Mittwinternacht
ist es hier, was?»
«Jedenfalls kälter als in Hereford.» Merrily zog ihre billige gewachste Jacke enger um sich. «Obwohl es nur ungefähr vierzig Meilen entfernt ist.»
«Haben Sie sich inzwischen eingelebt?»
«Mehr oder weniger.»
Sie folgten im letzten Tageslicht einem steinigen Pfad. Spaziergänger waren angewiesen, auf den Pfaden zu bleiben, sogar bei Tag. Andernfalls konnte man sich zu leicht verirren und an Unterkühlung sterben – oder an Schussverletzungen. Sowohl die regulären Militärtruppen von Brecon als auch die geheimnisvollere Armee-Spezialeinheit SAS aus Hereford trainierte hier oben in den Beacons.
An diesem Abend waren allerdings weit und breit keine getarnten Soldaten zu sehen. Keine Hubschrauber und keine Leuchtmunition. Sogar die Bussarde hatten sich auf ihre Schlafbäume zurückgezogen. Dennoch erschien Merrily die Stille aufgeladen. Nachdem sie ein paar hundert Schritte gegangen waren, sagte sie: «Können wir es jetzt hinter uns bringen?»
Huw lachte.
«Ich bin nicht beschränkt, Huw.»
«Nein, das sind Sie nicht.»
Er blieb stehen. Von der Hügelkuppe aus sahen sie die weißenScheinwerferaugen auf der Hauptstraße, die durch die Beacons führte.
«Na gut.» Huw setzte sich auf ein paar Mauersteine, die offenbar von einer alten Grenzmarkierung übrig geblieben waren. «Ich will offen sein. Zugegeben, ich war ein bisschen überrascht, als ich gehört habe, dass er das Amt an jemand so Junges gegeben hat.»
Merrily blieb stehen. «So jung auch wieder nicht.»
«Sie wirken auf mich erschreckend jung. Nach Kanonikus T. H. B. Dobbs sehen Sie fast aus wie ein Kind.» Huw betonte die Anfangsbuchstaben.
«Mr. Dobbs», sagte Merrily. «Sie kennen ihn also?»
«Nicht besonders gut. Niemand kennt den alten Knaben gut.»
«Ich bin ihm noch nie begegnet – er hat ja fast ein Jahr lang immer wieder im Krankenhaus gelegen.»
«Dann haben Sie das Vergnügen ja noch vor sich.»
«Wie ich gehört habe, soll er ein … Traditionalist sein.»
«O ja, das kann man wohl sagen. Das ist allerdings nicht unbedingt negativ.»
«Ich verstehe.» Merrily setzte sich schließlich doch neben Huw.
«Natürlich», sagte Huw. «Aber tut das Ihr neuer Bischof auch?»
Jetzt begann sich endlich der Zweck dieses kleinen Spaziergangs abzuzeichnen. Der blasse Mond hing über der nachtschwarzen Flanke des Pen y Fan.
«Hat was von dem berühmten neuen Besen, unser Michael Henry Hunter», sagte Huw, «habe ich mir sagen lassen. Ein bisschen sehr modern. Ein bisschen wichtigtuerisch.»
«Also beruft er eine Frau zur Diözesan-Exorzistin», sagte Merrily, «weil das eben etwas ist, was man von so einem neuen Besen erwarten kann.»
«Das haben Sie gesagt.»
«Nur dass er mich nicht berufen hat. Noch nicht. Bisher ist immer noch Dobbs im Amt. Ich bin noch zu gar nichts berufen worden.»
«Ach wirklich?» Huw warf ein Steinchen in die Dunkelheit.
«Und Sie werden es ihm also sagen?»
«Was sagen?»
«Dass er es nicht tun sollte.»
«Es ist nicht meine Aufgabe, einem Bischof zu sagen, was er zu tun und zu lassen hat.»
«Dann erwarten Sie vermutlich, dass
ich
ihm sage: Dieses Amt kann ich nicht annehmen.»
«Ja.» Huw sah zur Straße hinunter. «Das wäre in meinem Sinn.»
Mist
, dachte Merrily.
Sie war dem Bischof nur ein einziges Mal begegnet, bevor er Bischof geworden war. Wie es der Zufall gewollt hatte, war es bei einer Konferenz in ihrem alten College in Birmingham gewesen, bei der es um die Entwicklung der weiblichen Priesterschaft in den Midlands gegangen war. Er war jung, nur wenig älter als Merrily, und es war ihr so vorgekommen, als wollte er mit ihr flirten.
Er hatte sie nach ihrem spontanen und umstrittenen Beitrag über das Verhältnis von Frauen und Geistern angesprochen.
«Ich habe mich ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt», erklärte sie Huw. «Ich hatte ein … Also gut, eine übersinnliche Erfahrung. Über mehrere Wochen hinweg. Und ich konnte ihr nicht aus dem Weg gehen, denn es ist in meinem Pfarrhaus passiert. Vielleicht war es einer meiner Vorgänger, vielleicht auch nur eine …
Entladung
. Es gab alle möglichen Vorfälle, Geräusche, die kann ich mir aber auch eingebildet haben – ich habe das Wesennur ein einziges Mal
gesehen
. Jedenfalls hat mich diese Sache fertiggemacht. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Und als Jane dann auch noch gesagt hat: ‹Haben sie euch in dieser theologischen Hochschule eigentlich überhaupt was
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