Mitternachtsfalken: Roman
nennen wir es ein four-poster bed«, erklärte Hogg. »Nach unseren Informationen operieren diese Radargerate in einem Himmelbett. Allerdings wissen wir nicht, was die Deutschen darunter verstehen.«
»Oh!«, sagte Harald. »Ich hatte mich schon gefragt, wie sie das alles organisieren. Jetzt weiß ich Bescheid.«
Es wurde still im Raum. »Inwiefern?«, fragte Hogg schließlich.
»Also, wenn ich die deutsche Luftabwehr organisieren müsste, dann würde ich die Grenzbereiche in Luftraumblöcke aufteilen, sagen wir: acht Kilometer breit und dreißig Kilometer tief. Und dann würde ich jedem Block – oder jedem Himmelbett – jeweils drei solche Apparate zuordnen.«
»Da könnten Sie Recht haben«, sagte Hogg nachdenklich. »Damit wäre die deutsche Luftraumüberwachung nahezu perfekt und kaum noch zu überwinden.«
»Ja«, erwiderte Harald. »Aber nur, wenn die Bomber nebeneinander fliegen. Wenn Sie Ihre RAF-Piloten dagegen hintereinander fliegen lassen und alle durch ein einziges ›Himmelbett‹ schicken, dann spürt die Luftwaffe nur einen einzigen Bomber auf, während die anderen große Chancen hätten, durchzukommen.«
Hogg starrte Harald eine ganze Weile lang wortlos an. Dann wanderte sein Blick zu Digby und den beiden Offizieren und kehrte schließlich wieder zu Harald zurück.
»Wie ein Strom«, setzte Harald hinzu, weil er nicht wusste, ob sie ihn verstanden hatten.
Die Engländer schwiegen noch immer, und Harald glaubte schon, er hätte sich vielleicht falsch ausgedrückt. »Verstehen Sie, was ich meine?«, hakte er nach.
»O ja«, sagte Hogg endlich. »Ich verstehe ganz genau, was Sie meinen.«
Am folgenden Morgen fuhr Digby mit Karen und Harald von London aus nach Nordosten. Drei Stunden später kamen sie zu einem Landhaus, das von der Royal Air Force als Offiziersunterkunft beschlagnahmt worden war. Die beiden jungen Dänen bekamen je ein kleines Zimmer mit einem Feldbett. Dann stellte Digby sie seinem Bruder Bartlett vor.
Am Nachmittag gingen sie alle mit Bart zum nahe gelegenen Fliegerhorst der Royal Air Force, auf dem Barts Staffel stationiert war. Digby hatte ihre Teilnahme an der Einsatzbesprechung durchgesetzt, indem er dem Standortkommandanten weismachte, es handele sich um eine Geheimdienstübung – eine Aussage, die niemand hinterfragte. So waren Karen und Harald dabei, als der Kommandeur die neue Formation erklärte, in der die Piloten der RAF bei dem für die kommende Nacht geplanten Luftangriff fliegen sollten – den Bomberstrom.
Ziel des Angriffs war Hamburg.
Die gleiche Szene wiederholte sich – mit unterschiedlichen Zielen – auf vielen anderen Flugplatzen im Osten Englands. An dem verzweifelten Versuch, zumindest einen Teil der deutschen Luftwaffe von der russischen Front abzuziehen, sollten sich über sechshundert Bomber beteiligen.
Am Abend ging der Mond ein paar Minuten nach sechs Uhr auf, und die Zwillingsmotoren der Wellingtons begannen um acht Uhr zu dröhnen. Auf der großen Tafel im Besprechungsraum waren die Abflugzeiten vermerkt, dazu der Code-Buchstabe für jeden Bomber. Bart steuerte G, das für George stand.
Bei Einbruch der Nacht, als die Funker die ersten Berichte der Bomber brachten, wurden die Positionen auf einem großen Kartentisch markiert. Die Markierungsfähnchen bewegten sich unaufhaltsam auf Hamburg zu. Digby rauchte eine Zigarette nach der anderen, um seine Angst in Schach zu halten.
Die führende Maschine, C für Charlie, berichtete, dass sie von einem Jagdflieger angegriffen wurde, dann brach die Übertragung ab. A für Abel näherte sich der deutschen Großstadt, meldete heftiges Flakfeuer und warf seine Leuchtbomben ab, so genannte Christbäume, die den nachfolgenden Bombern ihre Zielgebiete erleuchteten.
Als die Bomben fielen, musste Harald an seine Verwandten in Hamburg denken, die Goldsteins. Er konnte nur hoffen, dass sie in Sicherheit waren. Im vergangenen Schuljahr hatte er für den Englischunterricht einen Roman lesen müssen und sich dazu H. G. Wells‘ Der Krieg in der Luft ausgesucht. Die Lektüre hatte ihm eine albtraumhafte Vorstellung von einer Stadt vermittelt, die aus der Luft angegriffen wird. Gewiss, ihm war klar, dass es keine andere Möglichkeit gab, die Nazis aufzuhalten – aber er befürchtete das Schlimmste für Monika.
Ein Offizier trat auf Digby zu und berichtete mit leiser Stimme, sie hätten den Kontakt zu Barts Flugzeug verloren. »Vielleicht ist es nur ein Funkproblem«, fügte er hinzu.
Schließlich funkte ein
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