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Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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Anna tun würde, bevor diese überhaupt selbst daran gedacht hatte.
    Als sie in die Apotheke zurückkam, wurde sie vom ohrenbetäubenden Niesen einer Kundin empfangen. Es war Dörte, die Friseurin.
    »Hej«, sagte Anna. »Ich frage besser nicht, wie es dir geht, oder?«
    »Erkältet«, schniefte Dörte. Sie schwenkte ein Tütchen, in dem sich Medikamente befanden. »Zum Glück gibt es Bertil. Er hat mir versprochen, dass es bis zum Mittsommerfest wieder weg ist. Muss es unbedingt.«
    »Von wem willst du denn dieses Jahr träumen?«, lachte Anna. Sie wusste, dass Dörte ebenso wie Silke felsenfest an den alten schwedischen Brauch glaubte, demzufolge eine junge unverheiratete Frau in der Mittsommernacht von ihrem Zukünftigen träumte, wenn sie auf sieben Wiesen sieben verschiedene Blumen pflückte und diese unter ihr Kopfkissen legte. Vor ¿in paar Jahren hatte Anna auch noch daran geglaubt, doch die Zeit des Blumenpflückens war vorbei. Sie hatte ja Bertil.
    »Von wem ich träumen will, darf doch nicht verraten werden«, beantwortete Dörte Annas Frage. »Aber es gibt schon einen. Vielleicht klappt es ja dieses Jahr.«
    »Bestimmt«, meinte Anna. Vor drei Monaten war Dörte noch mit Lasse, dem Polizisten, ausgegangen. Anscheinend war jetzt ein neuer Verehrer aktuell. Dörte war kein Kind von Traurigkeit.
    »Du hast gut reden«, sagte Dörte. »Bist mit dem nettesten Mann des ganzen Ortes verlobt. Gibt’s eigentlich endlich einen Termin für die Hochzeit?«
    »Ach, wir haben es nicht so eilig«, sagte Anna.
    Bertil kam aus dem Büro und trat hinter die Theke. Offenbar hatte er den letzten Teil der Unterhaltung zwischen Anna und Dörte mitgehört, denn er lächelte verbindlich und meinte mit großer Bestimmtheit: »Auf jeden Fall noch diesen Sommer.«
    »Na, so was«, sagte Dörte verblüfft und erfreut. »Das ist ja wundervoll! Eine tolle Neuigkeit! Glückwunsch zu dieser Entscheidung! Wurde ja auch höchste Zeit mit euch beiden! Anna, ich freu mich für dich!« Sie winkte strahlend mit ihrer Tüte, bevor sie die Apotheke verließ.
    Anna wandte sich zu Bertil um. »Was war das denn gerade? Von einer Hochzeit weiß ich ja gar nichts!« Sie bemühte sich, ihre Stimme nicht allzu verärgert klingen zu lassen, doch sie merkte sofort, dass es ihr nicht gelungen war.
    Bertil zuckte ein wenig zusammen, doch er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Wieso denn nicht?«, meinte er in betont lockerem Tonfall. »Wir sind fast sieben Jahre zusammen.« Sein Gesicht verriet die Ernsthaftigkeit seiner Absichten. »Ich will endlich Nägel mit Köpfen machen, Anna!«
    Sie hatte das Gefühl, protestieren zu müssen. »Von Heiraten war nie die Rede, Bertil! Das ist doch echt spießig!«
    »Hör mal, wir sind verlobt, oder etwa nicht?«
    »Das war doch...« Eine Laune, wollte sie hinzusetzen. Ein Vorwand, um ein großes Fest geben zu können. Doch sie schwieg lieber, denn sie erkannte, dass er von seinem Standpunkt aus Recht hatte. Nicht nur das: Jeder vernünftige Betrachter musste derselben Meinung sein wie Bertil. Sie selbst war diejenige, die aus der Reihe tanzte.
    »Wir wollten doch immer eine richtige Familie haben, Anna. Kinder.« Er holte Luft. »Ich will nicht länger warten, verstehst du!«
    Sie wollte ihn anschreien, dass das noch lange kein Grund war, sie und den ganzen Ort vor vollendete Tatsachen zu stellen, doch sie brachte es nicht heraus.
    Mühsam suchte sie nach Worten. »Es ist zu früh... Noch nicht diesen Sommer... Ich hab doch noch gar nichts von der Welt gesehen...« Sie brach ab, hin und her gerissen zwischen Hilflosigkeit und Wut.
    Bertil lachte befreit, als hätte sie ihm mit ihrer letzten Bemerkung den wahren Grund für ihre zögerliche Haltung genannt, einen Grund, den er mit Leichtigkeit entkräften konnte.
    »Hör mal, wenn wir die Welt sehen wollen, können wir das auch zusammen tun, nicht wahr?« Er kam auf sie zu und nahm sie in die Arme. »Du hast Angst, stimmt’s? Musst du aber nicht. Heiraten ist was Schönes. Tut gar nicht weh!«
    Sie spürte die vertrauten Konturen seiner knochigen, ein wenig ungelenken Gestalt und lehnte resigniert den Kopf an seine Schulter.
     
    *
     
    Silvia schaute aus dem großen Fenster ihres Büros über den Fluss, der sich wie ein Silberband dahinschlängelte und an dessen Ufern dicht mit Bäumen bewachsene Hänge aufragten. Ein Atem beraubendes Panorama, doch
    Silvia nahm es kaum wahr, denn im Moment musste sie sich mit Problemen herumplagen, die ihr den Blick auf die

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