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Mittsommerzauber

Mittsommerzauber

Titel: Mittsommerzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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angenehmen Dinge des Lebens nachhaltig verstellten.
    Immerhin ging der Mann, von dem sie sich die Rettung der Firma erhoffte, sofort ans Telefon, als sie ihn anrief. Er hatte ihr seine Handynummer gemailt, bevor er nach Stockholm geflogen war.
    Seine Stimme klang angenehm. Kultiviert und dabei männlich tief, mit einem leicht rauen Unterton.
    Nach einigen Begrüßungssätzen kam Silvia auf den Punkt. Welchen Sinn hatte es auch, lange drum herum zu reden? Sie brauchte Hilfe von außen und war glücklich, dass ein günstiges Schicksal ihr diese offenbar endlich zuteil werden lassen wollte.
    »Ich bin sehr froh, dass Sie sich meinen Betrieb einmal anschauen wollen«, sagte sie. Es klang eine Spur inbrünstiger, als sie es beabsichtigt hatte, doch es lag ihr nicht besonders, mit. ihren Gefühlen hinterm Berg zu halten, auch dann nicht, wenn es um geschäftliche Dinge ging.
    Sogleich verbesserte sie sich in Gedanken. Hier ging es um viel mehr als nur ums Geschäft. Wenn sie die Dinge so laufen ließ wie bisher, stand die Existenz der Firma auf dem Spiel. Für taktische Spielchen war keine Zeit mehr, und es konnte gut sein, dass der Mann, den sie morgen hier erwartete, für das Sägewerk Blomquist die letzte Rettung war.
    »Ich bin auch schon sehr gespannt«, antwortete die Stimme am anderen Ende der Leitung. »Die Unterlagen, die Sie mir geschickt haben, sind wirklich vielversprechend!«
    »Schön, dass Sie das sagen.« Silvia war erleichtert. Der Anfang war gemacht, und es ließ sich weit besser an, als sie gehofft hatte. »Ich freue mich, dass Sie kommen. Morgen zu der Zeit, die wir ausgemacht haben?«
    »Natürlich.«
    »Also, bis dann. Auf Wiedersehen.«
    Silvia hatte kaum aufgelegt, als Harald in ihr Büro spaziert kam, wie immer, ohne anzuklopfen. Sie unterdrückte das schwache Gefühl von Gereiztheit, das bei seinem Anblick in ihr aufkommen wollte. Er sah ungepflegt aus. Nicht nur heute, sondern jedes Mal, wenn sie ihn sah, ein bisschen mehr, wie es ihr schien. Es lag nicht nur an seinem mehr als lässigen Jeans-und-T-Shirt-Aufzug, sondern an seiner gesamten Erscheinung. Seine Augen waren dunkel umschattet, und er hatte sich seit Tagen nicht rasiert. Und wenn sie sich nicht sehr täuschte, hätte er auch eine Dusche vertragen können.
    Silvia hätte gern gewusst, wo er sich die letzten drei Tage herumgetrieben hatte, doch sie fragte ihn nicht danach. Er würde irgendeine lockere Antwort aus dem Hut zaubern und ihr damit den Wind aus den Segeln nehmen, und sie würde sich wieder einmal damit abfinden müssen, aus seinem Leben ausgeschlossen zu sein.
    Die Situation war ihr zuwider, doch sie hatte keine Ahnung, wie sie das ändern sollte. Er war zwar ihr Sohn, aber mit fast dreißig Jahren weit über das Alter hinaus, in dem ein Mann sich noch von seiner Mutter gängeln lassen musste.
    Doch selbstverständlich musste sie ihm da seine Grenzen aufzeigen, wo es um das Wohl der Firma ging. Silvia stemmte entschlossen die Handflächen auf die Platte ihres großen Eichenschreibtischs und stand auf, um ihm entgegenzutreten.
    »Hej, Mama«, sagte er betont unbefangen. »Du hast mich gesucht?«
    »Richtig.« Silvia zwang sich zu einem gelassenen Tonfall. »Die hintere Säge ist schon wieder...«
    »Hab ich gehört«, fiel Harald ihr ins Wort. »Ist aber kein Problem. Der neue Motor ist in ein paar Tagen da.«
    »Er hätte schon längst hier sein können! Wenn du ihn bestellt hättest!« Silvia merkte, wie sie trotz aller Bemühungen, ruhig zu bleiben, allmählich die Beherrschung verlor.
    »Aber das hab ich doch!« In Haralds Miene malte sich rechtschaffene Entrüstung. »Ich weiß gar nicht, warum er immer noch nicht angekommen ist!«
    Silvia hatte noch nie im Leben die Hand gegen eines ihrer Kinder erhoben und würde jetzt gewiss nicht damit anfangen. Doch in diesem Augenblick weiß glühenden Zorns widerstand sie nur mühsam dem Impuls, ihrem Sohn den verlogenen Ausdruck vom Gesicht zu schlagen.
    »Ja«, sagte sie kalt. »Sicher hast du ihn bestellt. Heute.« Sie trat einen Schritt auf ihn zu. »Ich habe Recht, nicht wahr?« Sie schaute ihm in die Augen. »Versuch bloß nicht, mir was vorzumachen. Ein Anruf von mir, und ich weiß genau, was los ist. Vielleicht habe ich sogar schon angerufen, wer weiß.«
    Er wich ihren Blicken aus und seufzte, während sein Gesichtsausdruck sich wandelte. O ja, dachte Silvia. Er hatte für jede Situation die passende Miene parat. Diesmal signalisierten seine Züge knabenhafte

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