Mittsommerzauber
dann feiern mussten. Ein Frösteln ging durch Maritas Körper, als sie sich daran erinnerte, dass sie nach dieser Eisparty drei Wochen lang mit einer dicken Erkältung das Bett hatte hüten müssen. Und jetzt das. Was hatte das zu bedeuten, wieso hatte Viveca dieses riesige Haus gekauft? Marita war gespannt auf Vivecas Erklärung. Oder würde es wie so oft sein, dass Viveca es nicht für nötig hielt, irgendjemandem zu erklären, was sie tat?
»Ich kann euch nicht sagen, wie sehr ich mich darüber freue. Los kommt, ich zeige euch alles.«
Viveca zog die beiden mit sich. Plötzlich war sie wieder voller Energie.
»Wie lange habe ich von diesem Haus geträumt!?«
Sven war verblüfft.
»Aber woher kennst du dieses Haus? Warst du in letzter Zeit mal hier auf der Insel? Oder hast du es gekauft, ohne es dir anzusehen?«
»Ich musste es nicht ansehen«, unterbrach sie ihn fröhlich. »Ich kenne das Haus, seit meiner Kindheit. Wir sind immer hierher gekommen, um zu spielen.«
Ihre Stimme bekam einen wehmütigen Klang.
»Wir fühlten uns wie Prinzessinnen. Die Besitzer waren nach Amerika ausgewandert und kamen nur alle zwei Jahre für ein paar Wochen hierher. Und in der anderen Zeit... gehörte es uns.«
Sven beobachtete seine Mutter von der Seite. Eine feine Röte war über ihr Gesicht gezogen, während sie von dem Haus erzählte. Er spürte, wie sehr es sie bewegte, an diese Stätte ihrer Kindheit zurückzukehren.
Marita war nicht so sensibel wie Sven. »Aber wieso musstest du es unbedingt kaufen?«
Sven warf Marita einen ungeduldigen Blick zu. Wie so oft konnte sie Vivecas Gedanken und Taten nicht nachvollziehen. Er wusste, dass seine Mutter Marita schon immer irgendwie unheimlich gewesen war. Marita war eher wie er, durch und durch rational und pragmatisch. Es war für sie unvorstellbar, sich spontan für etwas zu entscheiden, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Jede Entscheidung musste lange bedacht werden, das Für und Wider genauestens gegeneinander abgewogen werden. Und wenn die Entscheidung schließlich gefallen war, war sie richtig. Und für immer unumstößlich.
Vivecas hellblaue Augen lagen einen Augenblick nachdenklich auf der schönen, so streng wirkenden Freundin seines Sohnes.
»Wieso, fragst du? Ich glaube, weil ich es wollte. Oder einfach, weil es zum Verkauf stand und ich verhindern wollte, dass jemand anders es kauft.«
»Aber du hast doch das große Haus in Stockholm. Und die Villa in Antibes. Und das Appartement...«
Viveca ließ sie nicht weiterreden. Sie kramte in ihrer Tasche und zog einen riesigen Schlüssel heraus.
»Es wird euch hier gefallen. Ich dachte, ich könnte meinen Geburtstag hier feiern. Dieses Haus ist der richtige Ort für unsere Familie. Ein Ort, an dem wir zusammen sein können. An dem ihr mit euren Kindern den Sommer verbringen könnt. Wisst ihr, Weihnachten hier auf der Insel, das war immer etwas ganz Besonderes. Der Schnee und das Eis. Alles war ganz still, man hörte nur das Knistern des Eises. Für uns war es immer, als würden Seejungfrauen, die unter dem Eis gefangen gehalten werden, ihre spannenden Geschichten erzählen.«
»Du bist genau wie mein Vater«, fiel ihr Marita fast unhöflich ins Wort. Sie hatte es satt, indirekt immer wieder darauf angesprochen zu werden, dass es nun endlich Zeit würde, dass sie und Sven heirateten und Kinder in die Welt setzten.
»Wahrscheinlich habt ihr beide auch schon die Schulen ausgesucht, auf die meine Kinder einmal gehen sollen.«
Marita war kurz davor, zu explodieren. Sie hasste es, wenn andere Pläne für sie machten. Und noch mehr hasste sie es, wenn diese Pläne sie für ihr ganzes Leben festlegen wollten.
Sven, der sie gut genug kannte, wusste, dass es Zeit war, einzuschreiten. »Auf jeden Fall ist dieser Ort ideal, um deinen Geburtstag zu feiern, Mama.«
Sven ließ den Blick über den perfekt angelegten Garten, der eigentlich schon eher wie ein kleiner Park wirkte, zum Haus schweifen, dessen zartgrauer Anstrich, von dem sich das blendende Weiß der Fenster und Türen absetzte, sehr elegant und erlesen wirkte und auf Anhieb zu der aparten Eleganz seiner Mutter zu passen schien. Er spürte plötzlich, wie ihn ein Schauder durchlief. Und sich ein Lächeln auf seine Lippen legte. Ja, vielleicht hatte seine Mutter Recht, vielleicht war dieses Haus ja wirklich der richtige Ort. Wofür, wusste er nicht. Aber er spürte, dass er es erfahren würde.
Doch noch wollte Viveca nicht lockerlassen.
»Auf jeden Fall ist
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