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Mittagessen Nebensache

Mittagessen Nebensache

Titel: Mittagessen Nebensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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stets mit geschickten Ausreden zu umgehen verstanden.
    Jedenfalls waren die Aussichten für unsere nächste Zukunft recht trüb, und ich empfand aufrichtiges Mitgefühl mit Paul.
    Als ich es in Worten ausdrückte, zog er mich nur an sich. »Aber nicht doch! Dein Vater ist immer gut zu uns gewesen, und deine Mutter hat einen Urlaub verdient. Schließlich ist Dawn deine Schwester, darum muß sie doch in Ordnung sein. Die Abende werden wir ja trotz allem für uns haben. Ein Kind in dem Alter muß früh ins Bett.«
    »Aber Paul«, sagte ich mit Nachdruck, »Dawn ist zwanzig! Sie ist kein Kind mehr.«
    »Zwanzig, tatsächlich?« staunte er. »Um so besser! Dann können wir sie ja gut brauchen. Sie hilft dir im Haushalt und paßt auf Christopher auf, wenn wir mal fortgehen.«
    Ich blickte meinen Teuren mitleidig an. Falls sich Dawn nicht bis zur Unkenntlichkeit verändert haben sollte, würde es für Paul ein rauhes Erwachen geben.
    Nach Mutters Brief zu schließen, schien Dawn sich tatsächlich verändert zu haben — allerdings nicht zu ihrem Vorteil.
    »Das war ja eine miserable Verständigung, meine Liebe, und hat mich obendrein auch noch siebenundzwanzig Shilling gekostet. Deine Stimme war ja noch nie besonders klar, aber vielleicht lag es diesmal an Eurem Telefon. Paul sollte es einmal nachsehen. Es ist nett von Dir, Dawn während unserer Abwesenheit aufzunehmen. Glücklicherweise hat sie noch niemals Anstalten gemacht, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. In diesem Falle hätte sie ja hier in der Stadt bleiben müssen, und ich hätte während unserer Reise keine ruhige Minute gehabt. Du erwähntest Felicity, aber mit ihr hat es leider ein paar kleine Unstimmigkeiten gegeben. Ich bin überzeugt, daß Dawn sich nichts dabei gedacht hat, und wir wissen alle, daß Robert seiner Frau treu ist. Glücklicherweise ist inzwischen alles wieder ins rechte Gleis gekommen. Robert überschüttet Felicity mit Aufmerksamkeiten, und die verdient sie ja schließlich auch, nachdem sie den Erskines demnächst einen Erben schenken wird. Aber Du begreifst sicher, daß ich Felicity unter diesen Umständen schwerlich bitten kann, Dawn bei sich aufzunehmen.«
    Das klang reichlich mysteriös, aber der Brief ging noch weiter: »Ich bin überzeugt, daß Du einen guten Einfluß auf Dawn ausüben wirst, und auf Paul ist ja in jeder Hinsicht Verlaß. Schließlich macht jedes junge Mädchen dieses Stadium durch, und eines Tages wird auch Dawn vernünftig werden. Sie ist recht hübsch geworden, aber auf eine Art, die mir nicht ganz gefallen will. Sie scheint mir auch nicht ernst genug. Jedenfalls habe ich schon manchen Kummer mit ihr erlebt. Beispielsweise gibt es hier einen sehr gut zu ihr passenden jungen Mann — Gregory Hutchinson heißt er, vielleicht erinnerst Du Dich an seine Familie? — , sehr zuverlässig und genügend älter, um die Verantwortung für Dawn übernehmen zu können. Auch in finanzieller Hinsicht würde diese Heirat sehr vorteilhaft sein, aber Dawn scheint sich nicht entschließen zu können. Ich weiß überhaupt nicht, was diese modernen Mädchen eigentlich wollen. Auf jeden Fall aber wird Dawn bei Dir sicher sein.«
    Schließlich kam noch ein Satz, den Mutter dick unterstrichen hatte:
    »Vor allem, Susan, keinerlei Komplikationen, wenn ich bitten darf. Dawn ist nicht der Typ, der sich ein Leben lang auf dem Lande wohl fühlen könnte.«
    Das unausbleibliche P.S. war typisch für meine Mama und eine Erklärung dafür, warum alle Leute sie furchtbar gern haben, obwohl sie so schrecklich viel herumkommandiert: »Liebe kleine Susan, Du hast mir ja immer beigestanden. Dawn ist ein lästiges Kind, aber ich möchte so gern nach England fahren... «
    Daraufhin beschlossen wir, alles zu tun, um ihr die Sorge für Dawn abzunehmen. Nur Paul runzelte nachdenklich die Stirn. »Lästig...? Na ja, ich bin wirklich gespannt, was aus diesem Kind eigentlich geworden ist.«
    Wir erfuhren mehr aus Vaters Brief, der zwar nur kurz, aber dafür um so aufschlußreicher war.
    »Tut mir leid, daß Ihr Dawn auf dem Hals habt. Sie ist an sich ein lieber Kerl, aber schrecklich übermütig. Sie flirtet mit jedem Mannsbild, das ihr über den Weg läuft. Felicity will sie nicht mehr in ihrem Hause sehen, seit sie sie unlängst dabei erwischt hat, wie sie Robert im Waschhaus abküßte. Natürlich nur viel Lärm um nichts, Robert ist ja ein braver Bursche. >Schließlich war es doch nur ein Kuß wie unter Geschwistern<, tröstete ich Felicity,

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