihrer ersten Begegnung. Obwohl sie inzwischen schon seit zwei Wochen zusammen arbeiteten, warteten sie noch immer auf einen Fall der Romeos besondere Fähigkeiten erforderte, während sie einen Teil der Zeit, die sie nicht im Büro waren, damit verbrachten, die besonderen Fähigkeiten des anderen zu erforschen.
Sie hatten einige gemeinsame Stunden während der Feiertage genossen, beide erleichtert darüber, dass ihr Status als Jäger und Beute endlich aufgehoben war. Und dennoch blieben Romeos wahre Identität und der Grund aus dem er plötzlich für das FBI arbeitete ein Geheimnis für Julian. Selbst der Name, Romeo, war der Spitzname den Julian selbst dem Kriminellen den er jagte verliehen hatte. Sein Berater trug offiziell den Namen Paris Moore, doch Julian wusste dass das nur ein weiterer Alias in einer langen Reihe falscher Identitäten war. Er mochte den Namen nicht sehr, eigentlich keinen von beiden, aber der Spitzname Romeo konnte wenigstens als das betrachtet werden, was er war—ein Spitzname. Der andere Name war nur ein Alias. Ein Fremder.
Julian hatte sich selbst das Versprechen abgerungen , die Frage nach Romeos richtigem Namen nicht mehr zu stellen. Vielleicht würde er eines Tages die Wahrheit über ihn erfahren, aber bis dahin musste er akzeptieren, dass sein Berater—und Liebhaber—voller Geheimnisse steckte. Tatsächlich fühlte er sich als habe er gerade erst an der obersten Schicht von Romeos Fähigkeiten
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