Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
und Asien abgewickelt worden war und die nun die Übergangsstelle zwischen den Kontinenten blockierte. Der Untergang der Stadt schien ausgemachte Sache, doch ließ er erstaunlich lang auf sich warten.
Die Janitscharen
Die Osmanen schufen sich im 14. Jahrhundert eine Elitetruppe ganz eigener Art, die Janitscharen („neue Truppen“). Waren die Heere des Mittelalters sonst nur auf Zeit zusammen, blieben die Janitscharen ihr Leben lang im Dienst des Sultans. Ihre Reihen füllten sie mit Kriegsgefangenen aus den unterworfenen Gebieten, auch und gerade mit Kindern aus christlichen Familien, die den Eltern weggenommen und zu fanatischen Muslimen umerzogen wurden. Das Aushebungsverfahren – auf je 40 Haushalte ein Rekrut – nannte man „Knabenlese“; es machte die acht- bis 18jährigen Rekruten zum Eigentum des Sultans. Nach einer längeren Dienstzeit bei Bauern möglichst weit weg von ihrem Heimatort wurden die Knaben ins Janitscharenkorps aufgenommen, wo die Militärausbildung begann. Janitscharen heirateten nicht und hatten keine Familie außer ihrer Kriegergemeinschaft. In den Janitscharenverbänden herrschte strengste Zucht, die Krieger führten ein Leben wie Mönche. Wenn auch wie Sklaven gehalten, genossen Janitscharen doch das höchste Ansehen und bedeutende staatliche Privilegien. Bis ins 19. Jahrhundert bildeten sie das Rückgrat der türkischen Armee
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Verständigung zwischen den Kirchen
Sultan Bajasid I. genannt der „Blitz“ (1389–1403), machte um die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert den ersten Versuch, die Stadt am Bosporus einzunehmen. Er musste jedoch die Belagerung abbrechen, weil sich von Zentralasien eine neue mongolische Invasion unter Timur (Tamerlan) näherte. Bei Ankara wurde Bajasid 1402 besiegt. Sein Enkel Murad II. probierte es 1422 – ohne Erfolg. Danach hatte Konstantinopel einige Jahrzehnte Ruhe. Es fand sogar auf dem Konzil von Florenz 1439 eine erste Verständigung zwischen der orthodoxen und der römischen Kirche statt, die hoffen ließ, dass sich das Abendland stärker für Konstantinopel engagieren würde.
Die Hilfe blieb aber dann doch aus, als Sultan Muhammad II. (1451–1481) im Frühjahr 1453 eine ungeheure Armee vor den Mauern von Konstantinopel versammelte. Riesenkanonen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte, kamen zum Einsatz, methodisch schlugen sie die noch aus Römerzeiten stammenden und jahrhundertelang für unbezwingbar gehaltenen Befestigungsanlagen in Stücke. Im Landtransport, auf Rollen, wurde eine Kriegsflotte über die Halbinsel von Pera in den zum Marmarameer hin mit einer Kette abgesperrten Sund, das Goldene Horn, geschafft.
Hagia Sophia wird Moschee
In der Nacht zum 29. Mai 1453 begann der Sturm, der die Stadt endgültig in den Besitz Sultan Muhammads brachte. Der letzte byzantinische Kaiser Konstantin XI. Palaiologos fiel im Kampf. Während seine Soldaten Massaker und Plünderungen veranstalteten, zog der Sultan in die Stadt ein. Als Zeichen, dass es mit dem Byzantinischen Reich ein Ende habe, ließ er in der Hagia Sophia das Kreuz entfernen und die Wandmalereien übertünchen. Die von Kaiser Justinian erbaute Kirche, das Wahrzeichen Konstantinopels, wurde Moschee.
Das türkische Heerlager vor Konstantinopel 1453. Zeitgenössische Buchmalerei aus der Werkstatt des Jean Mielot. Mit der Eroberung der Stadt durch die Truppen des Sultans Muhammad II. ging das Byzantinische Reich endgültig unter
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(c) dpa/Picture Alliance, Frankfurt am Main
„Fahrende Frauen“ und ihre Kundschaft
Prostitution
Das christliche Mittelalter sah die Prostitution als notwendiges Übel an. Nach dem Urteil des Kirchenvaters Augustinus waren die Dirnen und deren Zuhälter Bollwerke gegen die verwirrende Kraft der Libido. Als wandelnder Verstoß gegen alle religiösen und sittlichen Normen mussten die Prostituierten jedoch stets damit rechnen, zu Sündenböcken für gesellschaftliches Unglück gemacht zu werden.
Sittenloses Treiben
Kurioserweise blühte die Prostitution gerade im Umkreis von Wallfahrten. Denn hier zogen nicht nur besonders Gottesfürchtige los, sondern auch und gerade die, die einiges auf dem Kerbholz hatten. Solche Leute blieben nach oberflächlich geleisteter Buße zumeist dieselben Schwerenöter, die sie vorher auch schon gewesen waren. Auf dem Pilgerzug galten die sozialen Kontrollmechanismen der Heimat nicht mehr. Wer sich das Kreuz hatte anheften lassen, konnte sich in dem Glauben wiegen, dass er einer privilegierten Klasse angehöre. Durch die
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