MK Boeckelberg
erwartete die MK Bökelberg jedenfalls keine neuen wichtigen Erkenntnisse.
Daniel C. Hünner hatte sein Geständnis vor der Haftrichterin wiederholt. Die erneut gegen Mösges und Pietzek vorgebrachten Anschuldigungen waren für die erfahrene Richterin kein Anlass, in irgendeiner Form an den Ermittlungsergebnissen zu zweifeln.
Gleich zu Anfang seiner Untersuchungshaft hatte Hünner nach einer Freizeitbeschäftigung verlangt, die ihm von Gesetzes wegen auch zustand. Heinz-Jürgen Schrievers hatte dann die Idee gehabt, Hünner abgebrannte Streichhölzer und Leim zu liefern. Seither saß Hünner meist selig zufrieden in seiner Zelle und bastelte aus einem Haufen der Holzstückchen an einem Fußballstadion.
Die Pressekonferenz, auf der die Ergebnisse schließlich präsentiert wurden, war eher Routine. Die Zahl der Fernsehkameras war deutlich hinter dem Aufgebot geblieben, das sie noch zu Beginn der Ermittlungen erlebt hatten. Die Schuld Daniel C. Hünners war für die Medien nicht viel mehr wert als ein kurzer Bericht oder ein schnell versendeter Nachrichtenschnipsel. In der Stadt und in den Medien gab es derzeit wichtigere Themen: Welche Chancen hatte der profillose Karsten Mösges tatsächlich gegen den amtierenden und bei der Bevölkerung beliebten und auch bei Teilen der Opposition hoch geachteten SPD-Oberbürgermeister? Außerdem geriet der Verein immer tiefer in eine Formkrise. Die Entlassung des Trainers schien nur noch eine Frage von Tagen. Selbst die überraschende Verpflichtung eines neuen Abwehrspielers schien dem Club nicht entscheidend weiterzuhelfen.
Die Entscheidung der Münchener Projektentwickler IEA, sich aus Mönchengladbach zurückzuziehen, war in der Tat in das öffentliche Leben der Stadt eingeschlagen wie eine Bombe. Die Tageszeitungen hatten ganzseitig über das Aus des Einkaufszentrums berichtet. Die lokalen Kommentatoren glänzten mit rhetorisch brillanten Schuldzuweisungen. Die unterschiedlichsten politischen Stimmen kamen zu Wort, die Rheinische Post bemühte ihren sogenannten »heißen Draht«, die Westdeutsche Zeitung ging mit ihrer Redaktion auf die Straße, um die Stimmung der Bürger einzufangen. Das Thema IEA und Mönchengladbach gipfelte schließlich in Statements von Kultursoziologen und Wirtschaftsexperten auf 3Sat, inwieweit und wie ungeschützt eine Kommune heute abhängig ist von den Machtspielen und Almosen global operierender Investoren.
Währendessen wurde hinter den Türen des Rathauses fieberhaft nach einer Alternative gesucht. Dass ein neuer Investor gefunden werden sollte, stand außer Frage. Das hatte die Stadtverwaltung recht schnell über ihre Pressestelle verbreiten lassen. Zu sehr hatte man sich offenbar schon auf den prognostizierten Boom eingestellt, als dass man »diese sich bietende historische Chance ungenutzt verstreichen lassen wollte«, wie der Technische Beigeordnete und OB-Kandidat Karsten Mösges zitiert wurde.
Frank war müde. Er brauchte Abstand. Er brauchte Kraft, um das wichtigste Problem in seinem Leben zu lösen. Er musste Lisa finden und nach Hause holen. Aber zuerst brauchte er einen Augenblick zum Durchatmen. Mit Ecki hatte er sich daher in der Stadt auf einen Kaffee verabredet. Aber er wollte nicht alleine fahren. Deshalb stand er jetzt vor dem Büro von Heinz-Jürgen Schrievers.
Ohne anzuklopfen trat er ein.
»Spinnst du? Mich so zu erschrecken.« Mit einer hastigen Bewegung hatte der Archivar bei Franks Erscheinen etwas Undefinierbares in eine der Schreibtischschubladen geschoben und versuchte nun vergeblich, die klemmende Lade zu schließen. »Was willst du von mir?« Schrievers Stimme klang unfreundlich.
»Ist es das, wofür ich es halte?«
»Verschwinde. Ich habe zu tun.«
Frank trat unbekümmert an Schrievers Schreibtisch. »Ich wollte dich fragen, ob du mit auf einen Milchkaffee in die Stadt kommst. Ecki lädt uns ein.« Breit grinsend zeigte Frank auf die blonden Strähnen, die unter Schrievers mächtigem Bauch hervorquollen. »Seit wann spielst du mit Puppen?«
Heinz-Jürgen Schrievers wollte erst protestieren, dann entspannte er sich. Schließlich gab er den Blick frei auf eine Barbie-Puppe, deren lange Plastikbeine in der Schublade eingeklemmt waren.
»Glotz nicht so blöd. Sie gehört Gertrud. Sie hat sie beim Aufräumen gefunden. Sie will jetzt anfangen, Barbies zu sammeln. Ich wollte im Internet mal nachsehen, was die Dinger heute wert sind. Gertrud hat schon eine Vitrine freigemacht. Das ist alles. Ich habe bei eBay
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