Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
schlecht dass er um ein Haar den Kanister hätte fallen lassen. Er schloss die Augen, schluckte mehrmals und bezwang schließlich die Übelkeit.
    Mit dem festen Entschluss, nicht mehr in die Tiefe zu blicken, schlug er die Augen wieder auf und beugte sich über die Tanköffnung. Sein Gürtel schnitt ihm in den Bauch, als Karen dagegen hielt. Er hob den Kanister am einen Ende an.
    Die konstante Bewegung des Flugzeugs machte es unmöglich, das Benzin gleichmäßig einzufüllen, doch bald hatte er der Bogen heraus, bewegte sich mit der Maschine vor und zurück und verließ sich darauf, dass Karen ihn fest im Griff hatte.
    Der Motor stotterte noch einige Male, dann lief er wieder gleichmäßig rund.
    Der Wunsch, in die Kabine zurückzuklettern, wurde beinaht übermächtig. Aber sie brauchten jeden Tropfen Benzin, um ihr Ziel zu erreichen und landen zu können. Der Sprit schien zäh wie Honig zu fließen. Ein bisschen wurde vom Luftstrom mit gerissen, mehr noch platschte neben den Einfüllstutzen auf die Abdeckung, der größte Teil floss jedoch dahin, wo er gebraucht wurde; in den Tank.
    Endlich war der Kanister leer. Harald ließ ihn einfach los sodass er in die Tiefe trudelte, und packte mit der Linken der Türrahmen. Er zog sich in die Kabine zurück und schloss die Tür hinter sich.
    »Sieh mal!«, rief Karen und deutete nach vorn.
    In weiter Ferne, direkt am Horizont, war ein dunkler Schatten zu sehen. Land!
    »Halleluja«, sagte Harald leise.
    »Jetzt bete drum, dass das England ist«, sagte Karen. »Ich habe keine Ahnung, wie weit wir vom Kurs abgetrieben sind.«
    Es schien noch eine halbe Ewigkeit zu dauern, doch endlich verwandelte sich der dunkle Schatten in eine grüne Landschaft die sich beim Näherkommen zu einem Strand, einer Stadt mit einem Hafen, weit verstreuten Feldern und einer Hügelkette rügte.
    »Das sehen wir uns mal genauer an«, sagte Karen.
    Sie gingen auf sechshundert Meter hinunter, damit sie die Stadt aus der Nähe betrachten konnten.
    »Ich habe keine Ahnung, ob das Frankreich oder England ist«,
    meinte Harald. »Ich bin in beiden Ländern noch nie gewesen.«
    »Ich war zwar schon in Paris und in London, aber das hier ist weder noch.«
    Harald überprüfte die Treibstoffanzeige. »So oder so, wir müssen auf jeden Fall bald landen.«
    »Aber wir sollten wissen, ob wir in feindliches Gebiet geraten.«
    Harald hob den Kopf und erspähte durch das Dach zwei Flugzeuge. »Das erfahren wir gleich«, sagte er. »Guck mal da rauf!«
    Die beiden starrten auf die beiden kleinen Maschinen, die von Süden her rasch auf sie zugeflogen kamen. Harald heftete seinen Blick auf die Tragflächen, um die Abzeichen erkennen zu können. Waren es die Kreuze der Deutschen? Sollte tatsächlich alle Mühe umsonst gewesen sein.?
    Dann endlich waren die Maschinen nahe genug, sodass Harald sie erkennen konnte: Es waren Spitfires mit dem Emblem der Royal Air Force.
    Sie waren in England!
    Er brach in lautes Triumphgeheul aus. »Wir haben‘s geschafft!«
    Die beiden Maschinen kamen noch näher und flogen nun links und rechts von der Hornet Moth. Harald sah, wie die Piloten zu ihnen herüberstarrten.
    »Ich hoffe nur, die halten uns nicht für feindliche Spione und schießen uns ab«, sagte Karen.
    Ganz von der Hand zu weisen war diese Möglichkeit nicht.
    Harald überlegte angestrengt, wie sie der Royal Air Force klar machen konnten, dass sie nichts Böses im Schilde führten. »Wir brauchen eine Friedensfahne«, sagte er dann. Er zog sein Hemd aus und hielt es aus dem zerschlagenen Fenster. Der weiße Baumwollstoff flatterte im Wind.
    Der Trick schien zu funktionieren. Eine der Spitfires setzte sich vor die Hornet Moth und wackelte mit den Tragflächen. Karen sagte: »Ich glaube, das heißt ›Follow me‹, aber dazu reicht das Benzin nicht.« Sie musterte die Landschaft unter ihnen. »Ostwind vom Meer her, nach dem Rauch aus dem Kamin da unten zu schließen. Ich lande auf der Wiese dort.« Sie senkte die Nase der Maschine und flog eine Kurve.
    Nervös behielt Harald die Spitfires im Auge. Gleich darauf wendeten auch sie und begannen zu kreisen, behielten jedoch ihre Höhe bei, als wollten sie abwarten, was als Nächstes passierte. Möglicherweise waren sie zu dem Schluss gekommen, dass dem britischen Weltreich von einem einzelnen Leichtflugzeug keine große Gefahr drohte.
    Karen ging auf dreihundert Meter hinunter und flog mit dem Wind an der Wiese vorbei, die sie sich zum Landen ausgesucht hatte. Es waren keine

Weitere Kostenlose Bücher