Mit Herz, Charme und Mut (German Edition)
durchs Leben, ohne dass ihnen bewusst gewesen wäre, dass sie übervorsichtig waren, um nur keine Aufmerksamkeit zu erregen oder jemanden gegen sich aufzubringen. Obwohl Dory seit Austins zweitem und Sophies viertem Lebensjahr alleinerziehende Mutter war, machte sie sich manchmal Sorgen, dass die Kinder immer noch unter den schrecklichen Erlebnissen ihrer frühen Kindheit litten. „Los, kommt raus, ihre beiden. Kommt.“
Aber dann stiegen sie wie normale Kinder aus dem Wagen, schnappten sich ihre Rucksäcke und rannten um die Wette zum Haus. Austin stolperte und flog hin. Sophie lachte ihn aus und zog ihn auf. Sie schlug ihn beim Rennen zur Haustür. Das tröstete Dory.
Sie ging ihren Kindern hinterher, als Clay plötzlich sagte: „Dory?“
Sie drehte sich um. „Hm?“
„Ich nehme nicht an, dass Sie mal ausgehen möchten?“
„Das nehme ich auch nicht an“, antwortete sie, lächelte aber wenigstens ein wenig dabei. Dann wandte sie sich erneut von ihm ab und marschierte weiter.
„Warum nicht?“ Sie drehte sich noch einmal um und sah, wie er am Kragen seines T-Shirts schnüffelte. „Ich dusche mich auch und alles.“
Da hätte sie beinahe gelacht, fand dann am Ende aber doch, dass es besser war, wenn sie hart blieb. „Nichts Persönliches. Nur zu viele andere Baustellen, Clay. Danke, dass Sie gefragt haben.“ Sie wandte sich wieder von ihm ab. „Doch das mit der Dusche – gute Idee vor einer Verabredung.“
Sie hörte ihn hinter ihrem Rücken lachen, während sie das Haus betrat.
Es stimmte – sie hatte zu viel zu tun, um sich zu verabreden. Mit ihrem Vollzeitjob in einem Supermarkt in Fortuna nebst so vielen Überstunden, wie sie schaffen konnte, zwei Kindern und der ehrenamtlichen Arbeit für eine Organisation, die alleinstehende Mütter unterstützte, blieb nicht viel Zeit übrig. Schon gar nicht für Dates. Außerdem, weshalb sollte sie sich überhaupt verabreden? Nicht nur, dass sie ihren eigenen Instinkten in puncto Männern nicht mehr vertraute, sondern sie hatte auch keine Lust mehr, die weibliche Hälfte eines Paares zu sein. Ihre einzige Erfahrung damit war mehr als schlecht ausgegangen.
Heute Abend, nach dem Essen, musste sie zu der Selbsthilfegruppe für alleinstehende Mütter, die sich im Untergeschoss einer Kirche traf. Alle Frauen brachten ihre Kinder mit – sie waren Alleinerziehende, die häufig überhaupt niemanden hatten, der ihnen den Rücken freihielt. Sie alle legten zusammen, damit sie eine ihrer Teenagertöchter bezahlen konnten, die in einem Klassenzimmer der Sonntagsschule gleich am Ende des Korridors auf die Kleinen aufpasste.
Vor drei Jahren war Dory zu einem dieser Gruppentreffen gegangen, weil sie selbst Hilfe benötigt hatte. Es hatte nicht lange gedauert, da hatten ein paar Frauen sie gefragt, ob sie ihnen nicht dabei helfen wolle, aus dem Verein eine gemeinnützige Agentur zu machen, die zum Ziel hatte, alleinstehenden Müttern und ihren Kindern unter die Arme zu greifen. Inzwischen hatten sie schon viel erreicht – Kirchen, Unternehmen und Einzelpersonen unterstützten ihre Bemühungen, und sie hatten eine Menge damit zu tun, Zuschüsse zu bewilligen. Obwohl die Frauen ständig danach strebten, noch mehr auf die Beine zu stellen, hatten sie immerhin bereits ein paar zweitägige Tagungen für alleinerziehende Mütter organisiert, die ab jetzt jeden Sommer stattfinden sollten. Außerdem stand mittlerweile auch ein Haus zur Verfügung, das Opfern von Gewalt und Missbrauch Zuflucht gewähren sollte. Es gab sogar schon eine Warteliste. Vor Kurzem hatte der Verein ein Bankkonto eröffnet, von dem sie für Dinge wie Benzin, Strom und allgemeine Notfälle Geld abheben konnten. Einige der Frauen, die sich ihrer Gruppe angeschlossen hatten, benötigten alles dringend. Ehrenamtliche Mitarbeiter hatten ihre Autos mit Spenden – Milchpulver und Säuglingsnahrung, Windeln, ein paar Konserven, Seife und Shampoo und Kindernahrung – vollgeladen. Eines Tages, so der Plan, wollten sie in der Lage sein, in ihrem Zentrum eine Notversorgungsstelle für Lebensmittel und andere notwendige Dinge des täglichen Bedarfs einzurichten.
Als Dory und die Kinder nach dem Abendessen in den Wagen stiegen, saß Clay auf seiner Vorderveranda. Er stützte die Beine aufs Geländer und trank Cola. Sie winkte ihm; er erwiderte den Gruß. Und Austin winkte ebenfalls begeistert. Manchmal tat ihr Austin leid – er hätte gut ein positives männliches Vorbild in seinem Leben gebrauchen können.
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