Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
tauchen jedoch zunehmend Unzufriedenheit und ein Gefühl von innerer Leere auf. Eine Frage wird immer drängender: Ist das noch das Leben, das ich führen will, ist das mein Leben? Irgendetwas fehlt. Wenn heute ein Drittel der deutschen Bevölkerung sich ausgebrannt und leer fühlt, interpretiere ich dies als Selbstverlust.
Yoga ist ein Weg der Selbstbegegnung, der die Spürfähigkeit für ein gesundes Gleichgewicht fördert und so die eigene Authentizität entwickeln hilft. Ein Innehalten und Sich-Besinnen – im Yoga wird es Nachspüren genannt – führen zu einer gesunden Balance zwischen den Anforderungen der Außenwelt und der eigenen Seele. Immer wieder wird der Ausgleich zwischen Polaritäten gesucht: zwischen Anspannung und Entspannung genauso wie zwischen Leichtigkeit und Stabilität. Ängste und Krankheiten deuten auf einen Verlust der Beziehung zur inneren Mitte hin.
Yoga arbeitet mit und an den drei Energiequellen: Bewegung, Atem und Bewusstsein. Indem diese miteinander koordiniert werden, verstärken sie sichgegenseitig in ihrer positiven Wirkung. Wenn eine Bewegung – und jede Handlung besteht aus einer inneren und äußeren Bewegung – mit dem eigenen (Atem-)Rhythmus verbunden wird, kann die Seele mit dabei sein. Die drei Energieträger zusammenzuführen, steht damit in deutlichem Gegensatz zu dem heute oft gepriesenen Multitasking. Einige Yoga-Übungen sind in diesem Buch ausführlicher beschrieben, andere nur angedeutet. Dieses Buch kann keinen Yoga-Kurs ersetzen, und ich empfehle auf jeden Fall, die Feinheiten einer Übung unter genauer Anleitung einer erfahrenen Yogalehrerin oder eines -lehrers zu erlernen.
Yoga bietet viele Techniken, die sowohl Energie, kraftvollen Ausdruck als auch lösende Entspannung im Wechsel miteinander fördern. Durch achtsame Körperübungen wird der Körper immer mehr zu einem unterstützenden Freund. Wenn 80 % der Anmeldungen zu einem Yoga-Kurs aufgrund eines ärztlichen Rats oder wegen Rückenschmerzen stattfinden, deutet das darauf hin, dass viele Menschen den Bezug zu ihrem Körper verloren haben. Die Atemübungen wirken vor allem ausgleichend auf Stimmung und Gemüt. Die meditativen Übungen helfen, dem eigenem Leben eine Richtung zu geben. Klarheit und Orientierung bilden sich heraus und lassen deutlich werden, wo und wie eine Änderung möglich ist und wie Fakten, die sich nicht ändern lassen, durch eine andere Perspektive akzeptiert werden können. So möchte ich Menschen, die Unsicherheiten und Entscheidungsnotwendigkeiten spüren und denen die Beobachtung der gegenwärtigen gesellschaftlichen Krisen Angst macht, einladen, sich wieder aktiv an der Gestaltung der Welt, der kleinen wie der großen, zu beteiligen.
Es gibt heute viele Menschen, die nach der Erziehung durch Familie und Schule ihre Persönlichkeitsentwicklung selber gestalten wollen. Angst ist nicht nur ein unangenehmes Gefühl, sie hat mit ihren körperlichen Begleiterscheinungen auch negative Auswirkungen auf die eigene Gesundheit. Die Verantwortung für die eigene körperliche und seelische Gesundheit zu übernehmen, ist ein wichtiger Reifungsschritt. In diesem Lernprozess wird es möglich, die Erfahrung der Angst zu verwandeln, wie es sich in folgendem Satz ausdrückt: »Ich habe Angst, aber die Angst hat nicht (mehr) mich!« Yoga ist ein wunderbarer Weg, die im Körper, in der Seele und in den eigenen Bewusstseinskräften schlummernden Fähigkeiten für die persönliche Lebensgestaltung zu nutzen. So hoffe ich, mit diesem Buch Menschen zu ermutigen, in schwierigen Zeiten den eigenen Möglichkeiten mehr zu vertrauen.
Als Psychotherapeutin bin ich es gewohnt, eine Krise immer auch als Herausforderung und Chance zu sehen. Die Zeit, in der wir leben, stellt vielfältige Wachstumsaufgaben an uns. Es liegt mir fern, mit diesem Gedanken noch eine weitere Leistungsaufforderung zu stellen – sind es doch gerade die vielen gefühlten und von der Umwelt suggerierten Notwendigkeiten, die zu Überforderungsgefühlen und damit Ängsten führen. Eher möchte ich dazu ermutigen, eine gesunde Balance zu finden zwischen Gefordertsein und der Fähigkeit, sich von Forderungen ohne schlechtes Gewissen abgrenzen und distanzieren zu können. Und vielleicht gelingt es mir auch, etwas Hoffnung auf eine Welt zu machen, in der das Leben noch lebenswerter ist. Dazu müssen manche Dinge sich erst auflösen. Viele heute übliche Einstellungen und Gewohnheiten sind reif für einen Wechsel, sie dürfen neuen
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